Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.3.12

Datenhandel in Deutschland

Lese gerade bei Richard Gutjahr einen Blogbeitrag über Direktmarketing und Adresshandel in Deutschland. Was Richard dort beschreibt, ist alles überhaupt nicht neu, aber andererseits keineswegs so im öffentlichen Bewusstsein verankert, wie es vielleicht nötig wäre, um zu erkennen, dass sich die Aufregung über Google oder Facebook relativieren muss, wenn man die einheimischen Sauereien im Bereich des Datenschutzes in die Betrachutng einbezieht.

Einer der aktiven Player im inländischen Adresshandel ist übrigens der Staat selbst, in Person der Kommunen.

Wenn man sich diesem Phänomen annähert, sollte einem der Begriff des Listenprivilegs vertraut sein, der auch in Gutjahrs Blogpost angesprochen wird. Das Listenprivileg ist eine von Lobbyisten durchgesetzte Ausnahmeregelung im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), die es ermöglicht, listenmäßig zusammengefasste personenbezogene Daten zu Zwecken der Werbung und des Adresshandels auch ohne Einwilligung des Betroffenen zu verarbeiten und an Dritte weiterzugeben. Das sog. Listenprivileg ist in § 28 Abs. 3 S. 2 und § 29 Abs. 2 S. 2 BDSG verankert. Die Bundesregierung wollte dieses Listenprivileg im Zuge der Novellierung des BDSG im Jahre 2009 eigentlich abschaffen und durch eine Einwilligungsregelung ersetzen, ist dann aber letztlich wieder vor der Direktmarketing-Lobby eingeknickt.

Die Datenschützer haben sich zwar auch gegen das Listenprivileg gewandt, allerdings nicht annähernd so vehement, wie man aktuell gegen Google oder Facebook kämpft. Insgesamt eine sehr deutsche Story wie ich finde.

 

posted by Stadler at 22:48  

3 Comments

  1. Ich finde, das ist eine sehr kurzsichtige Argumentation. Die Konsequenz sollte nicht eine Relativierung der Kritik an Google und Facebook sein, sondern eine zusätzliche Kritik an Direktmarketing!

    Direktmarketing im analogen Bereich nervt, doch es ist lange nicht so subtil und omnipräsent realisierbar wie das Pendant im Netz. Unter anderem kann man im Netz durch die einmalige Programmierung von Logarithmen ohne großen Kostenaufwand zigmillionen Menschen erreichen, beim Direktmarketing hingegen kostet jedes Anschreiben 30-40 Cent. Ich finde daher die Vehements der Datenschutz-Kritik an Facebook und Google auch in Relation zum analogen Direktmarketing absolut gerechtfertigt!

    Comment by GBetz — 2.03, 2012 @ 14:35

  2. I must learn the besic laws of internet of germany.

    Comment by Mizanur Rahman — 30.04, 2012 @ 13:34

  3. Da würde ich GBetz zustimmen. Das Listenprivileg ist natürlich nicht schön, letztlich aber ist der Adresshandel in Deutschland leidlich beherrschbar. Das sieht im Netz anders aus, zumal, wenn die Daten dann in datenschutzliberale Länder auswandern.

    Comment by cen — 30.04, 2012 @ 17:52

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