Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.7.13

Strafverteidiger wollen für Mollath demonstrieren

Die Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V ruft zu einer Anwaltsdemonstration am 02.08.2013 vor dem Landgericht Regensburg auf. Das Motto lautet: „Freiheit für Gustl Mollath und alle anderen Unterdrückten“. Angemeldet wurde die Versammlung von den Regensburger Rechtsanwälten Claudia Schenk und Franz Schwinghammer.

Das sieht natürlich aber auch sehr stark nach eine PR-Aktion einer Anwaltsvereinigung aus, die den Fall Mollath nutzen will, um auf sich aufmerksam zu machen. Das populistisch formulierte Motto schreckt mich als Anwaltskollegen dann doch eher ab.

posted by Stadler at 17:29  

20 Comments

  1. (i) Bei der berechtigten Kritik an der Justiz sollte man sich von einem Punkt nicht ablenken lassen. Anknüpfend an die Aussage von Prof. Dr. Müller in der Legal Tribune (lto.de)

    „Wenn der Bericht in der Hauptverhandlung auf dem Tisch gelegen hätte, dann hätte der Gutachter kaum etwas von „Schwarzgeldwahn“ schreiben können.“

    sollte man die Frage an die HVB richten, warum sie nicht früher reagiert und ihren Revisionsbericht früher zur Verfügung gestellt hat. Die HVB wirbt damit, „sich für das Gemeinwesen einzubringen… Denn es kommt auch uns zugute, wenn es den Menschen vor Ort gut geht“. Warum hat sie ihren Revisionsbericht nicht seinerzeit als der Prozess gegen Mollath lief eingebracht? Der Bericht hätte möglicherweise „Versäumnisse“ des Gerichts verhindern und Herrn Mollath mehrere Jahre Freiheitsentzug hätten ersparen können?

    (ii) Die FAZ kritisiert zwar mit deutlichen Worten das Gericht und schreibt hierzu u.a.

    „Die Bankrevisoren sprechen von „gravierenden“ Verstößen gegen die Abgabenordnung, das Geldwäschegesetz und das Wertpapierhandelsgesetz; das kann man nicht überlesen, nicht missverstehen, nicht mit der salvatorischen Klausel „im Wesentlichen“ wegwischen.“

    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fall-mollath-im-zweifel-nicht-fuer-den-richter-12310868.html

    (iii) Es wäre aber an der Zeit, den Fall Mollath insgesamt aufzuarbeiten und endlich zu klären, warum die HVB ihren Revisionsbericht nicht 2006 vorgelegt hat, um Fehler des Gerichts zu vermeiden. Schließlich hatte die HVB an anderer Stelle eine Mithilfe zur Steuerhinterziehung im Jahr 2002 bereits zugegeben.

    http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/millionenstrafe-in-den-usa-hvb-gibt-mithilfe-bei-steuerhinterziehung-zu/2615446.html

    (iv) Warum hat die HVB im Fall Mollath nicht früher reagiert? Prof. Dr. Hans See (Gründer und Ehrenvorsitzender von Business Crime Control) beginnt nun, diese Frage zu thematisieren und schreibt:

    „Der Bank selbst war bekannt, dass der Vorwurf stimmt. Sie hat ihn aber jahrelang unter Verschluss gehalten. Ein Nachfassen der Staatsanwaltschaft oder eine Selbstanzeige der Bank hätten genügt, Mollath aus den Fängen der Psychiatrie zu befreien. Mehr Demokratie in Wirtschaftsunternehmen hätte sogar diese illegalen Geschäftspraktiken und damit die Folgen verhindern können

    http://wolfwetzel.wordpress.com/2013/07/30/aufruf-solidaritats-demo-fur-gustl-mollath-und-gegen-menschenrechtsverletzungen-durch-missbrauch-von-wirtschaftsmacht/

    Comment by compliance — 30.07, 2013 @ 18:04

  2. Schade, dass es am kleinkarrierten Hickhack scheitert.

    Denn die Demo ist wichtig. Mollath kann wirklich jede Unterstützung brauchen.

    Comment by Volker Birk — 30.07, 2013 @ 19:08

  3. Es wird ja gerade so getan, als ob Bayern ein Willkürstaat ist. Vielleicht wäre die Aufgabe der Anwälte, dieses schiefe Bild mal wieder geradezurücken.

    Comment by Müller — 30.07, 2013 @ 19:11

  4. @Müller

    Gewiss, Rechtsanwälte sind Organe der Rechtspflege: Sie wirken an der Verwirklichung des Rechtsstaates gleichermaßen mit wie die anderen dazu berufenen Berufsträger, also insbesondere Richter und Staatsanwälte, s. Prof. Dr. Römermann, FAZ, http://goo.gl/oqfIPq

    Es war und ist aber die Justiz in Bayern – nicht die Anwälte – die sich viele Schlampereien im Fall Mollath leistete und nun erschreckendes Desinteresse zeigt, so die WELT, http://goo.gl/yH2oUm

    Sie – die Justiz – untergräbt ihr eigenes Fundament, weil die fragliche Regensburger Entscheidung ein Selbstverständnis offenbar, das argwöhnen lässt, hier sei eine Kaste am Werk, die sich nur selbst verpflichtet weiß, so die FAZ, http://goo.gl/fhinpC

    Warum sollten vor diesem Hintergrund nun die Anwälte das schiefe Bild, dass die Justiz in Bayern – es geht nur um Bayern – angerichtet hat, korrigieren. Warum sollten Anwälte die Wunden heilen, welche die Justiz dem Ansehen des Rechtsstaats zugefügt hat? Ihre Forderung ist – zurückhaltend ausgedrückt – nicht ganz seriös.
    Es ist die Justiz – und auch die Politik – die nun handeln muss. Es ist insbesondere die Aufgabe des Bayrischen Richtervereins, mehr zu tun, als bloß auf die Unabhängigkeit der Justiz zu verweisen. Mit seiner Untätigkeit und seinem Schweigen trägt der Bayrische Richterverein jedenfalls nicht dazu bei, die „Gefahr für das Ansehen des Rechtsstaats“ zu verringern,
    http://goo.gl/1rfloL .

    Dabei wäre es an der Zeit, den Mut aufzubringen, dass dieser Verein und die Justiz in Bayern das Handeln der Justiz im Fall Mollath endlich selbstkritisch in Frage stellt und Konsequenzen zieht. Vielleicht ist man aber in Bayern dazu einfach nicht in der Lage.

    Sind haben es immer noch nicht verstanden? Schauen Sie sich den Bericht von Frontal 21 zum Fall Mollath von heute an

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/460#/beitrag/video/1953934/Mollath:-In-den-M%C3%BChlen-der-Justiz

    und lesen Sie den Kommentar in der LTO, 29.07.2013, 16:45, von GR zu einem Interview mit Prof. Dr. Müller:

    http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/mollath-wiederaufnahme-abgelehnt-psychiatrie-unterbringung/?tx_comments_pi1page=1&cHash=ba55bf4d28166b6ec07b962176ff3b40#comments

    Comment by J-BP — 30.07, 2013 @ 22:14

  5. Das was mit Mollath gesieht zeigt doch gerade dass Deutschland und Bayern eben kein Rechtsstaat ist, sondern jeder Unbequeme einfach so eigesperrt werden kann.

    Die Presse selbst hat auch nicht viel getan, es wäre gerade die Aufgabe der Presse für Mollath zu Demonstrationen aufzurugen.

    Comment by neoprana — 30.07, 2013 @ 22:18

  6. In Regensburg gab es bereits Demonstrationen gegen Richter, als das BVerfG entschied, dass Kreuze in Klassenzimmern auch mal abgehängt werden dürfen.

    Dass jetzt nicht nur konservative Kleriker auf die Barrikaden gehen, sondern auch (einige wenige) Anwälte sich darauf verlegen, Gerichtsentscheidungen – noch dazu, wenn ohnehin ein Rechtsmittel möglich und bereits eingelegt ist- per pedes zu kritisieren, zeigt, dass manchen offenbar die Sicherungen durchbrennen.

    Comment by klabauter — 30.07, 2013 @ 22:39

  7. Immerhin, noch sind es die „Unterdrückten“, nicht die „politischen Gefangenen“.

    Comment by -thh — 30.07, 2013 @ 22:44

  8. Nochmal für alle Verbohrten/Verblendeten:

    Mit der weit überwiegenden Anzahl der bayrischen Gerichtsentscheidungen können offenbar alle Beteiligten sehr gut leben, denn sonst hätte es vergleichbare Aktionen schon früher mal gegeben.

    Die Anwälte zeichnen hier bewusst ein schiefes Bild von der Justiz, vielleicht auch, um von eigenen Versäumnissen abzulenken. Insgesamt wird dadurch das Vertrauen in die Justiz untergraben. Wenn die Anwälte glauben, dass ihr eigenes Bild dadurch wieder heller erstrahlt, haben sie sich geschnitten. Anwälte und Justiz werden nämlich vom Volk in einen Topf geworfen.

    Comment by Müller — 31.07, 2013 @ 07:35

  9. Ach so: wenn alle Gerichtsentscheidungen in Bayern auf Willkür beruhen, muss man ja auch die Vergewaltiger aus der Forensik und die Mörder aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Ich gehe aufgrund Ihrer Diktion davon aus, dass Sie dies beabsichtigen und dass mit „Unterdrückten“ sämtliche Gefängnisinsassen gemeint sind.

    Comment by Müller — 31.07, 2013 @ 07:38

  10. Sehr geehrter Herr Stadler, verzeihen Sie, wenn ich Ihnen schlicht nicht glaube, wenn Sie als Abschreckungs“grund“ anführen, es wäre eine PR-Aktion. Ich glaube, mit Verlaub, dass Sie schlicht persönliche Nachteile in Ihrem Beruf fürchten, wenn Sie teilnehmen, denn als PR-Aktion taugt die (mutige) Demo vor dem Landgericht sicher nicht – im Gegenteil!

    Ich will Sie nicht als Heuchler diffamieren, aber zumindest lügen Sie sich bei Ihrer Argumentation in die eigene Tasche. Damit allerdings stellen Sie sich mit den Regensburger Richtern auf eine Stufe. Wollen Sie das?

    Comment by Ralph Gaida — 31.07, 2013 @ 07:57

  11. Ist doch positiv, dass es auch in Bayern rechtsstatsbewusste Anwälte gibt, die nicht alles dem Verfassungsgericht überlassen:

    BVerfG 5.7.2013, Aufhebung Fortdauer MRV, OLG Hamm
    http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130705_2bvr078913.html

    BVerfG 5.7.2013, Aufhebung Fortdauer MRV, Kleve-Düsseldorf
    http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130705_2bvr295712.html

    Comment by Walter Keim — 31.07, 2013 @ 08:59

  12. @Müller
    Eine „überwiegende“ Anzahl an korrekten Urteilen ist in einem Rechtsstaat NICHT ausreichend. Besonders schwer wiegt dieser Fall, da die eklatanten Fehler nicht einmal in den Revisionen ausgeräumt werden konnten. Es ist leider davon auszugehen, dass es weitaus mehr solcher Fälle gibt, denn die Wahrheit kommt offensichtlich nicht so leicht ans Licht.

    Comment by Politikverdrossener — 31.07, 2013 @ 08:59

  13. @Müller

    Dass mit der „überwiegenden Anzahl der bayrischen Gerichtsentscheidungen“ gut zu leben sei, ist Ihr Kriterium für Rechtsstaatlichkeit? Interessant.

    Comment by Wolf-Dieter — 31.07, 2013 @ 10:53

  14. Abseits der Demo — sind alle Rechtsmittel für Mollath ausgeschöpft, so dass er sich ans Verfassungsgericht wenden kann?

    Comment by Wolf-Dieter — 31.07, 2013 @ 10:57

  15. Rudolf Schmenger und Dieter Hildebrandt zum Thema Mollath/Steuerfandung/HVB, ein neuer Skandal bahnt sich an.

    https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=jMoHQy-CPwI

    Comment by Melchior — 31.07, 2013 @ 11:56

  16. @compliance
    Das es ausgerechnet die HVB ist, gibt der Sache einen besonderen Geschmack. Bei der Fusion von Hypo und Vereinsbank verzichtete der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber auf 5 MRd DM Körperschaftssteuer durch Bewilligung eines Steuertricks. Es nützte wenig. Das Unternehmen rutschte in die Krise.

    Nicht mal der weltberühmte Wirtschaftsprofessor Sinn konnte durch 10-jährige Tätigkeit im Aufsichtsrat der HVB den Niedergang retten. Der kann nur Entertainment-Bücher. Man zockte wie wild in Immobilien im Neuland Ex-DDR und verzockte sich. Die HRE musste nach Irland versteckt werden, wo sie dann dem Staat final zur Last gelegt wurde.

    Das besondere daran, ist die bayerische Verquickung von Staat und Wirtschaft und die Aushebelung von Recht und Gesetz.

    Das hat ja schon FJS so gemacht, dass er den Klassenfeind mit Milliarde_Krediten pemperte, so dass die Freiheit in der DDR noch ein paar Jahre warten musste. Stoiber spielte damals den Dummen, er hätte es erst in der Zeitung erfahren, während FJS in seinen Memoiren behauptet, dass er Stoiber gleich abends angerufen hat nach dem Geheimtreffen auf der Autobahn Berlin-Hof mit Schlack-Golodkowski.

    In der CDU-Spendenaffäre sahen wir das gleiche Muster: München behinderte die Staatsanwaltschaft Augsburg wo man konnte, um die Wahrheit weiter zu verstecken.
    http://de.wikipedia.org/wiki/CDU-Spendenaff%C3%A4re
    Bis hin zum mystischen Verschwinden der Festplatte Strauss-Junior. Nein von den Dossiers der Strausstochter spreche ich jetzt nicht.

    Nein, es ist die nicht die gesamte Justiz in Bayern. Aber es sind diese wenigen Fälle der bayerischen Amigos und Outlaws, die den rechtstreuen Bürger erschüttern und ihm das Vertrauen an den Rechtsstaat zernagen. Mit der noch größeren Gefahr, dass er sich angeekelt vom Staat abwendet.

    Derzeit diskutieren wir den Fall Mollath, der auch mit der HVB verstrickt ist und damit dem bayerischen Amigosumpf, wo durchgestochen wird, bis die Balken sich biegen.

    Da finde ich nebensächlich, dass der eine oder andere RA auch Geld verdient, wenn er den Staat pflegt. Wir können nicht einen so komplizierten Staat ständig nur durch Ehrenamtliche voran bringen. Leistung, wo sie notwendig ist, muss auch bezahlt werden.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 31.07, 2013 @ 14:58

  17. Ich wünschte mir auch, dass Rechtsanwälte gegen die Missstände im Familiengericht auf die Straße gingen…

    Günter Mühlbauer
    Sprecher der TRENNUNGSAELTERN-Initiative
    & Bundestagskandidat 2013 Regensburg Stadt / Land
    „Mehr RECHTE für KINDER“
    ps.: Auch ich mache Werbung für meine Arbeit die ich aber seit 1999 ohne Entlohnung mache..

    Comment by Günter Mühlbauer — 31.07, 2013 @ 15:43

  18. Die Justiz in Bayern scheut sich nicht auch gegen internationale Abkommen und Verträge zu verstoßen, z.B. gegen das Internationale Rechtschutzabkommen im Fall Beowulf von Prince AZ:B 224`163/TMA des Departments für Justiz und Polizei, Bern.
    In diesem Fall hat ein mutiger Anwalt innerhalb von 14 Tagen seine Zulassung verloren, nur damit die Justiz behaupten konnte, das Klageerzwingungsverfahren gegen eine Juristin des Landratsamtes wäre nicht fristgerecht eingereicht worden. Irgendwie erinnert doch das an die jüdischen Anwälte in der Nazizeit. Wenn also Rechtsanwälte mutig genug sind auf die Straße zu gehen, um ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen, finde ich das großartig!

    Comment by Karin Leffer — 31.07, 2013 @ 19:41

  19. @ Karin L.

    Seh ich ähnlich wie Sie … auch wenn ich von der RA-Lizenzwegnahme in Bayern nichts weiss.

    @ RA Stadler. Ihre Meinung. Gut. Meine Kleinstkritik der Losung – es fehlt im Freistaat Bayern

    Comment by Mike — 1.08, 2013 @ 13:40

  20. Mollath kommt 2013 frei. Wie unter Juristen üblich, wird die Unsitte der Schamfrist vom Bundesverfassungsgericht eingehalten. Man möchte seinesgleichen nicht beschädigen. Krähen unter sich.

    Comment by Luca Delgado — 2.08, 2013 @ 18:00

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