Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.7.12

Die Beschneidung des Rechtsstaats

Neben den Regierungsparteien Union und FDP haben sich auch SPD und Grüne für eine schnelle gesetzliche Regelung der Beschneidung ausgesprochen. Hintergrund ist ein Berufungsurteil des Landgerichts Köln, das die medizinisch nicht indizierte Beschneidung eines vierjährigen Jungen als rechtswidrige Straftat angesehen hat. Das Gericht hatte den Arzt, der den Eingriff durchgeführt hat, dennoch freigesprochen, weil er sich nach Auffassung des Gerichts in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden und damit ohne Schuld gehandelt habe. Zum besseren Verständnis des Urteils kann nicht unerwähnt bleiben, dass in dem Fall Komplikationen aufgetreten sind und das Kind wegen Nachblutungen von den Eltern in die Notaufnahme einer Kinderklinik gebracht werden musste.

Die aktuelle, parteiübergreifende politische Stimmung ist maßgeblich auch davon geprägt, dass die europäischen Rabbiner das Kölner Urteil als schwersten Angriff auf jüdisches Leben seit dem Holocaust bezeichnet haben. Dieser unsachliche Vergleich hat die beabsichtigte Wirkung ganz augenscheinlich nicht verfehlt.

In dieser Situation erscheint mir eine juristische und rechtspolitische Bewertung des Urteils des LG Köln nötig, die ich an dieser Stelle versuchen möchte. Zum besseren Verständnis sollen vorab kurz die Grundzüge der Strafbarkeit erläutert werden. Die Prüfung der Strafbarkeit erfolgt dreigliedrig, man unterscheidet die Tatbestandsmäßigkeit, die Rechtswidrigkeit und die Schuldhaftigkeit des Verhaltens. Jede ärztliche Heilbehandlung erfüllt den Straftatbestand einer Körperverletzung ebenso wie beispielsweise eine Ohrfeige. Vor diesem Hintergrund stellt die Beschneidung eines Menschen ebenfalls eine tatbestandsmäßige Körperverletzung dar. Diese Körperverletzung kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn ein sog. Rechtfertigungsgrund eingreift. Im Bereich der Körperverletzungsdelikte ist anerkannt, dass die Einwilligung des Betroffenen regelmäßig geeignet ist, die Rechtswidrigkeit auszuschließen. Ärztliche Heileingriffe sind deshalb mit Einwilligung des Patienten zulässig. Da Säuglinge und Kleinkinder noch keinen entsprechenden Willen bilden können und deshalb auch nicht in der Lage sind rechtswirksam einzuwilligen, kommt es auf die Einwilligung der Eltern an. Diese Einwilligung ist aber nicht beliebig. Sie muss sich vielmehr am Kindeswohl orientieren, was verfassungsrechtlich aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt.

Und genau an diesem Punkt kann und muss nun eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen werden. Es stehen sich hier die Religionsfreiheit (der Eltern) auf der einen und das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und die Wahrung des Kindeswohls auf der anderen Seite gegenüber. Wenn man an dieser Stelle einen Vorrang der (religiösen) Tradition postuliert, dann wird man künftig nicht mehr plausibel erklären können, warum nicht auch das Züchtigungsrecht der Eltern, der religiös motivierte Abbruch einer ärztlichen Heilbehandlung oder beliebige Verletzungen der körperlichen Integrität eines Kindes einen Rechtfertigungsgrund bilden können. Eine Gesellschaft, die bereits eine gewöhnliche Ohrfeige nicht mehr als vom Erziehungsrecht der Eltern gedeckt ansieht, kann schwerlich eine Beschneidung eines Säuglings oder Kleinkindes – ohne medizinische Indikation – für gerechtfertigt halten.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht muss deshalb davon ausgegangen werden, dass eine religiöse Tradition keinen ausreichenden Grund dafür bilden kann, einen dauerhaften körperlichen Eingriff bei einem Kleinkind oder gar Säugling zu rechtfertigen und zwar selbst dann nicht, wenn man den Eingriff für harmlos hält. Das Argument, es würde sich doch nur um ein überflüssiges Stück Haut handeln, ist ohnehin unbehelflich. Würde man etwa das Abschneiden eines Ohrläppchens – auch nur ein überflüssiges Stück Haut – aus religiösen Gründen gutheißen? Welches Stück des Körpers überflüssig ist oder nicht, unterliegt gerade der Selbstbestimmung des Individuums und seinem Recht auf Achtung der körperlichen Integrität. Im Falle der Beschneidung steht die Harmlosigkeit außerdem keineswegs fest, sondern wird von den Befürwortern immer nur apodiktisch behauptet. Die Wissenschaft längst auch ganz ernsthaft bleibende und schwerwiegende Folgen von Beschneidungen. Auch der in der politischen Diskussion gerne bemühte Vergleich zur christlichen Taufe geht fehl. Denn bei der Taufe wird dem Kind lediglich etwas Wasser über den Kopf gegossen, während die Beschneidung einen für Kinder schmerzhaften und irreparablen körperlichen Eingriff darstellt. Im Hinblick auf die These von der Harmlosigkeit der Beschneidung ist zum Beispiel auch die sehr eindringliche Schilderung des Schriftstellers Najem Wali in der taz lesens- und bedenkenswert.

Bei näherer Betrachtung zeigt sich also, dass wir hier von einem rituellen, nicht ganz unerheblichen körperlichen Eingriff reden, für den es keinen sachlich-wissenschaftlichen Grund gibt. In verfassungsrechtlicher Hinsicht muss deshalb wie gesagt die Frage gestellt werden, ob die Religionsfreiheit überhaupt eine ausreichende Grundlage dafür bilden kann, eine Körperverletzung an einem Kleinkind vorzunehmen. Wenn man das nämlich einmal bejaht, ergeben sich zudem schwierige Folgefragen dahingehend, bis zu welcher Intensität der Staat derartig religiös motivierte körperliche Eingriff dulden kann und will.

Die Politik, die jetzt einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund schaffen möchte, diskutiert letztlich damit wieder nur eine populistische Scheinlösung, denn die zugrundeliegende Rechtsfrage ist im Kern verfassungsrechtlicher Natur. Der (einfache) Gesetzgeber hat überhaupt nicht die Möglichkeit, Umfang und Reichweite des Grundrechtsschutzes zu definieren. Wenn man also nach sorgfältiger Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen zu dem Ergebnis gelangt, dass das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrheit Vorrang vor der Religionsfreiheit der Eltern genießt, dann ändert sich daran auch dann nichts, wenn der Gesetzgeber nunmehr einen Rechtfertigungstatbestand schafft. Dieser wäre dann nämlich schlicht verfassungswidrig. Die Prüfung verlagert sich damit nur von den Strafgerichten einmal mehr nach Karlsruhe, was aber möglicherweise von dieser Politik gerade intendiert wird.

Man darf in der aktuellen Diskussion aber durchaus auch ein bisschen erschrocken darüber sein, dass es in Deutschland einen von der CSU bis zu den Grünen reichenden politischen Mainstream gibt, der ein archaisches religiöses Ritual über das Recht kleiner Kinder auf körperliche Unversehrheit stellt. Da ist mit Sicherheit eine gelegentliche Ohrfeige als Erziehungsmethode – die in Deutschland mittlerweile zu recht geächtet ist – deutlich harmloser.

Update:
Kathrin Passig hat in der Diskussion dieses Beitrags auf Google+ folgenden ergänzenden Hinweis gepostet, der mir erwähnenswert erscheint, weshalb ich ihn hier einfach mal zitiere:

Dass unter „bleibende und schwerwiegende Folgen“ nur von den psychischen Folgen die Rede ist, hat mich ein bisschen überrascht. Es scheint in der ganzen Diskussion einen ausgeprägten Widerwillen dagegen zu geben, auch mal zu erwähnen, dass die Vorhaut a) eine Funktion hat und b) für viele eine erogene Zone ist. (Ergänzung: Beides ist viel umstrittener, als ich dachte, http://en.wikipedia.org/wiki/Sexual_effects_of_circumcision – aber trotzdem, erwähnen kann man es schon mal.)

Vielleicht sollte man in der Tat gerade auch über die sexuellen Auswirkungen der Bescheidung diskutieren, die in der aktuellen Debatte kaum eine Rolle spielen.

Der deutsche Wikipdia-Eintrag umfasst übrigens praktisch alle Aspekte der Zirkumzision und ist äußerst lesenswert.

Update vom 18.07.2012:
Erst heute bin ich auf einen Beitrag von Henning-Ernst Müller (Inhaber eines Lehrstuhls für Strafrecht an der Uni Regensburg) im Beck-Blog zur Beschneidungsdiskussion gestoßen, den ich hier unbedingt noch erwähnen möchte.

Müller weist einerseits auf die bislang wenig beachtete Fachdiskussion von Ärzten und Juristen hin und verlinkt insoweit auf einen Beitrag im Ärzteblatt, in dem den Ärzten bereits 2008 empfohlen worden ist, medizinisch nicht indizierte Zirkumzisionen nicht durchzuführen. In dem Fachbeitrag wird außerdem ausgeführt, dass die Ärzteschaft die Beschneidung von Jungen schon seit längerer Zeit kritisch sieht. Auch wird dort der Einschätzung entgegengetreten, bei der Zirkumzision würde es sich um einen in medizinischer Hinsicht unbedeutenden Eingriff handeln.

Müller erläutert außerdem, vor welchen, bislang gar nicht diskutierten, Problemen der Gesetzgeber im Detail steht, wenn er nun tatsächlich ein solches „Beschneidungsgesetz“ schaffen will.

posted by Stadler at 10:36  

275 Comments

  1. Als Rechtsleihe mal aus dem Abseits:
    Nein, Körperverletzungen dürfen nicht durch religiöse Doktrine legitimiert werden, wie etwa Heileingriffe.

    Im Fall der Beschneidung von Knaben müssen medizinische und psychologische Faktoren berücksichtigt werden die für oder gegen diesen Eingriff sprechen; und zwar desjenigen der beschnitten wird (und nicht etwa um den möglichen Kontakt eines dritten mit einem möglichen Infektionsherd zu vermeiden)

    Was die Vorwürfe zum Machismus oder Faschismus von Beschneidungsgegner angeht: Sicher gibt es Faschisten oder Machisten die schnell jede Diskussion für ihre Ziele nutzen wollen. Dies ist allerdings kein Grund für Diskutierende diese Themen zu vermeiden oder sich selbst irgendwie präventiv des möglichen Antisemitismusses zu verdächtigen.

    Comment by Michael — 16.07, 2012 @ 21:20

  2. @xyz
    Sie haben ja lustige Geschlechtsverkehrsanbahnungstheorien :-) Erst wenn die Dame sieht, ob man beschnitten ist, wird eine Entscheidung zum GV gefällt? Wo haben Sie denn Vögeln gelernt? Liebe, Gluthitze, heiße Gier kommt in Ihrem Modell nicht vor, oder?

    In den USA haben Frauen eine 50%-tige Wahrscheinlichkeit, einen beschnittenen Lover aufzureißen, wie man neudeutsch sagt.

    In Zentraleuropa wird wie seit über 1000 Jahren dagegen weiter gegen die Beschneidung gehetzt wie schon von Papst Urban VII.

    Jüdische Eltern wissen 8 Tage nach der Geburt nicht, ob ihr Sohn ohne Beschneidung mit 12 an der Phimose leidet, mit 25 einer Frau Geburmutterhalskrebs besorgt oder mit 60 eine Diabetes-induzierte Phimose bekommt. Aber sie wissen, dass sie mit Beschneidung die Risiken kleiner werden lassen. So wie muslimische Eltern mit vier Jahre alten Söhnen.

    Mitteleuropäische Kreuzritter-Eltern aber zocken: auf Phimose (auf Kosten der Krankenkasse) und auf Gebärmutterhalskrebs bei den Frauen. Das nennen Sie dann Verantwortung und körperliche Unversehrtheit (der Söhne). Seit 1000 Jahren Kreuzzügen und 200 Jahren moderner Medizin nichts dazu gelernt: immer feste druff. Is klar. Die Krone der Schöpfung.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.07, 2012 @ 21:32

  3. Es gibt unzählige Studien zu den negativen körperlichen Langzeitfolgen der Beschneidung. Daß diese trotz ihrer Zahl und Plausibilität in der öffentlichen Diskussion weitestgehend ausgeblendet werden, ist mir ein Rätsel. Exemplarisch verweise ich auf die beiden folgenden Seiten:
    http://t.co/NZJP9oFq
    http://t.co/2FXvCel9

    Comment by saitam — 16.07, 2012 @ 22:18

  4. @Wolfgang Ksoll: Wenn hier jemand hetzt, dann wohl Sie. Weswegen verweisen sie ständig auf die Kreuzüge? Wurden die wegen der Beschneidung geführt? Oder sind diese der Grund der (Nicht-) Beschneidung? Haben diese Verweise irgendeinen anderen Sinn als den offensichtlichen Versuch Schamgefühl zu erzeugen? Und glauben Sie, dass Sie über irrationales Schamgefühl tatsächlich irgendjemanden dazu bringen, rational an die Sache ranzugehen?

    Comment by Michael — 16.07, 2012 @ 22:42

  5. Herr Ksoll, was an „ohne Kondom“ haben Sie nicht verstanden? Wer beim ersten Mal „ohne“ rumvögelt, hat idR andere Sorgen als sich um HPV etc. Gedanken zu machen. Und spätestens beim 2. Mal weiß die gute Frau um die Beschaffenheit des besten Stückes ihrer besseren Hälfte bescheid.

    Was Sie mit dem Rest Ihres …merkwürdigen Kommentars bezwecken, bleibt mir ein Rätsel.

    Comment by xyz — 16.07, 2012 @ 22:52

  6. Zur Taufe, man sollte auch anmerken, dass selbst wenn Kinder ins Wasser eingetaucht werden würden, zumindest in den ersten 3-6 oder mehr Monaten keine Gefahr besteht. Ich kenne zwar nicht mehr die Details, aber der Fakt besteht, dass bei Säuglingen die Atemröhre noch selbst automatisch schließt.

    Comment by Bob — 16.07, 2012 @ 22:58

  7. Ist hier eigentlich nicht auch das Recht auf negative Relegionsfreiheit des Kindes betroffen? Da die Vorhaut ja bei beiden betroffenen Religionen im nicht-religionsmündigen Alter entfernt wird, grade auch um die religiose Identität zu stiften, wird es doch erheblich schwerer fallen, sich später von dieser Religion zu lösen. Zumal eine Religion, die auf die Vorhaut besteht (sofern es das gäbe, das ist wohl also eher eine akademische Überlegung), damit schon im Kindesalter ausgeschlossen wird.
    Ansonsten kann ich mich den Ausführungen nur anschließen. Insbesondere der Vergleich mit dem verbot der körperlichen Züchtigung trägt.

    Comment by jumalu — 16.07, 2012 @ 23:27

  8. Gibt es einen nennenswerten Anteil Betroffener (also Beschnittener), die es lieber nicht wären?

    Daraus könnte ein Argument für oder gegen die Legalisierung werden.

    Comment by Mirco — 16.07, 2012 @ 23:50

  9. ich möchte mich auch für den sehr sachlichen, unaufgeregten und fein sortierten Artikel bedanken.

    Ich bin Schöffe an einem LG, und somit formal juristischer Laie. Allerdings interessiere ich mich für die rechtsphilosophische Thematik.

    Das Urteil des LG Köln kann ich komplett nachvollziehen, obwohl ich in der Urteilsbegründung einige Holperstellen fand.
    Ich empfinde das Urteil als handwerklich absolut korrekt, die Richter haben meiner Meinung nach unabhängig vom zu erwartenden gesellschaftspolitischen Druck agiert. Das finde ich als substantiell für unsere Ordnung.

    Ich finde es empörend, wie momentan unsere Gerichtsbarkeit in den Schmutz gezogen wird und mit Zuständen während des Holocaust verglichen wird.

    Auch mir als juristischer Laie wurde sofort bewusst, daß eine wie auch immer geartete gesetzliche Legitimation der Beschneidung die Büchse der Pandorra öffnet. Unzähliche Abgrenzungs- und Definitionsprobleme kommen da zu Tage.

    Selbst wenn ich der Meinung der Religionsgemeinden zugeneigt wäre, muss ich doch den unausweichlichen und fast unlösbaren Konflikt erkennen, wie man eine religiös motivierte Beschneidung irgendwie geschmeidig in unsere Gesetzbücher integrieren soll, ohne immense juristische Kollateralschäden zu produzieren.

    Ich bin bei meiner Recherche auf ein interessantes Urteil des OLG Frankfurt gestoßen.

    AZ 4W/12/07
    Leitsatz:
    Veranlasst der nicht sorgeberechtigter Vater ohne Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter die Beschneidung eines noch nicht einwilligungsfähigen Kindes, so liegt darin eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Kindes, die schon wegen der Genugtuungsfunktion einen Schmerzensgeldanspruch des Kindes begründet.Veranlasst der nicht sorgeberechtigter Vater ohne Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter die Beschneidung eines noch nicht einwilligungsfähigen Kindes, so liegt darin eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Kindes, die schon wegen der Genugtuungsfunktion einen Schmerzensgeldanspruch des Kindes begründet.

    Also mal im Ernst, wie will man den irgendwie vernünftig die Beschneidung legalisieren ohne sich dabei hinterrücks selbst ins Knie zu schiessen????

    Comment by derSchwabe — 17.07, 2012 @ 00:48

  10. @79
    „Selbst wenn ich der Meinung der Religionsgemeinden zugeneigt wäre, muss ich doch den unausweichlichen und fast unlösbaren Konflikt erkennen, wie man eine religiös motivierte Beschneidung irgendwie geschmeidig in unsere Gesetzbücher integrieren soll, ohne immense juristische Kollateralschäden zu produzieren.“
    Die von uns zur Gesetzgebung erwählten Parlamentarier tun sich nicht so schwer wie Sie:
    „Bis auf die Linkspartei wollen alle Fraktionen die Beschneidung von Jungen per Gesetz erlauben.“
    http://www.zeit.de/gesellschaft/2012-07/beschneidung-gesetz-debatte/seite-2

    Wieder andere haben auch nicht den (Vorhaut-)verengten Blick der Kreuzritter, die sich nur gegen Kulte der Juden (mal wieder) und Muselmanen (mit Gauck wieder etwas mehr) wenden, sondern das Thema ganzheitlich und auch global sehen:
    „Eine weitere Frage ist, ob nur religiöse Beschneidungen legalisiert werden sollen, oder ob die Entfernung der Vorhaut auch aus hygienischen, kulturellen oder ästhetischen Gründen erlaubt wird. So lassen sich in den USA wohl drei Viertel aller Männer beschneiden, die Vorhautentfernung ist auch bei in Deutschland lebenden Senegalesen oder Kongolesen Tradition.“

    Sicherlich fällt es rein teutscher Sichtweise, die seit über 1000 Jahren die Beschneidung zum Anlass zum Kreuzzug nimmt, schwerer über das Problem zu sprechen als einem US-Amerikaner, wo mehr als die Hälfte der männlichen Bevölkerung beschnitten ist. Die über viele Jahrhunderte erworbene Kultur steckt halt tief drin und führt immer wieder zu Störungen des friedlichen Zusammenlebens. Muss aber nicht sein: siehe USA.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 17.07, 2012 @ 10:06

  11. Zunächst mal: Gratulation zu dem Artikel. Er ist ausgewogen und objektiv. Jedenfalls, so weit ich das als Nicht-Jurist beurteilen kann. Was einen Teil der Kommentare angeht, trifft das nicht zu.

    Ich habe zu diesem Thema schon geschrieben, bevor ich diesen Artikel fand (http://www.rorkvell.de/news/2012/Religionsfreiheit). Meine dortigen Gedanken decken sich teilweise mit den hier vorgebrachten Argumenten. Das ist daher nichts Neues. Den Nachtrag habe ich nach dem Lesen der Kommentare geschrieben.

    Ob die Beschneidung bei Jungen nun tatsächlich schädlich ist, oder nicht, bleibt wohl weiterhin umstritten. Immerhin gab es hier einen bemerkenswerten Kommentar von einem Betroffenen, der seine Beschneidung als schädlich empfindet. Solch eine Aussage respektiere ich, und das gibt mir zu denken. Die Frage ist: Ist das ein Einzelfall? Ich finde es jedenfalls schade, dass dieser bemerkenswerten Aussage hier keine Beachtung geschenkt wird.

    Comment by Siegfried — 17.07, 2012 @ 10:37

  12. Zur PR-Rolle der Kirche bei dem Thema mit Dank und Verweis auf Internet-Law: http://www.timo-rieg.de/2012/07/die-beschneidungs-kirche/

    Comment by Tg — 17.07, 2012 @ 10:58

  13. Vielleicht wäre es sinnvoll die Beschneidung an der Einwillung des Beschnittenen zu binden, und zwar ab dem Alter von 14 Jahren.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Altersstufen_im_deutschen_Recht#Vollendung_des_14._Lebensjahres

    (Volle Religionsmündigkeit)

    Damit dürfte auch Herr Ksoll mit seinem Gebärmutterkrebse zufrieden gestellt sein, denn vor diesem Alter wird wohl eher selten GV stattfinden.

    Comment by Ein Mensch — 17.07, 2012 @ 12:05

  14. Die religiösen Lobbyisten werden es schon schaffen, die Beschneidung legalisieren zu lassen. Ein solches Gesetz sollte man gleich „Lex Putzke“ nennen (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.umstrittenes-urteil-nicht-alles-in-der-bibel-woertlich-nehmen.4d88e01b-44f6-4a58-abd8-a5fe1b7c2d6c.html).

    Comment by Ls — 17.07, 2012 @ 12:14

  15. @Ein Mensch

    Ein jüdisches Kind hat mit 14 Jahren 14 Jahre Zeit gehabt seine Beschneidung zu verarbeiten und zu vergessen. Wenn man die Beschneidung bis dahin hinauszögert, mutet man einem Pubertierenden, der schon genug mit seiner Entfaltung der Sexualität zu tun hat, auch noch diesen Stress zu. Das ist pervers und weltfremd. Zudem teurer und nach 14 stiegt das Risiko der Arbeitsunfähigkeit, so dass neben die Kosten von 200-700 € für die Beschneidung auch noch der Arbeitsausfall kommt.

    Es ist befremdlich, wenn in USA 75 Mio Männer beschnitten sind (davon 2% aus religiösen Gründen), dass ausgerechnet in Europa, wo seit 1000 Jahren gegen die beschneidenden Religionen gewettert wird, nun alles komplizierter, teurer und gefährlicher gemacht werden soll. In Angesicht der amerikanischen Empirik gibt es keinen Grund, die Beschneidung zu erschweren. Die Abwägung des männlichen Traumas gegen den weiblichen Krebstod fällt da für mich sehr klar aus und hat mit Religion wenig zu tun.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 17.07, 2012 @ 12:43

  16. @ Wolfgang Ksoll

    Dann bist Du bestimmt auch für eine Bescheidung von Mädchen, die die gleiche Eingriffstiefe hat wie die Bescheidung von Jungen, nämlich die Entfernung der Kiltoris-Vorhaut…

    Btw. hast Dich eigentlich mal mit den Wurzeln der Beschneidung in den USA beschäftigt? Das waren keine gesundheitliche Gründe sondern der Kampf gegen die Masturbation im Sinne der puritanischen Lehre vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_male_circumcision#Male_circumcision_to_prevent_masturbation

    @All

    […]denn wie sieht es dann mit diversen anderen Dingen im Namen der Religionsfreiheit aus, die weitaus weniger in die Rechte von Kindern eingreifen?

    Ich denke da z.B. an die Weigerung von muslimischen Eltern ihre Tochter zum schulischen Schwimmunterricht zu schicken oder auch an die Weigerung christlicher Eltern ihren Kindern die Teilnahme am Biologieunterricht und der darin enhaltenen sexuellen Aufklärung zu gestatten?

    Hier gibt es zwar Urteile die diese Eltern zwingen dies zuzulassen, nur stelle ich dann die Frage, wenn es den wegen der Religionsfreiheit erlaubt sein soll in das Recht der körperlichen Unversehrtheit eines Kindes einzugreifen, warum soll es bei obengenannten Beispielen dann nicht erlaubt sein, in das Recht auf Bildung oder die Schulpflicht des Kindes einzugreifen? Schließlich dürfte von der Eingriffstiefe her die Beschneidung ein größerer Eingriff sein, als das Nichtbesuchen des Biologieunterrichts oder die Nichtteilnahme am schulischen Schwimmunterricht.
    […]
    http://www.heise.de/tp/foren/S-Nicht-nur-das/forum-233294/msg-22127543/read/

    bombjack

    Comment by bombjack — 17.07, 2012 @ 13:14

  17. Die Beschneidung von Mädchen ist eine ganz andere Sache. Herrn Ksoll hier die Befürwortung barbarischer und erwiesenermaßen sehr schädlicher Praktiken zu unterstellen ist abwegig.

    Das mit der Teilnahme oder nicht-Teilnahme an bestimmten Unterrichtsfächern ist allerdings in der Tat vergleichbar, und ebenfalls ein heisses Eisen. Aber darüber hier zu diskutieren dürfte den Rahmen dieses Artikels sprengen.

    Comment by Siegfried — 17.07, 2012 @ 14:01

  18. @Wolfgang Ksoll
    Du bist ein lustiger Troll.
    Bei der Beschneidung ist natürlich der Arbeitsausfall wichtig und was so eine Beschneidung kostet.
    Wegen den Kosten wird wohl auch die Betäubung weggelassen und dafür um so mehr für die Feierei aus gegeben.

    Ihre Krebstheorie ist genau so planlos.
    Wenn Männer beschnitten werden, damit die Frau ein evtl. geringeres Krebsrisiko hat, dann will ich auch, das Mädchen beschnitten werden, denn solche Schamlippen sind schon ganz schön unansehnlich.

    Comment by Troll — 17.07, 2012 @ 14:02

  19. @Siegfried
    „….Die Beschneidung von Mädchen ist eine ganz andere Sache…..“

    Genau das ist es nicht!
    Es gibt natürlich verschiedenen Arten Mädchen zu beschneiden…..über welche Art reden wir?

    Comment by Troll — 17.07, 2012 @ 14:03

  20. Die Frage ist doch eigentlich. Wer klagt als erstes gegen dieses Gesetz vor dem Verfassungsgericht.

    Von den etablierten Parteien ist das jedenfalls nicht zu erwarten. Denen kann die Genitalverstümmelung von wehrlosen Kleinkindern nicht schnell genug gehen.

    Wie sieht es aus Herr Stadler?
    talk the talk, walk the walk?

    Comment by Native — 17.07, 2012 @ 14:31

  21. @77

    Es gibt keine Religion, die beschnittenen Männern, eine Konversion verbieten würde. Da sowohl bei Juden als auch Muslimen die Religionszugehörigkeit bereits qua Geburt festgelegt ist, geht es hier um die positive Religionsfreiheit.

    Dies hat das Landgericht Köln jedoch nicht gewusst, sonst wäre das hier nicht im Urteil: „Diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können zuwider“.

    Comment by Ako — 17.07, 2012 @ 15:07

  22. Ich halte diesen Bericht für sehr beachtlich und fair. Ich halte ein Ergänzung für notwendig. Erwachsene Beschnittene die man heute fragt, wie sie die Beschneidung im Kinderalter erlebt haben berichten unisono, dass diese schmerzhafte Erfahrung für sie die größte und deprimierenste Schmach, Erniedrigung und Erfahrung in ihrem Leben war. Dazu ist nichts mehr hinzuzufügen. Verstümmelung aufgrund Elternwillen muss zukünftig verboten werden. Am Tage des 18ten Geburtstages kann sich jeder Beschneidungswillige in ein Krankenhaus begeben und den Vollzug seines religiösen Wunsches einfordern.

    Comment by Ralf E. Hansen — 17.07, 2012 @ 15:21

  23. @91
    „….Da sowohl bei Juden als auch Muslimen die Religionszugehörigkeit bereits qua Geburt festgelegt ist….“

    Wo ist da die Religionsfreiheit?

    Comment by Troll — 17.07, 2012 @ 15:46

  24. @19
    „Ich würde eher behaupten, was überflüssig ist, entscheidet die Evolution. “
    „Warten wir einfach 10000 Jahre und schauen, ob die Haut noch da ist.“

    Sie wird noch da sein, ganz einfach, weil sie die Eichel vor Austrocknung schützt, die sexuelle Stimulation des Penises erleichtert (und somit den Begattungstrieb aufrecht erhält), und weil sie die Eichel vor Krankheiten schützt (auch wenn viele das bestreiten, weil ein NICHT gepflegter Penis natürlich Krankheiten fördert).

    Um was wetten wir also?

    Comment by Martin Schmidt — 17.07, 2012 @ 16:06

  25. @2
    „Worin besteht denn die “Versehrtheit”? Wer von denen, die beschnitten wurden, würde sich als “versehrt” bezeichnen? “

    Welcher Behinderte bezeichnet sich gerne als behindert (bin selbst von einer Behinderung betroffen)?
    Wer gesteht sich gerne ein, dass die unwiederherstellbare Beeinträchtigung irgend eines Körperteils einen „Mangel“ darstellt oder darstellen könnte?

    Das nennt sich Verdrängung und/oder Akzeptanz und ist beileibe kein Argument für eine Unversehrtheit.

    Ein Unbeschnittener kann das mit einem einfachen Experiment selbst für sich heraus finden:
    man ziehe mit einer Hand die Vorhaut soweit zurück, wie möglich und versuche nun mit der anderen Hand die Eichel manuell zu stimulieren.

    Oh, um halbwegs vergleichbare Ausgangsbedingungen zu schaffen, trockne man die Eichel kurz vorher mit einem Handtuch gut aus oder sorgt 24 Stunden lang dafür, dass die Eichel mit zurückgezogener Vorhaut in der Unterhose frei liegt.

    Kein Unterschied?

    Comment by Martin Schmidt — 17.07, 2012 @ 16:12

  26. Keine Körperverletzung?

    Die Vorhaut schützt die Eichel auch gerade bei Säuglingen vor z.B. Krankheiten durch Exkremente in der Windel.

    Sie ist zudem ähnlich empfindlich und stimulierbar wie die Lippen und die Fingerkuppen.

    Die Vorhaut ist nicht nur ein „Lappen Haut“ sondern sie erhält 20.000 Nervenenden und tausende Tastrezeptoren.

    Die Schleimhaut der Vorhaut produziert Antikörper sowie antibakterielle und antivirale Proteine.

    Allein dies Gründe verbieten eine Fremdbestimmung über das Entfernen der Vorhaut.

    Comment by Martin Schmidt — 17.07, 2012 @ 16:20

  27. @Wolfgang Ksoll
    Hören Sie doch endlich auf mit den Versuchen das Thema in Richtung „Europäische Judenfeindlichkeit und Muslimfeindlichkeit“ kippen zu wollen. Das in den Vereinigten Staaten Jungen beschnitten werden hat wohl nichts mit dem Mangel an christlich-ortodoxen Politengagement dort zu tun, oder haben Sie vielleicht irgendwelche Studien diesbezüglich parat die Sie bisher noch nicht mit uns teilten?

    MMn muss es eine medizinische Prüfung über die Vorteile und Nachteile der jetzigen – klar religiös motivierten! – Beschneidung geben, die dann vom Gesetzgeber rezipiert werden und gegen die psychologischen Vor- und Nachteile abgewogen werden.

    Das irgenwer seit tausend Jahren etwas macht, macht es nicht unbedingt gut (selbst nicht, wenn er nur deswegen verfolgt wurde). Das USA irgendetwas macht, macht es auch nicht richtig (auch wenn Nixon da anderer Meinung gewesen ist). Und, dass man sich an ein Trauma im Frühkindlichen Alter nicht erinnert, heisst auch nicht das es später nicht wirkt. Das sind keine sinnvollen Argumente für die Beschneidung.

    Comment by Michael — 17.07, 2012 @ 16:29

  28. Ich habe nicht jeden der Kommentare genau gelesen, habe aber in keinem den Hinweis auf den Verlauf der Behandlung des vierjährigen Jungen gesehen. Laut FAS vom 15.07.2012 wurde der Junge zwei Tage nach der Beschneidung wegen starken Blutungen zurück ins Krankenhaus gebracht. Der Junge lag über eine Woche in der Kinderstation. Der Verband wurde mehrfach unter Narkose gewechselt. Die Eichel war bei der Beschneidung schwer verletzt worden. Diese Verletzung kann nicht durch ein jahrtausendjähriges Ritual gerechtfertigt werden.

    Comment by T Berger — 17.07, 2012 @ 16:54

  29. Danke für diesen Artikel! Eigentlich sollte die Lage ziemlich klar sein, zu vielen der Kommentare hier kann ich nur den Kopf schütteln. Wenn wir religiöse Dogmen über Grundrechte stellen dann schaffen wir damit ein „trojanisches Pferd“ über das prinzipiell jedes Recht untergraben werden kann, so wie prinzipiell jeder alles glauben darf.

    @95: Danke, das trifft es glaube ich ganz gut:
    „Das nennt sich Verdrängung und/oder Akzeptanz und ist beileibe kein Argument für eine Unversehrtheit.“
    Dazu kommt auf unbeschnittener Seite in Deutschland noch die Angst vor dem Rassismus-Vorwurf, et voila… Goodbye, sachliche Diskussion.

    Comment by Christian — 17.07, 2012 @ 17:00

  30. @86
    siehe zu der absurden Gleichsetzung von männlicher Vorhautbeschneidung und weiblicher Clitoris-Verstümmelung auch:
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-staat-muss-die-schwachen-schuetzen/
    Mein Kommentar von 17:14 Uhr heute

    Comment by Wolfgang Ksoll — 17.07, 2012 @ 17:27

  31. Im Rahmen der öffentlichen Diskussion geschieht diese hier auf beachtlich sachlichem Niveau im Gegensatz zu vielen anderen Foren.
    Trotzdem möchte ich sehr gerne ein paar Dinge klar stellen, die auch hier herumgeistern.
    Aus meine Sicht als jüdischer Deutscher ist Deutschland nach wie vor kein säkularer Staat mit genügender Trennung zwischen Staat und Kirche.
    Das verhindert die vom Finanzamt eingezogene Kirchensteuer. Die gesetzlichen Feiertage in Deutschland sind bisher ausschließlich christlich definiert.
    Ein frommer selbstständiger Jude darf sein Geschäft am Shabbes selbstverständlich geschlossen halten. Möchte er dafür am Sonntag öffnen gibt es ein Problem mit dem deutschen Staat, der für die Unversehrtheit des christlichen Ruhetags selbstverständlich eintritt. Wir haben in Deutschland also reell zwei Klassen von religösen Feiertagen. Bei Angestellten wird das Problem noch größer, denn die eigenen hohen Feiertage orientieren sich nicht am gregorianischen Kalender. Das zur Feststellung, nicht zu Klage.
    Mein kleiner Exkurs soll deutlich machen, dass hier eventuelle Akademiker von einem säkularen Staat sprechen, der dieses Kriterium sachlich noch überhaupt nicht erfüllt und wie bedrängend es für Nichtchristen mit deutscher Staatsangehörigkeit ist, diese angebliche Offenheit von oben herab um die Ohren geschlagen zu bekommen. Im Sinne tatsächlicher Säkularität und Toleranz können Sie sich wiederholt die hier veröffentlichten Beiträge selber nochmals durchlesen

    Nun zur sogenannten Beschneidung bei männlichen Menschen:
    Zur korrekten Durchführung der Brit verlinke ich folgende Seite: http://www.beschneidung-mohel.de/index.html
    Warum das Judentum den 8. Tag wählt, wird hier auch nachvollziehbar beschrieben.
    Auch meine Beschneidung war am 8. Tag. Es findet keine Genitalverstümmelung statt. Üblicherweise wird der obere Teil der Vorhaut entfernt, der die Eichel umschließen würde und nicht mehr. Es wird also nichts entfernt, was bei einer zukünftigen Betätigung fehlen oder Sexualität beeinträchtigen würde. Die Durchblutung funktioniert genauso wie mit kompletter Vorhaut. Ob sie besser oder schlechter funktioniert kann ich nicht sagen, denn mir persönlich fehlt dafür der Vergleich.
    Damit wäre der fundamentale Unterscheid zu einer Beschneidung der weiblichen Geschlechtsorgane gegenüber der Brit hinreichend und hoffentlich auch abschließend erklärt. Eine Beschneidung bei Mädchen/Frauen ist eine dauerhaft einschränkende Genitalverstümmelung, die Brit ist es nicht.
    Von psychische Spätfolgen -falls die Brit im Baby-Alter sachgemäß und korrekt durchgeführt worden ist- habe ich persönlich noch nichts gehört und ich laufe auf dieser Wlet hier schon einige Jahrzehnte herum. Je später die Brit gemacht wird, desto bewusster bleiben die Umstände in Erinnerung und die sind natürlich nicht gerade angenehm. Wer also fordert, dass die Brit erst ab der Volljährigkeit durchgeführt werden soll, dem unterstelle ich durchaus, dass er/sie aus dem unter dem Aspekt der Hygiene eingeführten und praktizierten nichtchristlichen Ritual erst einen blutrünstigen Initiationsritus installieren möchte, um diese beiden nichtchristlichen Religionen eben auch als moralisch minderwertig vorzuführen. Soll ja schon ‚mal vorgekommen sein und ich meine dabei die seit Jahrhunderten hier im sogenannten christlichen Abendland praktizierte Delegitimierungskampagnen und nicht die Phase des praktizierten, großdeutschen Größen- und Rassewahns zwischen 1933 und 45. Diesen Vergleich mit dem Kölner Urteil herzustellen halte auch ich für absolut unsachlich.
    Auch die dezidierten Speisegesetze im Judentum und im Islam inklusive der verbindlichen Renigung vor und nach dem Essen erfüllen auch nach heutigen medizinischen Standards eminent wichtige Kriterien der Hygiene und diese Gesetze gab es schon, da waren Kühlschränke und dergleichen nicht einmal vorstellbar.
    Mit der Übernahme dieser Speisegesetze und Reinigungsrituale hätte sich das sogenannte christliche Abendland einige fürchterliche Seuchen ersparen können.
    Persönlich bin ich auch der Meinung, dass das sogenannte christliche Abendland heute einige Jahrhunderte weiter in der geistigen und moralischen Entwicklung wäre, wenn sich die christlichen Kirchenoberen in den vergangenen Jahrhunderten mehr der selbstkritisch hinterfragenden Theologie und nicht der hemmungslosen verschrieben hätten.

    Mir fällt auch gerade angesichts des Arbeitsplatzes von Herrn Putzke auf, dass die auch hier ganz engagiert geführte Debatte über die tatsächliche oder vermeintliche Unversehrtheit jüdischer oder muslimischer Babys von einer aus meiner Sicht verheerenden Sache mit schutzbefohlenen Jungs ablenkt und das ist der bisher juristisch überhaupt nicht adäquat geahndete sexuelle Missbrauch dieser Schutzbefohlenen innerhalb von konfessionell geführten Institutionen zu Tausenden und über das über mehrere Jahrzehnte! Ich erlabe mir die naive Frage an die hier sicherlich mehrheitlich christlich sozialisierten Bloggger, wie da ihr Rechtsempfinden ist, wie vehement sie sich für die Rechte dieser geschändeten Kinder, für die kompromisslose juristische Ahndung der Täter und für die bedingungslose Therapierung der durch den psychischen und physischen Missbrauch entstanden Traumata und sonstigen Folgen einsetzen? Ich bin über jeden Link, über jeden Verweis und jeden Tipp dankbar, der mir zeigt wie Sie als moralisch sattelfeste und juristisch gebildete christlich sozialisierte Deutsche ihre christlichen oder christlich sozialisierten deutschen Kinder davor beschützen und mit einer stringenten Rechtssprechung ohne Rücksicht auf religöse Befindlichkeiten des christlichen Klerus -gleich ob katholisch oder protestantisch- zukünftige Missbräuche unterbinden. Bei Herrn Putzke auf der Homepage http://www.holmputzke.de/ habe ich nichts dergleichen gefunden. Vielleicht liegt seine Zurückhaltung auf diesem Gebiet darin begründet, dass er im tief katholischen Passau gewissen lokalen Rücksichtnahmen unterliegt? Sie, verehrte Blogger hier müssen darauf doch keine Rücksicht nehmen, oder?

    Comment by Alex — 17.07, 2012 @ 17:30

  32. Schön, dass das hier so sachlich und objektiv nachvollzogen wird. Bei mir ließt sich ganze wesentlich wütender.

    http://vehtoh.de/2012/28/06/die_beschneidung_des_gedultsfadens

    Was mir aber gerade noch zu einfiel im Kontext von Merkel, Politik und Karlsruhe. Es steht zu befürchten, dass ein gesetzlicher „Regelungsversuch“ der aktuellen Regierung zum einen zu einem wirklichen Gesetz führt (bedenkt man die überwälltigende Zustimmung durch alle Fraktionen) und zum anderen dann über kurz oder lang in Karlsruhe vorm Bundeverfassungsgericht landet, dort gekippt wird und dann?

    Dann bekommt unsere Regierung einmal mehr Gelegheit gegen Karlsruhe und seine (überwiegend aufklärerische) Rechtssprechung zu wettern und die Fronten zwischen konservativ-gläubigen und aufklärerisch-freiheitlichen zu verhärten. Das ist die eigentliche Schande für die Merkel und co. die Verantwortung tragen sollte und nicht werden.

    Es wird erneut ein Schritt sein, gesellschaftliche Gruppen auseinander zu dividieren und Verständigung im aufklärerischen Sinne zu verhindern. Wieso nicht einfach eine Volksabstimmung machen?

    Danke

    Comment by vehtoh — 17.07, 2012 @ 17:57

  33. Oh Gott (hubs),

    ich hätte wohl den Kommentar über mir erst noch durchlesen sollen. Ich beziehe mein „sachlich und objektiv“ natürlich auf den Ausgangstext und möchte mich explizit von der räumlichen wie inhaltlichen Nähe zu Kommentar 101 Alex distanzieren. (Wieso gibt es keine Möglichkeit seinen Kommentar per Ajax oder an die Stelle zu schieben, wo man ihn für am passendsten hält?) Nur der Vollständigkeit halber.

    Comment by vehtoh — 17.07, 2012 @ 18:08

  34. @101 Alex
    Es ist traurig das Sie versuchen Unrecht mit Unrecht zu rechtfertigen.
    Es ist schön das Sie bestätigen, das eine Beschneidung den gleichen strafrechtlichen Charakter hat wie der sexuelle Kindesmissbrauch.

    Danke für die Klarstellung, dann Sind wir uns ja einig das die Beschneidung strafbar ist und bei unmündigen abgeschafft gehört.

    Comment by Troll — 17.07, 2012 @ 18:30

  35. Lieber Herr Stadler,

    so sehr ich sonst fast immer Ihre Meinungen teile, hier sehe ich es anders. Ich habe das Urteil des LG Köln unter http://blog.delegibus.com/2323 besprochen. Was mir immer mehr auffällt: In der jetzt stattfindenden Diskussion um die Strafbarkeit von religiös motivierten Beschneidungen wird kaum jemals zwischen der de-lege-lata- und der de-lege-ferenda-Sicht unterschieden, also danach, ob diese Taten strafbar sein sollten oder ob sie bereits strafbar sind. Ich werde schauen, ob ich die Zeit finde, zu Ihren Überlegungen in einem weiteren Blogbeitrag Stellung zu nehmen. Vorweg aber zwei Punkte:

    Sie schreiben

    Die Politik, die jetzt einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund schaffen möchte, diskutiert letztlich damit wieder nur eine populistische Scheinlösung

    Was meinen Sie mit populistisch? Ganz offensichtlich ist ein überwältigender Teil der Bevölkerung für eine Strafbarkeit religiös motivierten Beschneidungen. Sowohl Meinungsumfragen belegen das als auch die ganz überwiegenden Tendenz bei Leseranmerkungen – nicht nur unter diesem Beitrag, sondern wo auch immer in Blogs oder Zeitungen darüber geschrieben wird.

    Das Bemerkenswerte ist vielmehr, daß die „politische Klasse“ eine grundlegende andere Sichtweise einnimmt als Volkes Stimme. Eine Tendenz, die nicht nur hier zu beobachten ist und die ich sehr beunruhigend finde. Im vorliegenden Fall allerdings halte ich dieses Auseinanderfallen für richtig und auch für begründbar (ich habe den Grund in meine Blogbeitrag gestreift). Heikel ist es aber trotzdem.

    Aber „populistisch“? Ich kann mir keinen Reim darauf machen.

    Sie schreiben auch:

    Die aktuelle, parteiübergreifende politische Stimmung ist maßgeblich auch davon geprägt, dass die europäischen Rabbiner das Kölner Urteil als schwersten Angriff auf jüdisches Leben seit dem Holocaust bezeichnet haben. Dieser unsachliche Vergleich hat die beabsichtigte Wirkung ganz augenscheinlich nicht verfehlt.

    Die Aussage, wenn sie so unverkürzt gefallen ist, erscheint tatsächlich unsensibel, jedenfalls undiplomatisch. Unsachlich wäre sie, wenn man sie nur so verstehen will, daß die Entscheidung des LG Köln mit dem Nationalsozialismus in einen Topf geworfen würde. Das alte Thema: Nazivorwurf als billige rhetorische Waffe. So muß man es nicht verstehen. In meinem Beitrag habe ich selbst einen Parallele zum Nationalsozialismus angestellt und prompt fand ein Kommentator im Beck-Blog die Stelle ätzend und polemisch. Ich habe daraufhin erklärt, wie die Parallele – entsprechend dem Gang der Argumentation im Beitrag – zu verstehen ist (http://goo.gl/V4uJ0 ). Nicht immer ist etwas so, wie es im Eifer des Gefechts aufgefaßt wird.

    Ihre Äußerung selbst könnte man, wenn man entsprechend gegenteilig sensibilisiert ist, so verstehen, daß „das Weltjudentum“ wieder einmal die Fäden gezogen hat, um eine Regierung zu etwas zu bringen, was sie von sich aus nicht machen würde. Sie haben es nicht so gemeint. Aber ich halte es für gefährlich, die Position fast aller politischen Akteure auf den Nenner zu bringen, daß nur eine gelungene Lobbyarbeit der Juden und der Muslime dahinterstecken könne. Ich bin der Meinung, daß vielmehr eine andere Vorstellung vom verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Stellenwert der Religion gegenüber der Vorstellung der Mehrheitsgesellschaft der Grund ist (ich spreche es in meinem Blogbeitrag an). Der Religionsfriede ist übrigens ein urdeutsches Thema, seit der Reformation und den Religionskriegen. Da bedarf es besonderer Belehrungen durch Rabbiner nicht.

    Comment by O. García — 17.07, 2012 @ 18:43

  36. Es geht doch um ein Bekenntnis zu einem Glauben.

    Dieses kann nur derjenige ablegen,
    um dessen Religionswahl es geht.

    Die Bestimmung der Religionszugehörigkeit eines Dritten ist gerade durch die vielzitierte Religionsfreiheit verboten.

    Mehr noch, das Kind wird als Besitz behandelt,
    wenn es ein Dritter es benutzt
    um seine Glaubensüberzeugung auszuleben.
    Das ist ein eindeutiger Verstoß
    gegen die Würde des Menschen.

    Würden die Befürworter es akzeptieren,
    wenn man ihnen ihre Abstammung auf den Hintern tätowieren würde?
    Denn ohne eigenen Willen des Kindes kann es nur die Abstammung dokumentieren.

    Und reden wir hier nicht faktisch über einen Opferungsvorgang?

    Die betroffenen Religionsgemeinschaften sollten von sich aus klarstellen,
    dass auch sie die Religionsfreiheit Dritter achten
    – in diesem Fall der kleinen Jungs,
    die noch weder Moslems noch Juden oder sonst was sind.

    Ich sehe verfassungsrechtlich keinerlei Spielraum.
    Eine Beschneidung setzt ein Mindestalter und die Zustimmung des Betroffenen voraus.

    Die Religionsgemeinschaften sollten klarstellen,
    dass auch sie die Grundrechte achten
    und für sie eintreten.

    Wenn sie sich anmaßen aufgrund ihres Glaubens Hand an Dritte zu legen,
    sind sie in letzter Konsequenz als verfassungsfeindlich einzustufen und entsprechend zu behandeln.

    Ich habe durchaus Verständnis für die erste Empörung über das Urteil
    aber auf den 2. Blick war es überfällig.
    Es gibt Werte, die sind nicht verhandelbar.

    Der Schutz des Grundgesetzes und der allgemeinen Menschenrechte gilt für alle
    – auch für alle Kinder!

    Ich hoffe sehr, dass sich hier bei allen Beteiligten die notwendige Einsicht durchsetzt.

    Comment by Till — 17.07, 2012 @ 19:02

  37. @101 Alex
    Sie erwähnen die Nahrungsgebräuche. Der Verzicht auf Schweinefleisch bei Juden und Moslems sowie das Tötungsverbot für Kühe in Indien soll, wich ich gestern las, nicht religiösen Ursprung haben, sondern Folge des Wassermangels durch übermäßigen Holzeinschlag sei, wodurch Kühe begehrte Brennstofflieferanten wurden und Schweine ekelig wurden, wenn sie sich mangels Wasser in Matsche suhlten.

    Nun höre ich, dass die Juden den Kult der Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben sollen und nach Abraham erst mal eine Lücke bis Josua war, wie Voltaire schreibt:
    http://www.correspondance-voltaire.de/html/phil-beschneidung.htm

    Nun sagt der Römer Herodot, dass die Ursprünge eher hygienischer Art war, während andererseits die Römer große Verachtung gegen die Juden hegten, was die Kreuzritter von ihnen übernommen haben, so wie sie ja viel Kulte der Römer übernommen haben (Fantatrinkende Pontifexe maximi z.B.):
    „Die lateinischen Autoren, welche die Juden mit so großer Verachtung behandeln, indem sie sie zum Beispiel spöttisch ‚curtus Apella‘, credat Judaeus Apella, curti Judaei nennen, geben den Ägyptern keine derartigen Beinamen.“ (siehe oben Voltaire)

    Haben Sie nun mal was gehört, welchen Grund die Ägypter hatten, so dass es die Juden übernahmen? Ist es Isis-Kult oder Hygiene wie Herodot vermutet?

    Hier übrigens ein Beschneidungsbild aus ägyptischer Zeit 2300 vor Christus in Sakkara: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Circumcision_Sakkara_3.jpg&filetimestamp=20060605171116

    Seit Finkelstein und Silberstein („Keine Posaunen vor Jericho“) wissen wir ja auch, dass die Geschichte mit den Trompeten von Jericho ganz ohne Mauern eher eine religiöse Überhöhung als eine historische Tatsache war :-)

    Comment by Wolfgang Ksoll — 17.07, 2012 @ 19:27

  38. @vehtoh — 17.07, 2012 @ 17:57

    Salute vehtoh!

    Sie schreiben:———-
    Nun zur sogenannten Beschneidung bei männlichen Menschen:
    Zur korrekten Durchführung der Brit verlinke ich folgende Seite: http://www.beschneidung-mohel.de/index.html
    Warum das Judentum den 8. Tag wählt, wird hier auch nachvollziehbar beschrieben.
    Auch meine Beschneidung war am 8. Tag. Es findet keine Genitalverstümmelung statt. Üblicherweise wird der obere Teil der Vorhaut entfernt, der die Eichel umschließen würde und nicht mehr. Es wird also nichts entfernt, was bei einer zukünftigen Betätigung fehlen oder Sexualität beeinträchtigen würde. Die Durchblutung funktioniert genauso wie mit kompletter Vorhaut. Ob sie besser oder schlechter funktioniert kann ich nicht sagen, denn mir persönlich fehlt dafür der Vergleich.
    ———————-

    Ihr „Vergleich“ ist mehr als verkürzt.

    1) Es gibt nicht die „weibliche Beschneidung“, bitte informieren Sie sich über die unterschiedlichen Arten dieser Form der Verstümmelung. Bei der „milden Sunnah“ bspw. wird dem Mädchen die Vorhaut der Klitoris entweder eingeritzt oder weggeschnitten. Eine Entfernung der Klitoris wie bspw. bei der sog. „Pharaonischen BEschneidung“ findet nicht statt.

    Jetzt erklären Sie mir bitte sachlich, wieso einem Jungen ohne medizinische Indikation ein hochgradig nervendurchwachsenes und errogenes Körperteil entfernt werden darf, einer Frau hingegen nicht. Falls wieder der Einwand kommt dass dies „nicht zu vergleichen wäre“, dann bitte lassen Sie bitte die Anatomie nicht außen vor und klären uns über die Unterschiede der weiblichen und der männlichen Vorhaut auf; kurzum, warum Sie der (korrekten und ethisch richtigen) Auffassung sind dass man dies Mädchen nicht antuen könne, man kleine Buben aber einen großen Prozentsatz ihrer hochempfindlichen, mit Nervenenden durchsetzten Teile des Sexualorgans komplett amputieren können sollte.

    Bitte konsultieren Sie hierzu ein aktuelles medizinisches/anatomisches Fachbuch Ihrer Wahl.

    „[…]das Mikroskop verrät uns, dass die Vorhaut eine bedeutende sensorische Funktion erfüllt. Ich denke, nein, ich bin der Überzeugung—dass die [Vorhaut] die höchste Konzentration an Nervenendungen des gesamten männlichen Körpers aufweist.“
    [Ken McGrath, Professor für Pathologie an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Auckland University of Technology]

    http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/die-vorhaut/neurologie-der-vorhaut-und-des-penis.html

    Studie über die us-amerikanischen Todesfälle nach Beschneidung (Abonnenten only, immerhin)
    https://mensstudies.metapress.com/content/b64n267w47m333x0/resource-secured/?target=fulltext.pdf&sid=k4eei0vrnmeuh3y41v4seerx&sh=www.mensstudies.com

    New York Times Artikel über diese (übrigens auch von den Befürwortern religiös-begründete) vermeintlich „mildere“ Beschneidungsform in Indonesien:

    http://www.nytimes.com/2008/01/20/magazine/20circumcision-t.html

    Comment by Manuel-Alexander — 17.07, 2012 @ 19:35

  39. Ärzte pfuschen gelegentlich. Das ist eine bedauerliche Tatsache. Es soll bei Blinddarmoperationen schon Todesfälle gegeben haben. Trotzdem würde Niemand auf die Idee kommen, aufgrund von Pfusch oder Unfall Blinddarmoperationen komplett zu verbieten. Der Bedauerliche Verlauf der beschneidung bei diesem Jungen war entweder Pfusch oder ein Unfall. Das gehört untersucht, und der Arzt eventuell auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld verklagt. Aber das hat rein gar Nichts mit einem generellen Verbot der Beschneidung zu tun.

    Ein Eingriff des Staates in die Erziehungsbefugnis der Eltern ist ein ziemlich schwerwiegender Eingriff. Der muss gut begründet sein. Bei der Beschneidung von Mädchen liegen solche Gründe zweifelsfrei vor. Bei der Beschneidung von Jungen habe ich da, was die Gründe angeht, große Zweifel. Möglich, dass ich mich hier irre. Aber das sollte in Ruhe und objektiv untersucht werden, und nicht in der jetzigen überhitzten Debatte politisch entschieden werden. Wir brauchen hier kein neues Gesetz, sondern lediglich die korrekte Anwendung bestehender Gesetze.

    Es ist ziemlich überheblich, die Gedankenwelt und Philosophie diverser Religionen als minderwertig hinzustellen. Wer Religiosität als minderwertig hinstellt, kann natürlich auch religiöse Symbole als minderwertig hinstellen. Für die Betroffenen haben solche Symbole aber durchaus einen hohen Wert. Eltern, die ihren Sohn beschneiden lassen, tun das ja nicht, um ihr Kind zu quälen, sondern (aus ihrer Sicht) zum Wohle des Kindes. So lange nicht erwiesen ist, dass die entsprechende Handlung für das Wohl des Kindes schädlich ist, sind solche Dinge zu respektieren. Dazu gehört auch, solche Ideen nicht als minderwertig abzutun.

    Und nur der Vollständigkeit halber: Ich bin Christ und halte ein solches Symbol für überflüssig. Ich bin nicht beschnitten, und hätte ich Kinder, würde ich sie nicht beschneiden lassen.

    Die Frage an Jeden hier lautet also nicht, ist die Beschneidung sinnvoll oder nicht. Wobei es übrigens keine Rolle spielt, ob die Gründe dafür religiöser, philosophischer, kultureller, hygienischer oder sonstiger Art sind. Die Frage lautet nur: Schadet die Beschneidung dem Wohl des Kindes (lässt sich das belegen?), und, ist eine eventuelle marginale Beeinträchtigung höher einzustufen als die seelischen, moralischen und sozialen Vorteile, die der Junge dadurch hat. Wenn der Schaden entsprechend ist, dann muss der Staat eingreifen. Auch jetzt schon und ohne ein neues Gesetz. Wenn nicht, hat der Staat sich hier rauszuhalten. Der Staat kann und muss fordern, dass solch ein Eingriff von qualifiziertem Personal durchgeführt wird, und der Staat muss im Fall von Pfusch das Rahmenwerk bereitstellen, nach dem geklagt werden kann. Sonst Nix. Es sei denn, Studien ergeben, dass in der Tat ein Schaden für das Wohl des Kindes vorliegt. Dann, und nur dann, hat der Staat die Pflicht, hier einzugreifen.

    Was ich im Wesentlichen dem Richter ankreide, ist seine Behauptung, dass die Eltern kein Recht hätten, diese Entscheidung für ihr Kind zu treffen. Warum sollten sie dazu kein Recht haben? Weil ein religiöses Symbol gegenüber der vorherrschenden Aufklärungs-Religion minderwertig ist? Das darf es nicht sein. Weil die Beschneidung schädlich ist? Das wäre zu untersuchen. Den Eltern ihre Entscheidungsbefugnis einfach so abzusprechen ist nicht gut. So Etwas tun Diktaturen. Eine pluralistische Gemeinschaft sollte differierende Ansichten respektieren. Und damit meine ich nicht „Deine Ansichten sind scheisse, aber du kannst von mir aus denken, was du willst“, sondern die Möglichkeit anerkennen, dass diese abweichenden Vorstellungen eventuell gleichwertig sein könnten.

    Comment by Siegfried — 17.07, 2012 @ 19:46

  40. @ RA Stadler

    Es gibt sicherlich Menschen unter Ihren Lesern, die wissen was bei einer Beschneidung passiert respektive einmal bei einer dabei waren.

    Für alle anderen empfiehlt es sich vielleicht eine unter Krankenhaus-Bedingungen (westl. Industrieland) durchgeführte Zirkumsion anzusehen. Wie das teilweise so bei einem Mohel, OHNE BETÄUBUNG aussieht, das weiss ich gerade nicht. Vll. ein werter Co-Kommentator?

    [This video is provided here as an educational resource for healthcare professionals, parents/guardians, and others who are interested in learning more about what circumcision entails — including the Doctor’s before and after talks.

    Actual surgery on a baby done by a doctor in a hospital is shown, so viewer discretion is advised. The video is unedited except for the muting out of the baby’s name.]

    http://video.google.de/videoplay?docid=8212662920114237112

    Trotz allem schöne Grüße,
    MA

    Comment by Manuel-Alexander — 17.07, 2012 @ 19:47

  41. @ Alex Also ich bin beschnitten allerdings Katholik, habe auch keine (mir bewussten) Probleme deswegen. Ich finde, man sollte die Debatte nicht über den Sinn und Unsinn von religiösen Riten führen, sondern über den Sinn und Unsinn der Beschneidung.

    Auch bringt es die Debatte um Beschneidung nicht weiter, auf mangelnde Ahndung von sexuellen Missbrauch in christlichen Institutionen hinzuweisen oder von der christlichen Kultur übernommene Staatsfeiertage.

    Ich bin im Zweifel für eine liberale Lösung (also erlauben solange nichts eindeutig dagegen spricht), auch wenn ich eigentlich wegen der objektiv vorgenommenen Körperverletzung rational erst einmal ein Verbot beführworten müsste, das dann durch eine gute Begründung für die Körperverletztung (wie wohlergehen des Opfers der Körperverletztung)aufgehoben werden kann.

    Und eben dieser „gute Grund“ kann nicht bei irgendwelchen magischen Ideen aus der Antike gesucht werden (auch wenn sie objektiv funktionieren sollten)oder durch populistische Retorik indirekt über die Anschuldigung derjenigen, die das Verbot ausprechen, konstituiert werden.

    Comment by Michael — 17.07, 2012 @ 20:06

  42. @Wolfgang Ksoll (Posting 100)

    […]siehe zu der absurden Gleichsetzung von männlicher Vorhautbeschneidung und weiblicher Clitoris-Verstümmelung auch[…]

    Schön Zustimmung, nur weichst Du vom Thema ab, denn ich schrieb nirgendwo etwas von der Beschneidung der Klitoris sondern explizit von einem Eingriff bei Mädchen der auf dem gleichen Level liegt wie die Beschneidung bei Jungen und das ist die Entfernung der Klitorisvorhaut, dem sich erwachsene Frauen aus verschieden Gründen freiwillig unterwerfen vgl. […]Vergleichbar mit der Zirkumzision, also der Entfernung der Vorhaut beim Mann, stellt die Klitorisvorhautreduktion den entsprechenden Eingriff bei der Frau dar. […] http://de.wikipedia.org/wiki/Klitorisvorhautreduktion
    Daher noch mal die Frage an Dich, befürwortest Du diese Art des Eingriffes auch bei kleinen Mädchen, wenn es denn den Eltern in den Sinn kommt bzw. im Rahmen der Religionsfreiheit?

    bombjack

    Comment by bombjack — 17.07, 2012 @ 20:09

  43. @Michael: „Irgendwelche magischen Ideen aus der Antike“, das ist genau das, was ich mit abwertend meine.

    Comment by Siegfried — 17.07, 2012 @ 20:16

  44. @102 vehtoh, Sie haben sich also seit Ihrer katholischen Jugend zum gläubigen Atheisten entwickelt oder wie soll ich Ihren Text verstehen?
    Haben Sie außer Distanzierungsbemühungen noch irgendetwas zur Sache beizutragen? Woher glauben Sie eigentlich, dass ausgerechnet Sie mit Ihren Texten irgendeinen aufklärerischen Effekt erzielen würden? Wollen Sie angesichts Ihres eigenen Standpunkts jetzt die Deutungshoheit übernehmen, wo mein Text hingehört? Sie erlauben sich ziemlich viel Selbstgerechtigkeit bei ziemlich wenig konstruktiven Beiträgen.

    Comment by Alex — 17.07, 2012 @ 23:11

  45. @104 Troll
    „Es ist traurig das Sie versuchen Unrecht mit Unrecht zu rechtfertigen.“
    Diesen Versuch habe ich nie gemacht und werde ihn auch nicht machen.
    Über die Strafwürdigkeit des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen müssen wir Beide nicht diskutieren. Es hat über 100 Beiträge gedauert, bis das mal zur Sprache kam. Eine aus meiner Sicht sehr fragwürdige und erschreckende Verhältnis- bzw. eher Unverhältnismäßigkeit.

    „Es ist schön das Sie bestätigen, das eine Beschneidung den gleichen strafrechtlichen Charakter hat wie der sexuelle Kindesmissbrauch.“
    Das ist Ihre selbstgestrickte Schlussfolgerung. Diese teile ich keinesfalls.

    „Danke für die Klarstellung, dann Sind wir uns ja einig das die Beschneidung strafbar ist und bei unmündigen abgeschafft gehört.“
    Ganz im Gegenteil. Ich befürworte nach wie vor die Brit. Sie war bisher nicht strafbar und das Kölner Urteil hat bestenfalls einen Denkanstoß geliefert.

    Comment by Alex — 17.07, 2012 @ 23:22

  46. @107 Wolfgang Knoll,
    „Sie erwähnen die Nahrungsgebräuche.“
    Ich kann mich jetzt nur einigermaßen kompetent über die Kashrut äußern. Das Schwein an sich frisst alles -also auch Aas- und die Aasfresser sind verboten. Nur Fische mit Schuppen und Flossen sind erlaubt, also kein Hai und keine Meeresfrüchte.
    Die Kashruth ist ziemlich komplex und innerhalb der orthodoxen Welt ein Work-in-progress.
    Hier die Kosherliste aus der Schweiz, die durchaus repräsentativ ist: http://www.irgz.ch/downloads/koscherliste_aktuell.pdf

    „Nun höre ich, dass die Juden den Kult der Beschneidung von den Ägyptern übernommen haben.“
    Von welcher Quelle haben Sie das gehört?
    Auf jeden Fall ist etwas dran. Die Völker untereinander haben sich Einiges an Riten und Gebräuchen abgeschaut und gegebenenfalls übernommen. Auch der Monotheismus lässt sich auf den Aton-Kult zurückführen. Moses und die Israeliten in Ägypten müssen diesen gekannt haben.
    Voltaire ist da eine sehr subjektive Quelle, denn er war dem Judentum gegenüber gelinde gesagt reserviert eingestellt:
    http://www.laqueur.net/index2.php?r=8&rr=0&id=59
    http://books.google.de/books?id=Q9DXouKcmZAC&pg=PA854&lpg=PA854&dq=Voltaire+und+Judenhass&source=bl&ots=Wx-4YLYP5N&sig=N-t7Re3qZzGdtWSbFXR8wBsDbZE&hl=de&sa=X&ei=SNwFUMrsFojhtQaP95WqBg&ved=0CFwQ6AEwCA#v=onepage&q=Voltaire%20und%20Judenhass&f=false
    Eine sehr aufschlussreiche Quelle über die Umgangsformen der herrschenden Völker und Kulturen ist Josephus Flavius: http://www.hagalil.com/judentum/fundamentalismus/2007-1.htm

    „Nun sagt der Römer Herodot, dass die Ursprünge eher hygienischer Art war, während andererseits die Römer große Verachtung gegen die Juden hegten…“
    Da ist der Durchblick von Herodot durchaus sehr viel höher einzuschätzen als bei den durchschnittlichen Römern.
    Interessant ist, dass die Hygienegesetze- dazu zähle ich auch die Speisegesetze- in dieser Region bei den verschiedenen Völkern hoch im Kurs standen. War die Wichtigkeit der Hygiene vielleicht nur wenigen Gelehrten bekannt, so ist es durchaus nachvollziehbar, dass dem „gemeinen Volk“ zu dessem eigenen Vorteil und zum Vorteil der sagen wir mal Volksgesundheit diese Regeln als göttliche Gebote und nicht nur als feudale Dekrete vermittelt werden. Welcher Gott auch immer sieht eben alles…Das hat durchaus mehr Autorität.

    Nicht nur die Posaunen vor Jericho sind eher allegorisch zu betrachten. Die 40 Jahre Wanderschaft in der Wüste Sinai sind ein Synonym dafür, dass niemand der als Sklave aus Ägypten ging, selbst das gelobte Land -Das Land wo man kein Sklave ist sondern frei- erreichte. Erst die folgenden Generationen -frei von den Erfahrungen der Sklaverei- kann und darf dieses Land besiedeln.

    Comment by Alex — 18.07, 2012 @ 00:28

  47. @108 Manuel Alexander,
    dass von Ihnen verlinkte Zitat ist von mir und nicht von Vehtoh. Deswegen antworte ich.
    Wir führen bezüglich des möglichen Verlusts an Sexualempfinden ein fruchtlose Debatte und auch die von Ihnen verlinkte Seite ist mehr demagogisch als informativ. Ob nun mit oder ohne Vorhaut besser für den Sex können letztendlich nur Sexualpartner/innen beurteilen, welche den Vergleich haben und da gibt es keine empirisch verwertbaren Ergebnisse also kann auch die Behauptung der nachlassenden sexuellen Leistungsfähigkeit bei beschnittenen Männern nicht stimmen. Die pro- und contra Diskussion der Brit findet auch innerhalb des Judentums statt. Da braucht es keine Moralapostel aus dem sogenannten christlichen Abendland, die erst Mal vor der eigenen Tür kehren sollten. Was ich meine, habe ich weiter oben schon beschrieben.

    Comment by Alex — 18.07, 2012 @ 00:54

  48. Bis vor wenigen Wochen habe auch ich der Propaganda aufgesessen, dass die Beschneidung von Jungen ein harmloser Eingriff sei, ein kleiner Schnitt, sozusagen. Bis ich diesen med. Lehrfilm über die Beschneidung eines amerik. Babys gesehen habe. Das Schreien und Wimmern des Kindes verfolgt mich seitdem. Herr Ksoll beruft sich ja auf die weite Verbreitung der Beschneidung in USA, erwähnt aber nicht, dass bis weit in die 70erjahre hinein Babies ohne Einwilligung der Eltern beschnitten wurden. Er unterschlägt auch, dass ursprünglich Sinn und Zweck der Beschneidung war, die Masturbation zu verhindern. Darüber redet man heute natürlich nicht mehr, das wäre political incorrect. Statt dessen beruft man sich auf angebliche med. Vorteile….um auch Nichtjuden und Nichtmuslime zu diesem fragwürdigen und brutalen Eingriff zu ermuntern. Was ist damit bezweckt außer dem Ziel eine gesellschaftliche Mehrheit zu schaffen, die diese Praxis befürwortet? Jemand hier in diesem Forum behauptete, alle Frauen würden die Beschneidung wünschen. Ich wünsche sie nicht!!! Wenn unsere Politiker versagen und das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit preisgeben, bleibt nur das Bundesverfassungsgericht.

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 11:32

  49. Auf die Abwägung der vom Grundgesetz geschützten Rechtsgüter Religionsfreiheit, Elternrecht und Unversehrtheit ist mehrfach hingewiesen worden. Meiner Meinung nach hat das Kölner Landgericht sich völlig zu Recht für das höherwertige Recht der körperlichen Unversehrtheit des Kindes entschlossen, in dem es die religiös motivierte Entfernung der Vorhaut bei minderjährigen Jungen als Körperverletzung wertet. Staatliche Institutionen werden damit also verpflichtet, die Kinder vor solchen Eingriffen zu schützen. Da hilft auch kein Elternwille im Sinne der Vorsorge. Ebensowenig hilft eine gesetzliche Regelung, die der Bundestag hier eiligst zusammenzimmern will. Ein Grundrecht entzieht sich der einfachen gesetzlichen Manipulation, zumal dasjenige, das hier zur Diskussion steht.
    Die körperliche Unversehrheit kann auch nicht auf bestimmte Personengruppen beschränkt, noch können einzelne davon ausgenommen werden. (Der Hinweis auf die Einschränkung bei Soldaten zieht hier nicht, denn diese Ausnahme ist Teil des Grundgesetzes.) Die säkulare Gerichtsbarkeit hat gar keine andere Wahl, als die Gesetze für alle gleich auszulegen. Ich kann den Abgeordneten nur empfehlen, sich nicht auf dieses Glatteis zu begeben. Ihr „Gesetz“ wäre wertlos. Und wenn schon die Relgionsfreiheit hier immer wieder angeführt wird: wer schützt denn die Religionsfreiheit der 8 Tage alten Söhne jüdischer Eltern ? Wenn die Entfernung der Vorhaut nach jüdischem Glauben konstitutiv für die Zugehörigkeit zum Judentum ist, dann darf die Entscheidung dazu nur in freier Selbstbestimmung getroffen werden, weil irreversibel. Und genau hier greift der Schutz der Religionsfreiheit durch das Grundgesetz. Es geht nicht um die Religionsfreiheit der Eltern.

    Comment by Jochen Fischer — 18.07, 2012 @ 12:00

  50. @ misty, die Diskussion über Pro- und Contra der Brit ist fast 2.000 Jahre alt. Die judeo/christlichen Gruppen in der Antike (Juden, die dem Messias Jesus anhingen) provozierten genau den offiziellen Bruch und damit die Stiftung der christlichen Religion mit dem Abschaffen der Brit für die eigenen männlichen Nachgeborenen. Seitdem gehen die beiden Religionen getrennte Wege.
    In der liberalen jüdischen Welt gibt es ebenfalls eine kleine Bewegung, die Brit durch eine symbolische Beschneidung zu ersetzen.
    http://www.nocirc.org/symposia/second/rothenberg.html
    Insgesamt gibt es allerdings nach wie vor den Konsens, dass man spätestens bis zur Bar Mizwah die Beschneidung durchgeführt haben muss, um ein vollwertiges Mitglied in jeder jüdischen Gemeinde zu werden.
    Hier ein Link zu einem sehr sachlichen Bericht darüber: BesBeschneidung und jüdische Identität http://a-r-k.de/britmila/
    Es macht deutlich, dass zur Zeit die Kriminalisierung der Brit vergleichbar ist mit einer Kriminalisierung der Taufe.
    Das macht die sehr emotionale Reaktion auf das Kölner Urteil nachvollziehbar.

    Der ursprüngliche Sinn und Zweck der Brit war der Ersatz des Rituals des Opferns des Erstgeborenen, der noch vor gut 4000 Jahren bei den verschiedenen Völkern praktiziert worden ist. In der Relation war die Brit durchaus ein Fortschritt. An das Verhindern der Masturbation hatte zu dem Zeitpunkt niemand ernsthaft gedacht.
    Die Sexualmoral in der Antike war durchgehend erheblich lockerer als zur Zeit von Maimonides. Nicht umsonst wird diese Zeitspanne „Mittelalter“ genannt.
    Maimonides Meinung dazu ist innerhalb der jüdischen Welt sehr viel weniger bindend als zum Beispiel die Meinung eines Papstes zur Empfängnisverhütung und deren Befolgung durch die Mehrheit der Katholiken. Ich habe hier nirgendswo gelesen, dass alle Frauen die Beschneidung wünschen würden. Wo haben Sie das gelesen?

    Comment by Alex — 18.07, 2012 @ 12:40

  51. @alex
    mag sein, dass die Entfernung der Vorhaut vor 4000 Jahren ein Fortschritt war. Aber Sie und ich leben heute im 21. Jahrhundert und da wird es langsam Zeit für den nächsten Schritt, nicht wahr? Über die Sexualmoral in der Antike erlaube ich mir kein Urteil. Die Einführung der Beschneidung im protestantisch-prüden Amerika im 19. Jahrhundert hatte allerdings sexualfeindliche Gründe: Es ging den Befürwortern in erster Linie darum, die Masturbation von Jungen zu verhindern In Europa griff man allerdings zu anderen Mitteln, um dies zu verhindern. Welcher Teilnehmer es war, vielleicht Herr Ksoll?, der die Behauptung aufstellte, dass die Frauen überwiegend für die Genitalverstümmelung seien, kann ich Ihnen nicht mehr sagen, nur soviel: Es war ein Befürworter und er berief sich dabei auf Frau Merkel, Frau Schröder und Frau Schwarzer….Ich stimme Ihnen allerdings zu, dass diese drei Damen nicht repräsentativ sein dürften. Es wundert mich allerdings schon, dass die Entrüstung der Männer ziemlich verhalten ist im Vergleich zu der Entrüstung, wenn es um die Verstümmelung der Klitoris geht. Offenbar herrscht hier noch immer ein großes Informationsdefizit. Die Desinformationskampagne der letzten Jahrzehnte („ein kleines Schnittchen“ bzw. „Hautzipfelchen“) trägt offenbar seine Früchte. Heute kann sich allerdings jeder informieren, was eine Beschneidung wirklich bedeutet, wenn er nur will:
    http://video.google.com/videoplay?docid=8212662920114237112

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 13:06

  52. als weitere Infoquellen seien genannt:
    http://www.pflegewiki.de/wiki/Zirkumzision
    http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung.html

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 13:11

  53. Zum verlinkten Wikipedia-Artikel „Sexual effects of circumcision“ sei angemerkt, dass dieser –wie alle englischsprachigen Wikipedia-Artikel um das Thema Beschneidung– vor allem von einem einzigen Wikipedianer kontrolliert werden: Jake Waskett (User:Jakew), ein radikaler Beschneidungsfetischist, der sich (obschon kinderlos und homosexuell) seit etlichen Jahren auf Internetforen für werdende Mütter herumtrollt und versucht, mit fadenscheinigen Argumenten Frauen zur Genitalverstümmelung ihrer Söhne zu überreden. Jake Waskett, seines Zeichens Programmierer ohne jede medizinische Bildung, scheut auch nicht davor zurück, sich selbst in Wikipedia-Artikeln als „Amateur Researcher“ zu zitieren. Daher sollte man sämtliche Wikipedia-Informationen bzgl. Beschneidung mit *äußerster* Vorsicht genießen. „Umstritten“ sind die negativen Auswirkungen nur in der Pro-Verstümmelungs-Lobby.

    Comment by Martin — 18.07, 2012 @ 13:50

  54. @116 Alex
    Der Hinweis auf Ägypten steht in dem auch von Stadler empfohlenen deutschen Wikipedia_Artikel (inkl. Link auf das ägyptische Beschneidunsgbild)
    http://de.wikipedia.org/wiki/Circumcision

    Zu dem Schweinefleischverbot: Ähnlich wie bei den Trompeten von Jericho gibt es auch da modernere Erklärungsversuch siehe Marvin Harris in http://de.wikipedia.org/wiki/Schweinefleisch

    Da im fruchtbaren Halbmond (Zweitstromland-Syrien-Ägypten) Hochkulturen weit vor den Juden und Moslems die Beschneidung entwickelten, sidn die religiösen Monotheistenvorschriften für die Erklärung relativ belanglos (und durch die Fälschungen der judäischen Priester siehe Trompeten irreführend). Es bleibt die Frage im Raum, warum in früheren Hochkulturen beschnitten wurde. Wusste man um die hygienischen Probleme (wie bei Schweinen)?

    Heuchlerisch jedenfalls ist es, das hohe Lied der körperlichen Unversehrtheit zu singen und die Frauen mit ihrem Gebärmutterkrebs wie Borchert weiland einfach draußen vor die Tür zu stellen. Wie es scheint, nutzen Fundamentalisten das Sommerloch, um eine irrationale Sau durchs Dorf zu treiben.

    Ich glaube wir haben Forschungsbedarf.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.07, 2012 @ 14:34

  55. @Ksoll

    Vergleichen Sie hier allen Ernstes Schweine mit Männern???
    Ich glaube, Herr Ksoll, wir haben keinen Forschungsbedarf. Ich glaube, der Mensch ist so, wie er auf die Welt kommt, ganz o.k. Er braucht keine chirurgischen „Optimierungen“, ist er doch ein Geschöpf Gottes. Dass unbeschnittene Babies eine Gesundheitsgefahr für Frauen darstellen, wäre mir vollkommen neu. Ihre pseudowissenschaftlichen Rationalisierungen der Beschneidung wirken hilflos und peinlich.

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 14:49

  56. Tradition: Just because you’ve always done it that way doesn’t mean it’s not incredibly stupid.

    Comment by Werner — 18.07, 2012 @ 15:30

  57. @Ksoll

    Sind Sie zwangsbeschnitten? Das würde erklären, weshalb Sie hier so vehement die Beschneidung verteidigen. Anstatt sich Sorgen um Gebärmutterhälse zu machen, suchen Sie sich lieber einen guten Psychoanalytiker.

    Comment by Marion — 18.07, 2012 @ 15:36

  58. Hallo Alex,
    ich beziehe mich noch einmal auf ihr Posting in welchem sie zu argumentieren versuchen

    —-Auch meine Beschneidung war am 8. Tag. Es findet keine Genitalverstümmelung statt.
    Üblicherweise wird der obere Teil der Vorhaut entfernt, […]Ob sie besser oder schlechter funktioniert kann ich nicht sagen, denn mir persönlich fehlt dafür der Vergleich.
    —————-

    1) Ich habe Sie lediglich darauf hingewiesen dass Ihnen ein Großteil sensibler Nervenzellen unwiederbringlich weggeschnitten wurde, ob Ihnen das egal ist vermag ich nicht einzuschätzen.

    Weder meine Person und auch die meisten Diskutanten die ich hier so lese postulieren, dass ein Beschnittener zwingend keinen problemlosen GV mehr haben könnte.
    Dem Großteil ist das sicherlich möglich. Nicht möglich hingegen ist der GV für die drei bis vierstellige stellige Anzahl an Säuglingen die bei einer medizinisch nicht-induzierten Prozedur in US-amerikanischen-Krankenhäusern seit den 70ern umgekommen sind. Nicht möglich ist es den Tausenden deren Eichel bei dem Eingriff unwiederbringlich geschädigt wurde. Auch blenden Sie vollkommen aus dass Sie persönlich nicht (es ist großartig dass es bei Ihnen komplikationslos lief) die Instanz sind die diese Frage für jene die später massive Probleme haben zu bestimmen haben.

    Auf die Ihnen angetragenen Fragen gehen Sie mit keinem einzigen Wort ein.
    ——————–
    Zitat Alex:
    Damit wäre der fundamentale Unterscheid zu einer Beschneidung der weiblichen Geschlechtsorgane gegenüber der Brit hinreichend und hoffentlich auch abschließend erklärt. Eine Beschneidung bei Mädchen/Frauen ist eine dauerhaft einschränkende Genitalverstümmelung, die Brit ist es nicht.
    ——————–
    Abschließend? Sie gehen auf keine Argumente ein, erzählen ein bisschen aus ihrem Nähkästchen und möchten die Sache somit abgeschlossen wissen. Nicht Ihr Ernst hoffentlich.

    Meine Replik:
    —————————————————–
    Zitat MA
    Ihr “Vergleich” ist mehr als verkürzt.
    1) Es gibt nicht die “weibliche Beschneidung”, bitte informieren Sie sich über die unterschiedlichen Arten dieser Form der Verstümmelung. Bei der “milden Sunna” bspw. wird dem Mädchen die Vorhaut der Klitoris entweder eingeritzt oder weggeschnitten. Eine Entfernung der Klitoris wie bspw. bei der sog. “Pharaonischen Beschneidung” findet nicht statt.
    Jetzt erklären Sie mir bitte sachlich, wieso einem Jungen ohne medizinische Indikation ein hochgradig nervendurchwachsenes und erogenes Körperteil entfernt werden darf, einer Frau hingegen nicht. Falls wieder der Einwand kommt dass dies “nicht zu vergleichen wäre”, dann bitte lassen Sie bitte die Anatomie nicht außen vor und klären uns über die Unterschiede der weiblichen und der männlichen Vorhaut auf; kurzum, warum Sie der (korrekten und ethisch richtigen) Auffassung sind dass man dies Mädchen nicht antuen könne, man kleine Buben aber einen großen Prozentsatz ihrer hochempfindlichen, mit Nervenenden durchsetzten Teile des Sexualorgans komplett amputieren können sollte.
    Bitte konsultieren Sie hierzu ein aktuelles medizinisches/anatomisches Fachbuch Ihrer Wahl.
    ——————

    Sie gehen mit ihrer anschließenden Antwort auf keines der Argumente ein (Strohmann: –Möglichkeit des GV- die ich überhaupt nicht, schon gar nicht pauschal in Abrede gestellt habe. Erneute Lektüre meines Beitrags angebracht)

    Noch einmal langsam:
    Wo sehen Sie (siehe 1) nun den Unterschied zwischen weiblicher Klitorisvorhaut und der männlichen? Und welche hat mehr Nervenenden? Kommt darauf nicht an? Warum das Ritzen/Abtrennen dieses Körperteils bei Mädchen (wie sie schreiben) Genitalverstümmelung und bei Jungs nicht?
    Eine Frau die in Ihrer Kindheit eine „milde“ Sunnah zu durchleben hatte ist selbstredend auch nicht automatisch unfähig zum GV, bitte informieren Sie sich noch einmal über die unterschiedlichen Prozeduren.

    —————————————-
    Zitat Alex:
    Wir führen bezüglich des möglichen Verlusts an Sexualempfinden ein fruchtlose Debatte und auch die von Ihnen verlinkte Seite ist mehr demagogisch als informativ. Ob nun mit oder ohne Vorhaut besser für den Sex können letztendlich nur Sexualpartner/innen beurteilen, welche den Vergleich haben und da gibt es keine empirisch verwertbaren Ergebnisse also kann auch die Behauptung der nachlassenden sexuellen Leistungsfähigkeit bei beschnittenen Männern nicht stimmen. Die pro- und contra Diskussion der Brit findet auch innerhalb des Judentums statt. Da braucht es keine Moralapostel aus dem sogenannten christlichen Abendland, die erst Mal vor der eigenen Tür kehren sollten.[…].
    ————————————-

    Ihre Replik ist neben einem bereits angesprochenem Strohmann (siehe zuvor hinsichtlich Möglichkeit GV) und einem ad hominem („Moralapostel“/dem s.g. christlichen Abendland zugehörig) auf KEINES der Argumente eingegangen und hat mind. einen weiteren Strohmann produziert.

    1) Hochgradig sensibles Nervengewebe wird weggeschnitten
    a) Bei Jungen; GV+Orgasmus mehrheitlich möglich
    b) Bei Mädchen (s.g. „milde sunnah“), GV+Orgamus (da Klitoris vollständig erhalten) mehrheitlich möglich
    Sie meinen nun bei 1a) käme es auf den Sexualpartner an? Erklären Sie bitte doch einmal genau inwieweit nun ein erwachsener GV-Partner wissen kann, inwiefern der Beschnittene nun mit weniger Nervenzellen einen gleichwertigen Orgasmus haben kann? Kann das irgendjemand, ja kann das der im Kindesalter Beschnittene selbst? Kommt es bei weiblichen Beschnittenen auch auf die Einschätzung des Sexualpartners an? Ja? Nein? Finden Sie sicherlich wieder total „unvergleichbar“, wäre schön wenn Sie uns zumindest im 3. Anlauf nun endlich einmal erklären warum.
    Weiterhin: Erklären Sie doch einmal was jene Männer machen die nach der Beschneidung als Kleinkind massive Probleme beim GV haben, lief nicht bei allen so knorke wie bei Ihnen.
    VG!
    MA

    Comment by Manuel-Alexander — 18.07, 2012 @ 15:46

  59. @misty

    „Vergleichen Sie hier allen Ernstes Schweine mit Männern???
    Ich glaube, Herr Ksoll, wir haben keinen Forschungsbedarf. Ich glaube, der Mensch ist so, wie er auf die Welt kommt, ganz o.k. Er braucht keine chirurgischen “Optimierungen”, ist er doch ein Geschöpf Gottes.“

    Sie sind aber hart drauf :-) Bei den Schweinen ging es darum, dass religiöse Riten oft nicht in der Religion ihre Ursache habe, sondern in der Erfahrung mit der Umwelt.

    Das Sie zum Beispiel Herzschrittmacher für Babies für überflüssig halten, zeigt erneut, dass es Ihnen nicht um Gesundheit sondern um die Pflege des Brauchtums der Kreuzritter geht.
    http://www.shortnews.de/id/145608/Kleinster-Herzschrittmacher-der-Welt-fur-Baby

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.07, 2012 @ 16:41

  60. @stadler
    „Update vom 18.07.2012“
    Bei dem juristischen Beitrag fürs Ärzteblatt fehlen die Diabetes-induzierten Phimosen. Von daher halte ich es für besser, wenn Ärzte und nicht Juristen Übersichten über medizinische Sachlagen erstellen.

    „Die Balanitis und die Phimose werden bei Diabetikern auch sehr häufig gefunden. Im Vergleich zu Nichtdiabetikern gibt es Berichte, dass die Prävalenz von Balanitis bei Diabetikern 16% vs. 5,8% beträgt. Auch hier gibt es wieder Hinweise, dass eine Balanitis bis zu zwei Jahre vor der Erstdiagnose eines Diabetes gefunden werden kann. Die Häufigkeit der Phimose beträgt bei Diabetikern bis zu 32%. Wenn auch die Phimose bzw. die Balanitis nicht direkt zu einer erektilen Dysfunktion führen, so kommt es zu schmerzhaften Erektionen und damit zu physischen, aber auch psychischen Problemen bei der Durchführung des Geschlechtsverkehrs.“
    http://diabetologie.universimed.com/artikel/andrologie-diabetes-die-erektile-dysfunktion-beim-diabetiker

    Bei der Heranziehung des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit fehlt bei den männlichen Autoren regelmäßig auch die Abwägung des Gebärmutterhalskrebsrisikos für Frauen. Aber auch Frauen haben ein Recht auf körperlich Unversehrtheit, nicht nur männliche Kinder.

    Das Gesetzgebung immer komplex ist, ist trivial. Das haben wir schon beim simplen Melderegister gerade gesehen. Was aber neben der männlich-rechtlichen und religiösen Sichtweise auch fehlt, ist die ökönomische. Es gibt keine Übersichten, ob eine regelmäßige prophylaktische Beschneidung möglicherweise kostengünstiger ist, als da Warten auf Phimosen bei pubertierenden Knaben, Gebärmutterhalskrebs von Müttern in der Blüte ihres Lebens und Phimosen der alten Diabetikern. Auch hier korrelieren Kosten mit Elend und Leid der Betroffenen.

    Ich denke, dass man den Untersuchungsgegenstand erst mal gründlich ausleuchten sollte, bevor man zu übereilten Schlüssen kommt. Es drängt ja auch nicht. Die USA sind ja auch nicht untergegangen, weil die Hälfte der Männer beschnitten ist.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.07, 2012 @ 16:54

  61. Salute Herr Ksoll!
    Zitat von Ihnen:——-
    „Heuchlerisch jedenfalls ist es, das hohe Lied der körperlichen Unversehrtheit zu singen und die Frauen mit ihrem Gebärmutterkrebs wie Borchert weiland einfach draußen vor die Tür zu stellen. Wie es scheint, nutzen Fundamentalisten das Sommerloch, um eine irrationale Sau durchs Dorf zu treiben.“ ——————-

    So eine Frau keinen Gebärmutterhalskrebs bekommen möchte, ist es ratsam auf Nummer sicher zu gehen und entweder geschützten Verkehr zu haben, oder sich (wie es in meiner Generation bei vielen üblich ist (u25) gemeinsam zum Arzt gehen und sich testen lassen. Von der Möglichkeit, dass sich eine Frau mit einer gewissen Schutzwirkung impfen lassen kann, ganz zu schweigen.
    Wie Sie aus dem Umstand, dass einige Frauen die ungeschützten GV haben sich eine Krankheit einfangen können herleiten möchten, dass es erlaubt sein solle, allen männlichen Kleinkindern einem irreversiblen Wegschnitt ziemlich empfindsamen Nervengewebes aussetzen zu können, bleibt unverständlich.

    Sollte sich herausstellen dass es irgendeine von Frauen übertragene Krankheit gibt, die mittels irgendeines Rumschneidens im Genitalbereich von Mädchen später mit geringerer Wahrscheinlichkeit Männer infiziert, ich müsste keinen Augenblick zögern um bei meiner Meinung zu bleiben, dass dies ein barbarischer Akt und ein schwerwiegender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Person wäre.

    Umgedrehte Perspektive: Krankheit wird bei ungeschütztem GV auf Männer übertragen, Schutz durch Kondome möglich, Impfung größtenteils mit gewisser Schutzwirkung möglich, Test auf Krankheit vor GV auch möglich, jetzt stellen Sie sich bitte vor hier würden sich nun Männer hinstellen und irgendwelche Eingriffe bei kleinen Mädchen verlangen, die das Wegschneiden eines gewissen Prozentsatz von Nervengewebe im Genitalbereich beinhaltet um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beim ungeschützten Verkehr von einer Infektion verschont zu bleiben.

    Man ginge (im besten Fall) zu Recht davon aus, dass die Herrschaften“ nicht ganz sauber wären“ (wie wir in diplomatisch Bayern sagen)

    Übrigens, was mit dem nicht gerade kleinen Anteil an Homosexuellen, die mit ihrem Penis nicht gerade oft in der Nähe eines weiblichen Genitals auftauchen?

    Wie wird HPV eigentlich meist übertragen, dass man schon Babies beschneiden muss, kennen Sie viele unter 14-Jährige, die da als potentielle Überträger in Frage kämen? Ganz zu schweigen von dem Umstand, dass sie nachgerade in’s schwimmen kommen wenn sie die Grundrechte einer Person im nicht-einwilligungsfähigen Alter derart beschneiden möchten, da unter Umständen irgendwann einmal eine DRITTE PERSON betroffen sein könnten. Fast hätte ich gesagt, wenn Sie ernstlich dieses Fass aufmachen möchten, dann… aber zuvor las ich einige andere Ihrer „Beiträge“ und meine:

    Schöne Grüße! MA

    PS Ist „Ksoll“ eigentlich ein telling name?

    Comment by Manuel-Alexander — 18.07, 2012 @ 17:19

  62. @ksoll
    Sie verdrehen mal wieder die Tatsachen. HART drauf sind m.E. jene Leute, die Babies ohne Betäubung 50 % der Vorhaut abschneiden. Wie kommen Sie darauf, dass ich Herzschrittmacher bei Babies für überflüssig halte? Solange Sie nicht gesunden Babies eingepflanzt werden, habe ich kein Problem damit. Es fällt auf, dass sie ständig mit Unterstellungen und Verdrehungen und unbewiesenen Behauptungen arbeiten. Sie verschweigen aber auch, dass in den USA mit dem Verkauf der Vorhäute ein gutes Geschäft gemacht wurde. Es gibt hier viele Interessen, die im Spiel sind. Manche Ärzte verdienen wohl auch ganz gut mit der Beschneidung von Kindern. In USA verkaufen sich aus Gleitmittel für GV recht gut, hörte ich. Bloß über die Interessen der Kinder reden Leute wie Sie nicht. Bitte überlassen Sie es doch erwachsenen Männern, ob sie sich ihrer Vorhaut aus religiösen oder sonstigen Gründen entledigen wollen. Man sollte die Beschneidung von 8 Tage alten Babies ohne Betäubung das nennen, was es ist: FOLTER!

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 18:11

  63. @ 113 Siegfried
    Es ist nun mal Glaube an die magische Verlinkung von Beschneidung und dem Wohlgefallen einer Übernatürlichen Wesenheit. Es wurde doch auch die Taufe zitiert und damit verglichen, die genauso eine magische Gemeinschaft mit einem Übernatürlichen Wesen herstellen/ garantieren soll.

    Das kann und darf aber nicht Begründung für den Deutschen Staat sein, dies zu erlauben (in einer defacto Theokratie wie den Iran z.B. schon). Es muss also davon ausgegangen werden, dass es sich erstmal um ein sozial, d.h. von Menschengruppe motiviertes, Ritual handelt. Und es wird nicht (mehr?) primär aus Hygienegründen praktiziert, sondern aus dem Sehnen Teil der Gemeinschaft zu sein (oder eben der Furcht nicht Teil dieser Gemeinschaft zu sein ohne das Ritual). Was die Sache kompliziert macht, ist dieses Sehnen oder diese Furcht eben nicht die des beschnittenen ist, sondern die seiner Erziehungsberechtigten.

    Comment by Michael — 18.07, 2012 @ 18:11

  64. letztlich geht es hier aber auch um die Frage, was in Zukunft aus unserem Rechtsstaat werden soll. Die körperliche Unversehrtheit eines Menschen, besonders eines schutzbedürftigen Kindes ist ein zentraler Wert in unserer Gesellschaft und Kultur. Wie lange hat es gedauert, bis wir die Prügelstrafe an Schulen abgeschafft haben? Diese Werte stehen heute auf dem Spiel. Sollen wir diese relativieren aufgrund von Einwanderern, die ihre eigenen Werte mitbringen? Und wo ist dann die Grenze?

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 18:15

  65. @Michael: „magisch“ ist eine Wortwahl, die abwertend ist. Jednfalls in diesem Zusammenhang. Mit „magisch“ wird automatisch die Nichtexistenz verbunden, da Magie als nicht existent gilt.

    Und „übernatürliche Wesenheit“ stimmt im Prinzip. In Verbindung mit der o.g. Verwendung von „magisch“ impliziert dies aber ebenfalls die Nichtexistenz dieses Wesens. Gehen wir doch einfach mal von der Möglichkeit aus, dass dieses Wesen existiert. Wenn dieses Wesen existiert, dann könnten solche Rituale Sinn machen. Ob man das dann magisch, spirituell, göttlich oder sonstwie nennt, lasse ich mal aussen vor. Es geht darum, nicht von vornherein von einem bewiesenen Irrtum seitensd der sogenannten Gläubigen auszugehen, denn dass sie sich irren ist nicht bewiesen.

    Desweiteren wurde der Begriff „antik“ verwendet. Erstens ist nicht Alles, was antik ist, deswegen minderwertig, und zweitens ist nicht Alles, was modern ist, nur deshalb höherwertig. Alels in Allem handelt es sich um divergierende und überschneidungsfreie Weltbilder, wobei von keinem dieser Weltbilder die Korrektheit bewiesen werden kann. Also sollte man sich zumindest der Herabsetzung anderer Weltbilder enthalten.

    Das einzig relevante Kriterium, und das beantwortet auch die rhetorische Frage von Misty, ist, ob dieses Ritual dem Kind schadet. Also nicht konkret in diesem Fall, sondern generell, da es sich um ein generelles Verbot handelt. Der Richter hat den Eltern die Entscheidungsbefugnis rundweg abgesprochen. Mit welchem Recht? Ist es wirklich bewiesen, dass die Beschneidung schädlich ist? Wenn nicht, sehe ich hier immer noch die Entscheidungsbefugnis der Eltern als wichtiger an als die Entscheidungsbefugnis des Staates. Der Staat hat nicht das Recht, nur „rechtgläubige“ aka linientreue Eltern ihre Kinder erziehen zu lassen. Ein pluralistischer Staat hat andere Lebensentwürfe zu tolerieren, so lange damit Niemand geschädigt wird. Das heisst, das einzig relevante Kriterium ist die Schädigung des Kindes, und nicht, ob wir solch einen Lebensentwurf für Blödsinn, überkommen, veraltet, Irrsin oder wer weiss sonst noch wie halten. Es ist nicht unsere Aufgabe oder unser Recht, den Lebensenturf zu werten, sondern nur, wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich des Kindeswohls anzuwenden.

    Wo soll das noch hinführen? Ganz einfach: Keine Sondergesetze für irgendwie geartete Gemeinschaften, weder gesonderte Verbote noch gesondrte Gebote. Gleiches Recht für Alle. Schutz der Familie. Schutz des Kindeswohls. Also Alles Dinge, die in der Theorie bereits existieren. Und in der Diskussion ubnbedingt die Herabwertung des Gegenübers vermeiden.

    Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass die Beschneidung eines 4jährigen schädlicher ist als die eines 8 Tage alten Säuglings. Aber solche Dinge wären eben zu untersuchen. Ohne ideologische Brille.

    Comment by Siegfried — 18.07, 2012 @ 18:59

  66. @Manuel-Alexander
    Ave!
    „So eine Frau keinen Gebärmutterhalskrebs bekommen möchte, ist es ratsam auf Nummer sicher zu gehen und entweder geschützten Verkehr zu haben, oder sich (wie es in meiner Generation bei vielen üblich ist (u25) gemeinsam zum Arzt gehen und sich testen lassen. Von der Möglichkeit, dass sich eine Frau mit einer gewissen Schutzwirkung impfen lassen kann, ganz zu schweigen.
    Wie Sie aus dem Umstand, dass einige Frauen die ungeschützten GV haben sich eine Krankheit einfangen können herleiten möchten, dass es erlaubt sein solle, allen männlichen Kleinkindern einem irreversiblen Wegschnitt ziemlich empfindsamen Nervengewebes aussetzen zu können, bleibt unverständlich.“

    Man kan es machen, wie die Juristen und von einzelnen Fällen auf das Allgemeine schliessen. Man kann nur dne kleinen Jungen shen, den pubertierenden, die Frau und den Alten weglassen. Kann man machen. Aber es ist nicht sachlich.

    Andere machen Life-Cycle-Analysen. Sehen Sie sich mal diesen Bericht an:
    http://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta265_bericht_de.pdf
    Da sind eine menge interessanter Angaben über die Schutzimpfungen, das Impfalter von Mädchen (bis 17), die Kosteneffizienz von Screening und Zytologie (die sich auf Life-Cycle-Überlegungen stützt, usw. Aber es bleibt nicht einfach, selbst bei den Medizinern dann.

    Am Rande: wenn Sie Schwierigkeiten mit anderer Leuts Namen haben, können Sie unter verwandt.de die statistissche Relevanz ihres Problems abfregen, z.B.:
    http://www.verwandt.de/karten/absolut/ksoll.html
    Man muss sich vor Augen halten, dass Juristen mit ihrer Dogmatik das Problem nicht ganzheitlich erfassen können. Wir haben es beim Strahlenkrebs gesehen: obwohl es allgemein anerkannt ist, dass ein statistischer Zusammenhang zwischen Strahlenkrebs und Strahlung aus einem Kernkraftwerk besteht, müssen Juristen eine glasklare Ursache-Wirkungs-Beziehung (also wie Physiker vor 1920) bewiesen bekommen.

    Als selbsternannter Sprecher der U25-Generation und Sprecher der weiblichen U17-Impflinge kann es da leicht passieren, dass Sie was übersehen. Z.B. leben unsere Politiker wie Gauck, Seehofer, Wulff alle nicht monogam und haben neben der Ehe trotz gegenteiligem religiösen Versprechen Sexual-Verkehr. Und bei HPV gilt wie bei HIV (und bei Schwangerschaft, siehe Seehofer und Wulff): One wrong fuck!

    Um zu einer einigermaßen fairen Beurteilung zu bekommen, muss man daher Chancen und Risiken über den kompletten Lifecycle von Männlein und Weiblein abwägen, anstatt zu sagen, das Lebensglück den 8-tägigen Knaben wiegt mehr als das der 35-jährigen Mutter, die durch den falschen Lover ihre Kinder zu Waisen macht.

    Die Mediziner zeigen, dass sie wenigsten in Teilen auf dem richtigen Weg mit den richtigen Methoden und rationalen Sichten sind. Von Religionseiferern (auch im atheistischen Lager) und Juristen kann man das noch nicht sagen. Deshalb wird es ein wenig dauern, bis wir vernünftige Gesetze bekommen.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.07, 2012 @ 19:13

  67. @misty
    „Ich glaube, der Mensch ist so, wie er auf die Welt kommt, ganz o.k. Er braucht keine chirurgischen “Optimierungen”, ist er doch ein Geschöpf Gottes.“

    Sehen Sie, da sind wir halt unterschiedlicher Meinung. Wo Sie für die körperliche Unversehrtheit der Kinder Gottes predigen, kann ich mir auch einen chirurgischen Eingriff für einen Herzschrittmacher bei einem Baby vorstellen.

    Gott ist eine schöne Sache, wenn man ihm eine schöne Kirche baut und darin auf einer schönen Orgel Bach-Musik spielt, der seinen Herrn über alle Maßen liebte. Aber chirurgische Optimierungen unter Berufung auf IHN verbieten ist mir zu letal.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 18.07, 2012 @ 19:18

  68. Ab und an ziemlich verstörend:Die internationalen Stimmmen (Israel mal aussen vorgelassen): Die Washington Post lässt mit einen der berühmtesten und medial präsentesten Rabbis(David Wolpe)ein wenig kadenzschleifend Kurzprosa aufsetzen.

    …………………….

    In Germany there is a move
    To outlaw circumcision.
    I take to verse to summarize
    This outrage with concision.

    The WHO recommends
    That no male miss a bris
    The snip that saves, WHO raves
    Does not diminish bliss.

    Far from disfigurement, it is
    A sacred, ancient rite.
    A covenant crossing untold ages
    Father Abraham’s requite.

    And yet, today, in Germany
    –the ironies abound–
    This Jewish practice meets a sanction
    Where once indeed was found

    Many who were circumcised
    And versed in Jewish lore.
    Perhaps the Germans have forgotten
    For they are there no more.
    http://www.washingtonpost.com/blogs/guest-voices/post/germanys-ban-on-circumcisions-rabbi-david-wolpe-reflects-in-verse/2012/07/10/gJQAiwNWbW_blog.html
    ………………………..

    Das hat alles, die faktisch nicht zutreffende WHO-Empfehlung für Kleinkinder (scheint er nicht gelesen zu haben, stehen so dumme Sachen wie „informed consent“ drin + Holocaustkeule (lore=Geschichte)

    Rabbi Wolpe hat mir in den Diskussionsrunden der ziemlich großartige Veranstaltungen der jüdischen Kulturgemeinde 92ndStreetY in New York immer gut gefallen (außer wenn er, ist halt sein Job, sich bei den Apologien verhebt) und kam als ein verständiger und reflektierender Mensch rüber.
    Es ist Wahnsinn wie ein derartiges Thema eine Diskrepanz zum sonstigen, meist folgerichtigen Denken durchblicken lässt, anders sind die Falschaussagen in den paar Zeilen nicht zu erklären.
    Obgleich nicht ontopic: Die beste Diskussionsrunde auf Youtube zu einer der ältesten Menschheitsfragen mit David Wolpe und einem Glaubensbruder, Christopher Hitchens und Sam Harris:

    Is there an afterlife?
    http://www.youtube.com/watch?v=xbzd6ZbCowY

    So eine verständige, ruhige und intelligente und amüsante Debatte über dieses oder vergleichbare Themen hat Fernsehdeutschland noch nie hinbekommen.

    SG!
    MA

    Comment by Manuel-Alexander — 18.07, 2012 @ 19:20

  69. @Oliver Garcia:
    1. Vielleicht hätte ich es eher als opportunistisch bezeichnen sollen. Der Zentralrat macht Druck, die Rabbiner gehen mit einem unglaublichen Holocaustvergleich in die Offensive und in der Diskussion hört man immer mehr so Aussagen wie: „Was wird denn das Ausland denken, wenn Deutschland jetzt als einziges Land Beschneidungen verbietet“. Das ist das Klima, in dem diese politische Entscheidung fällt.

    2. Unsachlich ist m.E. noch eine eher milde Umschreibung für die von den Rabbinern gezogene Parallele. Eine Sachdiskussion wird dadurch jedenfalls nicht gefördert. Und ja, in diesem Fall denke ich, dass die Rabbiner diese Karte ganz bewusst ausgespielt haben.

    Ich habe mittlerweile mit allen monotheistischen Religionen ein Problem, denn es geht ihnen immer darum, Macht über Menschen auszuüben. Vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass ich körperliche Eingriffe bei Kindern, die sich auf religiöse Traditionen stützen, rundweg ablehne. Ich sehe hier ehrlich gesagt auch keinen Spielraum.

    Ihr Blogbeitrag erweckt ebenfalls den Eindruck, als hätte das LG Köln urplötzlich einen bislang bestehenden Konsens aufgekündigt. Das ist aber nicht der Fall. Die Ansicht wird in der straf- und zivilrechtlichen Literatur vielmehr seit Jahren vertreten und hat zunehmend mehr Zuspruch erhalten, was auch daran liegt, dass diejenigen, die sich mit dem Thema näher befasst haben, zur Kenntnis nehmen mussten, dass es sich keineswegs um einen harmlosen Eingriff wie etwa das Haareschneiden handelt.

    Die Tradition ist ohnehin kein wirklich gutes Argument. Körperliche Züchtigung von Kindern hat vermutlich eine noch längere Tradition als das Beschneidungsritual, aber die Gesellschaft hat sie mittlerweile geächtet. Und das wird mit der Beschneidung auch passieren, früher oder später. Kann aber sein, dass diese Gesellschaft bzw. ihre Repräsentanten noch nicht soweit sind.

    Comment by Stadler — 18.07, 2012 @ 19:26

  70. @Ksoll
    ich nehme an, dass Herzschrittmacher kranken Kindern eingepflanzt wird :)

    Comment by misty — 18.07, 2012 @ 19:27

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