Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

2.2.13

Meine Nachbetrachtung der Anhörung zum Leistungsschutzrecht im Rechtsausschuss

Vergangenen Mittwoch war ich als Sachverständiger zu einer Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestage geladen. Das Thema: Die Einführung eines sog. Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse.

An dieser Stelle möchte ich nochmals die vier Kernaussagen meines Eingangsstatements wiedergeben und im Anschluss meine Eindrücke der sich anschließenden Sachverständigenbefragung schildern. Meine ausführliche schriftliche Stellungnahme kann man hier nachlesen.

1. Das Leistungsschutzrecht verstößt gegen europäisches Recht

Nach der Rechtsprechung des EuGH und auch des BGH müssen Suchmaschinen als sog. Dienste der Informationsgesellschaft betrachtet werden, die sich auf die Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie berufen können.

In Widerspruch dazu würde die geplante Regelung eine (unbeschränkte) Haftung von Suchmaschinen für den Fall der Aufnahme von Presserzeugnissen in den Suchindex bewirken und damit unmittelbar die Vorgaben der Richtlinie unterlaufen.

2. Das Leistungsschutzrecht beeinträchtigt die Möglichkeit Hyperlinks zu setzen

Auch wenn der Hyperlink als solcher von der Regelung nicht unmittelbar betroffen sein mag, muss bedacht werden, dass Links nicht isoliert stehen, sondern regelmäßig einen Linktext unterlegen. Sobald dieser Verweistext aber auch nur aus einem kleinen Schnippsel eines journalistischen Textes besteht, greift das Leistungsschutzrecht ein.

Dieser Effekt wirft zudem die Frage eines Konflikts mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit auf.

3. Das Leistungsschutzrecht betrifft nicht nur Suchmaschinen und News-Aggregatoren, sondern voraussichtlich auch zahlreiche andere Dienste

Betroffen sind in jedem Fall alle Dienste, die in irgendeiner Form eine Suchfunktionalität vorhalten, sowie voraussichtlich auch soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Xing.

4. Das geplante Leistungsschutzrecht schützt keine verlegerische Leistung

Es ist nicht ersichtlich, weshalb sich die verlegerische Leistung deren Schutz begehrt wird, bereits in sog. Snippets widerspiegeln sollte. Was der Gesetzesentwurf  letztlich beanstandet, ist das bloße Sichtbarmachen von kleinen Textteilen durch Suchmaschinen und News-Aggregatoren.

Wenn man aber bereits die Darstellung von Überschriften und kurzen Textauszügen in den Suchergebnissen einer Suchmaschine als rechtswidrig ansieht, stellt man damit die Arbeitsweise und Funktionalität von Suchmaschinen generell in Frage.

 

Mein Eindruck war insgesamt der, dass die Gegner eines Leistungsschutzrechts auch in dieser Anhörung die deutlich besseren Sachargumente vorbringen konnten, was nicht zuletzt an Gerald Spindler und Till Kreutzer gelegen hat.

Es scheint darüber hinaus aber tatsächlich so zu sein, dass ein Teil der Befürworter des Leistungsschutzrechts weiterhin die Auffassung vertritt, Snippets würden für einen Verstoß nicht ausreichen und normale Suchmaschinentreffer, wie sie heute bei Google üblich sind, wären gar nicht betroffen. Diese Auslegung erscheint mir angesichts des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung allerdings eher fernliegend und dürfte auch kaum der Intention der Verlage entsprechen. Die Argumentation von Verlagsvertretern wie Christoph Keese ist speziell an dieser Stelle immer nebulös geblieben, was Till Kreutzer zu der Bemerkung veranlasst hat, er müsse sich jetzt erst einmal von dem ganzen Nebel befreien.

Auch die ebenfalls gestellte Frage, wie ein Suchmaschinenbetreiber die gesetzlichen Anforderungen eigentlich umsetzen soll, wie also die Maschine erkennen soll, dass ein bestimmter Text einem Leistungsschutzrecht unterfällt, erscheint mir wichtig. An dieser Stelle war es sicherlich ein Manko, dass die Fraktionen zwar Verlagslobbyisten wie Keese zur Anhörung geladen hatten, aber keinen Vertreter von Google. Arnd Haller, der Justitiar von Google Deutschland, musste unter den Zuhörern Platz nehmen.

Die äußerst selektive Auswahl der Sachverständigen ist ohnehin eine Sache für sich. Wie ich von mehreren Seiten gehört habe, war zunächst auch der Juraprofessor Malte Stieper als Sachverständiger geladen, was beispielsweise auch Heise bereits gemeldet hatte.  Als man dann bei den Regierungsfraktionen etwas verspätet bemerkte, dass Stieper ein erklärter Gegner des Leistungsschutzrechts ist, wurde er kurzerhand wieder ausgeladen.

Ob diese Anhörung noch etwas bewirkt, bleibt abzuwarten. Aber auch beim Thema Netzsperren schien eine (politische) Wende nahezu unmöglich und sie kam dennoch. Hilfreich wäre sicherlich ein noch größerer Widerstand seitens der Nutzer/Bürger, zumal die Auswirkungen eines solchen Leistungsschutzrechts voraussichtlich für sehr viele Menschen spürbar wären.

posted by Stadler at 16:37  

8 Comments

  1. Was ich im Zuge der Anhörung bemerkenswert fand, war die Tatsache, daß die Verleger Verbände BDZV und VDZ bereits im Vorfeld der Anhörung eine Resümee derselben vorgelegt haben. Während die Anhörung um 16Uhr begonnen hatte, wurde bereits um 16:14 Uhr in Form einer Pressemitteilung resümiert, welch große Unterstützung seitens der Sachverständigen das Leistungsschutzrecht angeblich genießt.

    Eingereiht in diese nach meinem Dafürhalten bewusst verzerrt widergegebene Darstellung der Anhörung hat sich außerdem der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling. Herr Heveling verkündete</a im Namen der Unions-Bundestagsfraktion, die Anhörung habe gezeigt, daß das Leistung Schutz recht "sinnvoll und notwendig" sei.

    Bemerkenswert, wie ich finde.

    Comment by Peter Piksa — 2.02, 2013 @ 17:44

  2. Eine Einseitige Auswahl von Sachverständigen ist ja leider immer wieder ein Problem.

    Gerade bei politisch brisanten Themen und/oder fragwürdig zustande gekommenen Gesetzesentwürfen möchte die Regierung/Parlamentsmehrheit im Zweifel v.a. solche Sachverständigen hören, die ihre Pläne verteidigen. Kritiker sind dementsprechend unterrepräsentiert. Wenn in so einer Anhörung viel Kritik kommt, müsste man ja sein schönes Gesetz am Ende noch hinterfragen.

    Comment by zirp — 2.02, 2013 @ 19:08

  3. Das Triummulierat Mohn, Springer, Merkel re(a)giert Deutschland.

    Wenn Mohn und Springer etwas so sehr wollen, so wird sich Merkel fügen. Dabei spielt das Inhaltliche keine besondere Rolle.

    Schliesslich denkt Angela an alle ihre Freunde.

    Comment by Volker Birk — 3.02, 2013 @ 02:38

  4. Trotzdem erschreckend, dass

    Arnd Haller, der Justitiar von Google Deutschland, musste unter den Zuhörern Platz nehmen.

    einem alles sagt, was man über diese Regierung wissen muss. Traurig.

    Comment by Moon — 3.02, 2013 @ 09:04

  5. Jeden Tag wird klar das die Regierung ein verlogener Haufen ist.
    Ein Leihe würde hier auch emotional von Rechtsbeugung sprechen, aber das darf man ja nicht mehr.
    Im >Prinzip tut es mir auch nicht Leid das Verlage durchsucht werden, wenn man als Verlag der Regierung in den Berlechingen kriecht, hat man es nicht anders verdient, man ist einfach nicht mehr frei, die Presse auch nicht.
    Recht so!

    Comment by Troll — 3.02, 2013 @ 10:31

  6. Bei Ihnen, Herr Stadler, war es doch auch von vornherein klar, dass Sie das Leistungsschutzrecht ablehnen. Warum wurden Sie eingeladen (was ich übrigens begrüße)?

    Dass niemand von Google eingeladen wurde, ist fast schon skandalös. Immerhin richtet sich der Gesetzentwurf (Stichwort: „lex Google“) doch insbesondere gegen die Suchmaschine. Nicht gerade demokratisch.

    Comment by Duke — 3.02, 2013 @ 15:52

  7. Was ist los in unserem Land?
    Blogger wie auch die Linke, oder andersdenkende ,die noch in der Lage sind über den Tellerrand zu blicken, will man Mundtot machen.
    Freie Meinungsäußerungen werden herabgewürdigt unter ständiger Willkürlicher Verletzung von geltenden Rechten missbräuchlich gebeugt.
    Diese häuft sich in schier unglaublicher Weise, immer mehr zum Nachteil der Bürger und zum Nachteil der Demokratie vgl. einem DDR Status, mit geradezu nazistischer und egoistischer Propaganda lediglich zum Wohle vom Lobbyisten oder Politikvereinigungen vom Koalitionen.
    Ein solcher Regierungsauftrag wurde zu keiner Zeit durch die Wahlbürger erteilt und unterliegt offenkundig der Arglisteneinrede vgl. BGB 826 und ist mit geltendem Recht nicht vereinbar. Wobei auch die Justiz offenkundig geltendes Recht banal abhandelt und an einem Rechtsstaat Zweifelhaft mangels Kontrollfunktion einer vermeidlich freien unabhängigen Richterschaft begründet.
    Es kann nicht angehen, dass bereits Willkürliche Fehlurteile eines keinen freien unabhängigen Dorfrichter verfestigt, Unmut ganzer Bevölkerungsschichten und Wähler nach sich zieht .Recht liegt nicht im Unrecht begründet und bereits in den Amtsstuben rechtsverletzlich verwässert erscheint.
    Es genügt nicht unter den Pfarrerstöchter und Söhne, christdemokratisch nur die Monstranz zu erheben, Wasser predigen und selber Wein zu trinken, demgemäß lediglich immer vor den Wahlen mittelfristig gegenseitig Wahlhilfe im Steigbügel Wahlpropaganda zu betreiben.
    Hier ist die Politik, der Volksvertreter, ‘‘ Demokratie ‘ ‘ dringend gefragt um nicht weiterhin auch, der ausländischen Meinungen eines nazistischen Unrechtstaates vgl. DDR zu unterliegen.
    Was bewegt Blogger, oder Willkürlich aus Amtsstuben resultierend, Rechtsverletzte an die Öffentlichkeit zugehen ja sogar Rechtsanwälte verstärkt Bloggen?

    Comment by huthnorbert — 3.02, 2013 @ 17:13

  8. Wenn ein Politiker etwas sagt, hat er entweder keine Ahnung, wovon er redet, oder er lügt. Trifft beides gleichzeitig zu, ist er Regierungsmitglied.

    Wenn ein Politiker etwas tut, dann ausschließlich deswegen, weil es ihm (seiner Familie, seinen Freunden, seiner Partei) oder den Lobbyisten nützt, die ihn bezahlen.

    Comment by Rangar — 3.02, 2013 @ 19:51

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