Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.5.13

Bundesrat will beim Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken Nachbesserungen

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken soll nach dem Willen des Bundesrates an einigen Stellen nachgebessert werden.

Zu den eher fragwürdigen Änderungsvorschlägen des Bundesrates gehört es, die sog. Button-Lösung sowie die Belehrungspflichten im Fernabsatz auch auf Unternehmen auszuweiten. Hierzu sollen in § 312 g Abs. 2 und Abs. 3 BGB die Wörter „Verbraucher“ durch die Wörter „Kunde“ ersetzt werden. Das ist bereits deshalb nicht sachgerecht, weil das gesamte Fernabsatzrecht originäres Verbraucherrecht darstellt. Die umfangreichen Informationspflichten sind letztlich nur im Kontext der Notwendigkeit der Einräumung eines Widerrufsrechts sinnvoll und würden im Verkehr zwischen Unternehmen beide Vertragspartner nur behindern.

Der Bundesrat möchte im Urheberrecht außerdem den fliegenden Gerichtsstand abschaffen für Klagen, die sich gegen natürliche Personen richten, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwenden. Hierzu soll folgender § 104a in das UrhG eingefügt werden:

§ 104a

Örtliche Zuständigkeit

(1) Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutz- rechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz, ist sein inländischer Aufenthaltsort maßgeblich.

(2) § 105 bleibt unberührt.

Das wäre sicherlich sinnvoll, zumal sich die Filesharingklagen derzeit auf einige wenige Amtsgerichte in Deutschland konzentrieren, derzeit vor allem München und Hamburg, die besonders rechteinhaberfreundlich entscheiden und zu denen die Beklagten oftmals durch die ganze Republik anreisen müssen.

Der Bundesrat bittet außerdem darum, zu prüfen, in welcher Form durch eine Änderung von § 101 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) künftig sichergestellt werden kann, dass der darin normierte Auskunftsanspruch auf Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß beschränkt bleibt. Hintergrund ist eine aktuelle Rechtsprechung des BGH, die für die Providerauskunft keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß mehr erfordert.

Der Bundesrat möchte außerdem den Streitwert für Unterlassungs- und Beseitigungsanspruche gegenüber natürlichen Personen die urheberechtliche Werke nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwenden und nicht bereits wegen eines Anspruchs desselben Rechteinhabers zur Unterlassung verpflichtet sind, auf EUR 500,- und nicht wie von der Bundesregierung geplant auf EUR 1.000,- begrenzen.

Interessanterweise wird hier in der Begründung von erstattungsfähigen Anwaltskosten von 155,30 Euro und bei einem Streitwert von EUR 500 von Anwaltskosten von 83,54 Euro gesprochen. Allein das zeigt mir, dass der Gesetzgeber die Thematik nicht ausreichend durchdrungen hat. Nachdem bei Abmahnungen in Filesharingfällen der Abmahnende in aller Regel zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist die Mehrwertsteuer nicht erstattungsfähig. Die korrekten Beträge lauten demgemäß EUR 130,50 und EUR 70,20.

Den Ansatz als solchen kann man durchaus begrüßen, wenngleich natürlich klar sein muss, dass damit eine generelle Bagetellisierung von Urheberrechtsverletzungen im privaten Bereich einhergeht, was vermutlich aber auch sinnvoll ist.

Den Gesetzesentwurf der Bundesregierung hatte ich hier bereits besprochen und kritisiert.

posted by Stadler at 21:53  

5 Comments

  1. Auch wenn ich die Verschlechterungsvorschläge des BRat nicht begrüße, möchte ich anmerken, dass die Button-Lösung in § 312g steht und dieser originär „Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr“ regelt und diese (außer der Button-Lösung) auch im B2B Geschäft gelten. Insoweit ist der Hinweis oben auf das Fernabsatzrecht nicht ganz korrekt. Sofern die Button-Lösung in 312g geregelt ist, sind die Forderungen des BRat also nur folgerichtig. Der Gesetzgeber hat aber § 312g Abs. 2 – 4 von vornherein systemwidrig an dieser Stelle platziert.

    Comment by Martin — 5.05, 2013 @ 00:06

  2. Hallo!

    Wenn man schon kleinlich ist, so sollte man auch darauf hinweisen, dass bei den massenhaften Abmahnungen auch eine gebührenrechtliche Angelegenheit bzw. bei einer einheitlichen Reaktion der Abgemahnten, dieselbe Angelegenheit laut RVG in der geltenden Gesetzesfassung zu beachten wäre.
    In einem Beispiel mit einem Gegenstandswert von 10 000 und einem Faktor von 1,3 würden 1000 fast wortgleiche Abmahnungen ohne gesonderte Einzelfallbearbeitung durch den beauftragten RA, pro Abmahnung 40,94 Euro plus 20 Euro Postpauschale, somit nur 60,94 Euro als erforderliche – und zurückzufordernde – Aufwendungen (RA-Gebühren) für den Auftraggeber im „Innenverhältnis“ anfallen. Wenn jedoch grundsätzlich auch in diesen Fällen 651,80 Euro pro Abmahnung gefordert werden… eine satte Gebührenüberhebung von 590 860,– Euro. Da macht es doch richtig Spaß 1000 „Rundschreiben“ zu versenden ohne bis zur Erledigung des Unterlassungsstreites sich gesondert mit den Fällen gesondert auseinanderzusetzen. Die mitunter auftretenden Schwierigkeiten bei dem Masseninkasso zählen dann fast gar nicht….

    mfg
    cmp

    Comment by CMP — 5.05, 2013 @ 19:04

  3. „Bagatellisierung“ ist ein ziemlicher Euphemimus. Wenn man bedenkt, dass sich Musik, Filme und Bücher (anders als viele Softwareangebote) nahezu ausschließlich an private Endverbraucher richten, ist dies schlicht eine Abschaffung des Urheberrechts in diesem Bereich. Und das ohne den vielen Menschen, die in diesem Bereich beruflich tätig sind, auch nur eine Alternative anzubieten. So wenig ausgegoren die diskutierten Alternativen (Flatrate etc.) auch nach wie vor sind…

    Comment by Jens — 6.05, 2013 @ 10:45

  4. @ Jens: Ihre Äußerung ist absurd. Das Urheberrecht wurde jahrelang nur verschärft und dem Kunden wurden immer weniger Rechte zugesprochen. Es ist mir ein Rätsel, wie durch eine private Urheberrechtsverletzung überhaupt ein bezifferbarer Schaden entstehen soll.

    Comment by as140 — 7.06, 2013 @ 16:38

  5. Hm… fliegender Gerichtsstand abzuschaffen kann aber auch für viele zum Bummerang werden. Bisher durfte man meist zum Wohnort des Klägers (wenn es sich wirklich 100% um ein Rechtsvergehen handelte!) reisen, nun muss der Kläger sammt seinem Anwalt zum Wohnort des Beklagten reisen. Dieser hätte anders herum einen Tag Urlaub nehmen müssen und gut ist, nun darf er noch den Verdienstausfall für die Anreise des Klägers – als auch die noch höheren Anwaltskosten des Klägers übernehmen. Gut gemacht!
    Es hätte ja gereicht, wenn man den fliegenden Gerichtsstand beim filesharing abgeschafft hätte – denn DAS ist wirklich nicht richtig was da abläuft – aber es muss ja alles in eine Kiste gepackt werden – ohne Sinn und Verstand!

    Comment by Bruno B. — 2.07, 2013 @ 09:39

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.