Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.11.12

Wie geht es mit dem Leistungsschutzrecht weiter?

Der Gesetzesentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse wurde gestern im Bundestag in erster Lesung beraten.

Kernstück des Gesetzesvorhabens ist die geplante Vorschrift eines § 87g Abs. 4 UrhG der die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen davon, für unzulässig erklärt, sofern sie durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten. Nachdem auch kleine Teile, also sog. Snippets betroffen sind, erfasst das Gesetz sowohl klassische Suchmaschinenergebnisse als auch News-Aggregatoren wie Google News, nachrichten.de, Virato oder Rivva.

Die Anbieter müssten also dann entweder Verträge mit den Verlagen über die Einräumung entsprechender Nutzungsrechte schließen oder Presseerzeugnisse systematisch aussperren.

In diesem Zusammenhang hört man jetzt öfter die These, man werde Google und Co. dann schon noch zwingen, an die Verlage zu zahlen. Gerade das sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

Unter normalen Umständen könnte es sich ein marktbeherrschendes Unternehmen wie Google schon aus kartellrechtlichen Gründen nicht erlauben, die Websites von Verlagen bzw. Zeitungen zu blockieren. Das würde sich mit der Einführung eines Leistungsschutzrechts allerdings grundlegend ändern. Denn die Neuregelung erklärt die Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen durch Suchmaschinen und News-Aggregatoren für unzulässig. Das bedeutet nichts anderes, als dass Google nach der Logik des Gesetzes aussperren muss, um keinen Rechtsverstoß zu begehen. Und ein Zwang zum Erwerb urheberrechtlicher Nutzungsrechte lässt sich auch gegenüber einem marktbeherrschenden Unternehmen wie Google nicht begründen. Es ist folglich nicht zu erwarten, dass Google zahlen wird, zumal die Verleger in anderen (europäischen) Ländern anschließend auf vergleichbare Regelungen drängen würden.

Die wirtschaftliche Frage ist also letztlich, wer wen dringender braucht. Google wird es sich ohne weiteres erlauben können, Google-News in Deutschland zu schließen und die Verlage für eine Weile von der Suchmaschine auszusperren. Man wird dann eben die Inhalte von FAZ, SZ, ZEIT, Spiegel, Welt, BILD, Stern u.a. nicht mehr über Google finden können. Einige kleinere Verlage werden schlau genug sein und Google unentgeltliche Nutzungsrechte einräumen.

Die Leidtragenden werden die Nutzer sein, denn das geplante Gesetz erschwert die Auffindbarkeit von Inhalten im Netz erheblich.

Man darf in dieser Diskussion außerdem nicht nur über Google sprechen, sondern muss vor allem auch kleinere Anbieter im Blick haben. Betroffen von einem solchen Leistungsschutzrecht sind nämlich gerade auch Special-Interest-Suchmaschinen und Dienste, die RSS-Feeds einbinden oder automatisiert Linksammlungen erzeugen. Einige dieser Dienste werden dann komplett schließen.

Im Bundestag haben die Vertreter der Regierungsfraktionen den Gesetzesentwurf  erwartungsgemäß verteidigt, während er von den Oppositionsparteien abgelehnt wurde. Es wird sich nun zeigen, ob und wie dieser Gesetzesentwurf aus den Ausschüssen wieder herauskommt und welche Fassung in die abschließende 2. und 3. Lesung im Bundestag gelangt.

Vielleicht wäre es aber auch für die Politik und die Verlage ganz heilsam, wenn das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, denn dann wird die Politik sehr schnell erkennen, was sie angerichtet hat und die Verlage werden einsehen müssen, dass sie ein Eigentor geschossen haben. Möglicherweise ist dieser pädagogische Effekt ja genau das, was jetzt nötig ist.

posted by Stadler at 10:10  

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