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Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.4.13

Generalstaatsanwalt soll Unterlassungserklärung abgeben

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat der Filmproduzent David Groenewold den Generalstaatsanwalt von Celle, Frank Lüttig, aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Generalstaatsanwalt soll vor dem Hintergrund der Wulff-Affaire unter anderem behauptet haben, Presseberichte hätten „belegt“, dass Groenewold versucht habe, „Beweise aus der Welt zu schaffen“. Diese Tatsachenbehauptung hält Groenewald für unwahr und fordert vom Generalstaatsanwalt über seinen anwaltlichen Vertreter die Unterlassung dieser Behauptung und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Nachdem der Generalstaatsanwalt Beamter ist und die Äußerungen in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgten, kommen ihm grundsätzlich die Privilegierungen der Staatshaftung nach Art. 34 GG / § 839 BGB zugute. Voraussetzung sowohl der Haftungsbegründung als auch der anschließenden Haftungsverlagerung auf den Staat, ist allerdings ein Verschulden des Beamten. Verschuldensunabhängige Ansprüche wie Unterlassungsansprüche bleiben daher grundsätzlich auch unmittelbar gegenüber dem Beamten möglich.

Für den Generalstaatsanwalt bedeutet das, dass er persönlich auf Unterlassung haftet, während für eventuelle Schadensersatzansprüche (nur) der Staat haften würde.

Wenn die öffentlich getätigte Aussage, Groenewold hätte versucht, Beweise aus der Welt zu schaffen, falsch ist, besteht grundsätzlich eine Unterlassungsverpflichtung des Generalstaatsanwalts. Denn die Aussage, jemand hätte Beweismittel vernichtet bzw. unterdrückt, ist ehrenrührig. Die Frage ist dann allenfalls noch die, ob sich aus dem Kontext ergibt, dass der Staatsanwalt nur über einen Tatverdacht gesprochen hat, den er im Rahmen einer Information der Presse möglicherweise äußern darf. Die Aussage, etwas sei belegt, ist aber problematisch, weil damit eine Tatsache bereits als feststehend und nicht lediglich als Verdacht dargestellt wird.

Man darf also gespannt sein, ob der Generalstaatsanwalt die geforderte Unterlassungserklärung abgeben oder ob die Sache einer gerichtlichen Klärung zugeführt wird.

posted by Stadler at 13:43  

13 Comments

  1. Belegt ist nicht bewiesen.

    Comment by Erbloggtes — 29.04, 2013 @ 14:05

  2. Abwehransprüche gegen hoheitliche Äußerungen unterfallen dem öffentlichen Recht, nicht dem Privatrecht (vgl. BGH, http://dejure.org/2001,943). Da das (niedersächsische) öffentliche Recht das Institut der strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht kennt, kann David Groenewold eine solche nicht verlangen.

    Wenn der Generalstaatsanwalt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht anerkennt, kann David Groenewold Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben (vgl. BVerwG, http://dejure.org/1988,415; VG Saarlouis, http://dejure.org/2008,14517).

    Comment by O. García — 29.04, 2013 @ 14:16

  3. Die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung könnte sich zu einem probaten Mittel gegen vorverurteilende Plappermäuler der Staatsanwaltschaften entwickeln.

    Comment by JLloyd — 29.04, 2013 @ 14:28

  4. @Erböloggtes
    Stimmt genau.
    Man kann eine Sache mit einem Zitat belegen, über die Richtigkeit des Zitats sagt es aber noch nchtds aus, nur wenn man von vornherein weiß, das es falsch ist.

    Dann könnte man Probleme mit der Unterlassung kriegen.

    Comment by Anonymous — 29.04, 2013 @ 15:44

  5. Duden:
    belegen
    (durch ein Dokument o. Ä.) nachweisen, beweisen

    Comment by Avantgarde — 29.04, 2013 @ 15:50

  6. @O. Garcia:
    Ob vorliegend der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, ist eine durchaus spannende Frage. Die von Ihnen zitierte BGH-Entscheidung betrifft allerdings eine Klage gegen eine Körperschaft des Öffentlichen-Rechts.

    Dass das niedersächsische Öffentliche Recht keine strafbewehrte Unterlassungserklärung kennt, halte ich nicht für stichhaltig. Das normierte Zivilrecht kennt sie ja ebenfalls nicht. Die UE dient nur der Vermeidung einer gerichtlichen Geltendmachung. Niemand muss sie abgeben, riskiert andernfalls aber eine Unterlassungsklage / einstweilige Verfügung.

    Comment by Stadler — 29.04, 2013 @ 16:21

  7. Ob vorliegend der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, ist eine durchaus spannende Frage. Die von Ihnen zitierte BGH-Entscheidung betrifft allerdings eine Klage gegen eine Körperschaft des Öffentlichen-Rechts.

    Das stimmt. Aber es ergibt sich ohne weiteres aus der Begründung: Der BGH mußte dort nur herleiten, daß im konkreten Fall die Kirche wie der Staat – und nicht wie ein Privater – zu behandeln ist. Wenn sowieso der Staat handelt, dann stellt sich diese Abgrenzungsfrage nicht.

    Ich gehe bei allen Überlegungen natürlich davon aus, daß der Generalstaatsanwalt die Äußerung in amtlicher Eigenschaft, nicht als Privatmann (gegenüber einem Nachbarn?) gemacht hat.

    Zur Rechtswegfrage habe ich noch eine BVerwG-Entscheidung angeführt, die die Staatsanwaltschaft betrifft.

    Dass das niedersächsische Öffentliche Recht keine strafbewehrte Unterlassungserklärung kennt, halte ich nicht für stichhaltig. Das normierte Zivilrecht kennt sie ja ebenfalls nicht. Die UE dient nur der Vermeidung einer gerichtlichen Geltendmachung. Niemand muss sie abgeben, riskiert andernfalls aber eine Unterlassungsklage / einstweilige Verfügung.

    Ich denke, das Haushaltsrecht steht dem entgegen, daß die Justizkasse eventuelle Zahlungspflichten übernimmt, für die es keine klare gesetzliche Grundlage und auch keine Gerichtsentscheidung gibt.

    Comment by O. García — 29.04, 2013 @ 16:47

  8. Selbstverständlich kann Herr Groenewold auf Unterlassung vor dem Verwaltungsgericht klagen. § 1004 BGB gilt auch in Niedersachsen im Öffentlichen Recht analog. Die Aussage des GStA dürfte auch durchaus in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vorgenommen worden sein, sodass der Streitgegenstand wohl öffentlich-rechtlich wäre. Als statthafte Klageart käme hinsichtlich des Unterlassens wohl die allgemeine Leistungsklage in Betracht. Immerhin soll dem GStA ja untersagt werden, eine Aussage zu tätigen, mithin wird kein Regelungsanwalt iSd. § 35 VwVfG vor; eine Gestaltungs- oder Verpflichtungsklage scheidet mithin aus.

    Comment by f — 29.04, 2013 @ 21:11

  9. Eine weitere interessante Frage – die hier aber auch bereits angeschnitten wurde – wäre, woher die Strafbewehrtheit des Unterlassungsanspruchs im öffentlichen Recht kommen könnte.

    Schließt der GeneralStA dann bei Abgabe der Erklärung einen privatrechtlichen Vertrag oder einen ÖR-Vertrag auf Zahlung einer Vertragsstrafe im Falle der Zuwiderhandlung?

    Kann der Mann für die Abgabe des Vertragsstrafeversprechens evtl. sogar disziplinarisch belangt werden?

    Wer hätte gedacht, dass der Fall des in AMt und Würden doch relativ ungeschickt agierenden Ex-Präsidenten Wulff noch eine solche Wendung nehmen könnte?

    Nächste Frage – warum äußert sich eigentlich der GeneralStA öffentlich über den Fall Wulff? Es hätte doch vollkommen ausgereicht, über die eventuell dort eingegangene Beschwerde zu entscheiden.

    Sollte es um eine Beschwerde des Herrn Groenewold gehen, könnte der Schiffbruch mit diesem PR-Mannöver alsbald folgen.

    Comment by Herr Meyer — 29.04, 2013 @ 21:28

  10. Ich denke auch, daß es hier eher auf eine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage vor einem VG (hier wohl Hannover) hinauslaufen dürfte, da der GStA die Aussage wohl eher in seiner Eigenschaft als GStA und nicht als Privatperson getätigt hat. Die Anspruchsgrundlage selbst dürfte letztlich identisch mit der aus dem Zivilrecht sein, wobei z.T. auch die Grundrechte selbst diese bilden können. Dieser „Streit“ wird aber rglm. offengelassen.

    Comment by anwalt@anwalt-in-mol.de — 30.04, 2013 @ 03:30

  11. Bei Feststellung des Straftatbestandes der Verleumdung durch die Staatsanwaltschaft sind natürlich ebenfalls entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Von der Dienstaufsichtsbeschwerde bis zur Strafanzeige.

    Auch hier wieder mal eine Komödie aus dem Bayernstadl.

    Comment by Wilms — 30.04, 2013 @ 20:41

  12. Nachtrag:

    Man könnte vermuten, daß Staatsanwälte, die in Deutschland das „zweite Staatsexamen“ ablegen müssen, sich irgendwie in der Juristerei auskennen.

    Die allgemeine Faktenlage beweist das Gegenteil.

    Es wird gehandelt, wie im ersten Semester. Man fragt sich, wo diese Konsorten studiert haben.

    Dummtoll und außer Rand und Band.

    Comment by Wilms — 30.04, 2013 @ 21:30

  13. In der Zwischenzeit hat das VG Hannover – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – Groenewolds Antrag abgelehnt, 1 B 3100/13.

    Eine Krähe …

    Gegen den Bericht der Bild-Zeitung, auf den der Generalstaatsanwalt sich bezog, hatte Groenewold schon am Erscheinungstag (08.02.2012) eine einstweilige Verfügung erwirkt, ebenfalls von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt:

    http://meedia.de/print/dpa-wulff-ev-versickerte-im-nachrichtenfluss/2012/02/17.html

    Gegen die Welt am Sonntag hingegen ist Groenewold mit einem Verlangen auf Gegendarstellung durchgedrungen:

    http://www.welt.de/print/wams/politik/article116950801/Gegendarstellung.html

    Comment by Harald Huesch — 2.07, 2013 @ 11:32

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