Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

2.10.12

Jede fünfte Retoure im Onlinehandel missbräuchlich?

Ein Forschungsgruppe der Uni Bamberg – die von Trusted Shops fachlich und operativ unterstützt wird – ist zu dem Ergebnis gelangt, dass knapp jede fünfte Warenrücksendung (19,1 %) nach Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzgeschäften missbräuchlich sei.

Diese Annahme ist – worauf im shopbetreiber-blog auch hingewiesen wird – bereits deshalb problematisch, weil es im Rechtssinne keinen Missbrauch darstellt, wenn jemand von seinem gesetzlichen Widerrufsrechts gebrauch macht. Die Forschungsgruppe definiert es als missbräuchlich, wenn jemand mit dem Vorsatz bestellt, die Ware innerhalb der Widerrufsfrist zu nutzen und dann an den Händler zurückzuschicken.

Nachdem die Zahlen auf Umfragen bei Versandhändlern beruhen, sind sie zudem mit Vorsicht zu genießen. Denn der Kunde muss keinen Grund für den von ihm erklärten Widerruf angeben. Das heißt aber auch, dass der Händler den Grund für den Widerruf im Regelfall nicht kennt. Ob der Kunde also von Anfang an vorhatte, den Vertrag nicht zu erfüllen und zu widerrufen, lässt sich daher in den meisten Fällen nicht zuverlässig feststellen.

Ob die EU derartige Studien zum Anlass nehmen wird, das Widerrufsrecht in irgendeiner Form zu erschweren oder einzuschränken, zum Beispiel dadurch, dass man dem Verbraucher einen Teil der Versandkosten aufbürdet, halte ich für eher zweifelhaft.

Interessant wäre zudem auch die Klärung der Frage, wie häufig es umgekehrt passiert, dass ein Händler die Rückabwicklung verweigert, obwohl fristgerecht ein Widerruf erklärt worden ist.

posted by Stadler at 12:28  

10 Comments

  1. Den Verbrauchern einen Teil der Versandkosten aufzuerlegen wäre meiner Meinung nach in jedem Fall fair.

    Im Gesetzt steht ja auch sinngemäß, dass dem Verbraucher eine Prüfung der Waren vergleichbar mit einem Einkauf in einem Laden ermöglicht werden soll.

    Zum Laden kommt aber auch niemand kostenlos hin, sondern es fallen in jedem Fall Fahrtkosten an (ja, nicht wenn der Laden fußläufig erreichbar ist). Diese Fahrtkosten sind für meine Begriffe verwandt mit den Versandkosten, nur das eben jemand anderes fährt.

    Und da man online sowieso schon besser gestellt ist (= es existiert überhaupt eine Widerrufsrecht) wäre es nur fair, die Händler an dieser Stelle etwas zu entlasten.

    Comment by Dominik Belca — 2.10, 2012 @ 13:07

  2. @Dominik:
    Gut, sowas würde natürlich die großen Händler wie Amazon stärken, die dann weiterhin eine kostenlose Rückabwicklung anbieten könnten (aufgrund ihrer Größe) und das als weiteren Vorteil gegenüber kleinen Händlern auslegen können, die nur das gesetztlich vorgeschriebene leisten.

    Comment by Konrad — 2.10, 2012 @ 13:23

  3. Ich lese auf retourenforschung.de:

    „Die Forschungsgruppe Retourenmanagement wurde als Initiative des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insb. Produktion und Logistik, der Otto-Friedrich-Universität Bamberg gegründet.“

    Hinsichtlich der ganz offensichtlichen Qualtiätsmängel der Untersuchung – wobei man sich lächerlicherweise auch noch als Forscher bezeichnet – fällt mir das Wort BWL sofort ins Auge…und damit beide Augen zu. Prost!

    Comment by herb — 2.10, 2012 @ 13:31

  4. „Die Forschungsgruppe definiert es als missbräuchlich, wenn jemand mit dem Vorsatz bestellt, die Ware innerhalb der Widerrufsfrist zu nutzen und dann an den Händler zurückzuschicken.“

    Dann würde dem Händler allerdings die Möglichkeit zustehen Wertersatz für die Nutzung zu verlangen. Womit die in dem shopbetreiber blog zitierten Schadenzahlen wohl nicht zutreffen können.

    Comment by Tyroler — 2.10, 2012 @ 14:31

  5. Es wäre nur Fair, wenn der Kunde immer die Rücksendekosten tragen muß.
    Damit haben beide etwas bezahlt, der Händler die Hinsendekosten, der Verbraucher die Rücksendekosten.
    So wie es im Moment läuft ist es Weltfremd und macht den stationären Handel kaputt.
    Es kann nicht sein das Versandkosten billiger sind als selbst in einen Laden fahren.
    Was folgt sind extrem unterbezahlte Zusteller und auf Ladenseite der „Beratungsdiebstahl“.

    Beratungsdiebstahl sollte übrigens das Wort für 2012 sein!

    Comment by Troll — 2.10, 2012 @ 14:33

  6. @5 und andere: Die Rücksendekosten mit den Fahrkosten in, sagen wir, die Stadt zu vergleichen, ist eher hanebüchen. Schließlich fahre ich nicht zu jedem Laden einzeln, wenn ich mal einkaufe. Die Versandhändler sind aber bestimmt beleidigt, wenn ich die gesammelten Retouren all an einen der Händer schicke. :-)

    Und ich vermute mal, daß die Untersucher auch unser übliches Verhalten als ‚mißbräuchlich‘ bezeichnen würden: Im Zweifelsfalle zwei Größen bestellen und die schlechter passende retour.

    Comment by Andreas Krey — 2.10, 2012 @ 14:47

  7. Zitat: „… problematisch, weil es im Rechtssinne keinen Missbrauch darstellt, wenn jemand von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch macht …“.

    Worum geht es denn bei der juristischen Kategorie des „Rechtsmissbrauchs“ (zu der es gefühlte 10.000 BGH-Entscheidungen gibt) Ihrer Meinung nach sonst?

    Comment by Gast — 2.10, 2012 @ 19:23

  8. Die Aussage “Die Forschungsgruppe definiert es als missbräuchlich, wenn jemand mit dem Vorsatz bestellt, die Ware innerhalb der Widerrufsfrist zu nutzen und dann an den Händler zurückzuschicken.” scheint selbst nur die Interpretation der Forschungsgruppe zu sein.

    Laut der Grafik auf http://www.shopbetreiber-blog.de/wp-content/uploads/2012/09/retourenmissbrauch_sortimente.jpg wurde tatsächlich ein Meinungsbild erhoben, d.h. wir wissen, wie die Befragten im Durschnitt die Intention der Rücksendenden einschätzen. Meinungen über Motive als Realität anzunehmen ist aber bislang in gewissen Grenzen Richtern vorbehalten.

    „Feynman’s point was that if something isn’t known, just asking a large number of people who don’t know shares the responsibility about should a problem occur, but is unlikely to produce a correct answer except by pure dumb luck.“

    http://windrince.wordpress.com/2011/06/07/the-emperors-nose/

    Comment by ThorstenV — 6.10, 2012 @ 15:25

  9. Ja ja, die Onlinehändler….

    Ihr habt weniger Personalkosten und braucht keinen teuren Verkaufsraum.

    Wenn dann ein paar „missbräuchlich“ zurücksenden, sollte das in eurer Kalkulation immer noch mit + zum Stationären Händler ausfallen.

    Ich musste letztens etwas lesen, das event. ab 2013 Rücksendekosten vom Kunden zu tragen wären ?

    Ich bestellte niemals „missbräuchlich“.
    Als Geizkragen überlege ich 3x ob ich das wirklich kaufen „muss“, oder obs nicht auch ohne geht.

    Wenn das ab 2013 so kommt, werde die Leute weniger kaufen >.<

    Ich weiß (geizig…) dass ich das dann als weiteren Grund nehme und erst recht vom Kauf abstand nehme.

    Ob euch damit geholfen ist ?

    Comment by mugger — 9.10, 2012 @ 08:04

  10. Die Versandkosten einem Internet-besteller aufzuhalsen wäre fatal, da die Echtheit des Bestellers überhaupt nicht vernünftig sichergestellt werden kann. Jeder HansWurst kann dir per Nachname auf deinen Namen 5 Millionen Pakete zukommen lassen, wenn nun Annahmeverweigerung eine Gebühr zur Folge hat, dann steht das nächste dubiose Geschäftsmodell vor der Tür. Widerrufsgebührenabzockmafia.

    Comment by HansWurst — 9.10, 2012 @ 23:02

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