Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.3.12

Bundesregierung will Intransparenz bei ACTA beibehalten

Worüber netzpolitik.org gerade berichtet, ist nicht weniger als ein wirkliches Gustostück der Bundesregierung. Denn das Justizministerium verweigert die Einsicht in die dort geführten Akten zu ACTA und die Beantwortung der Frage, wer für die Bundesregierung an den Verhandlungen teilgenommen hat, mit dem Hinweis auf eine drohende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (sic!).

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht erst Ende des letzten Jahres entschieden, dass das Informationsfreiheitsgesetz für die gesamte Tätigkeit der Bundesministerien gilt. Weil also der Einwand, es sei Regierungshandeln betroffen, nicht mehr zieht, behilft man sich mit einer noch kurioseren Begründung. Die Herausgabe der Informationen würde die öffentliche Sicherheit gefährden, weil in einzelnen Internetforen eine vom sachlichen Regelungsgehalt der Bestimmungen des Abkommens losgelöste, emotionale Diskussion geführt werde, bei der auch ehrverletzende Äußerungen und Drohungen mit Gewalt gegen an ACTA beteiligte Personen ausgesprochen würden.

Eine kontroverse öffentliche Diskussion, bei der zwangsläufig – wie bei jeder Diskussion im Netz – durch ein paar Wenige auch kräftig getrollt wird, soll also die öffentliche Sicherheit gefährden? Wenn diese Begründung bei den Verwaltungsgerichten hält, dann hätte die Bundesregierung den Schlüssel dafür gefunden, wie man das Informationsfreiheitsgesetz nach Belieben aushebeln kann.

Wenn Transparenz als Gefahr für die öffentliche Sicherheit dargestellt wird, dann haben wir es mit einer Begründungstechnik zu tun, die totalitäre Züge trägt und die der Regierung eines demokratischen Staates unwürdig ist.

posted by Stadler at 20:52  

14 Comments

  1. Nach IFG wird auch (bislang) keine Einsicht in den Bericht gelegt, den die BReg gemäß ihrer Informationspflichten über bedeutende europäische Vorgänge vor 2 Jahren dem dtsch. Bundestag vorgelegt hat.

    Comment by tauss — 17.03, 2012 @ 21:00

  2. Es dauert nicht mehr lange, dann klopft der Staatsschutz an die Tür. Delikt: Kritik an Regierungsbeschlüssen (Gefährdung der öffentlichen Sicherheit).
    Hatten wir soetwas nicht schon mal? Damals kamen solche „Systemzersetzenden Subjekte“ in „Schutzhaft“.

    Das dünnhäutige und hasenfüßige Verhalten der Bundesregierung beweist umso mehr, wie gerechtfertigt die Kritik an dem Geheimkpmplott ist.

    Comment by Wolf — 17.03, 2012 @ 21:07

  3. Es kommt immer mehr ans Licht, was da läuft.
    Ein Stein kommt zum andern.

    Comment by Frank — 17.03, 2012 @ 21:10

  4. Der der hart daran arbeitenden CDU haben sie uns bald soweit, dass wir als Buerger aufgrund unserer blossen Meinungsaeusserung kriminalisiert werden koennen.

    Comment by Oliver — 17.03, 2012 @ 22:19

  5. Das ist SO heftig. Diese Art der „Begründung“ ist scheinbar zum Regelfall geworden. Mir hat mal ein Cop gesagt, er sei NICHT verpflichtet, mir Namen oder Dienstnummer nennen, weil ich ja – Zitat – „Repressionen gegen seine Familie“ ausüben könnte. Ernsthaft. Diese Geheimniskrämerei unserer Legislative und Exekutive hat inzwischen perverse Züge angenommen…

    Comment by daMax — 18.03, 2012 @ 02:10

  6. man sollte gleich mal nachfragen welche internetforen alles überwacht werden. und aus welchen bundeshaushalt diese bespitzelung bestritten wird.

    Comment by max — 18.03, 2012 @ 04:34

  7. Off topic: gibt’s hier keinen flattr-button?

    Comment by Mecko — 18.03, 2012 @ 08:28

  8. Auf Verlangen des Betroffenen haben sich Bedienstete der Polizeibehörden und des Polizeivollzugsdienstes auszuweisen. So lange sie das nicht tun, sind sie nicht als Polizisten anzusehen. Das gilt nicht, wenn die Umstände es nicht zulassen oder dadurch der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Aber so auf der Straße hat ein Polizist dagegen keine Handhabe.

    Comment by Lasse — 18.03, 2012 @ 14:17

  9. @max
    Wenn ich das hier mal empfehlen darf: http://www.uberwach.de/

    Comment by vera — 18.03, 2012 @ 17:37

  10. Gleichwohl eine Nebensaechlichkeit! Die Personalisierung der Politik, welche Socken traegt Gauck, ist allerdem immer des Teufels. Hier nicht anders als sonst auch. Merkel hat vollkommen Recht. Thomas, das ist richtig albern!

    Comment by Heikor — 18.03, 2012 @ 20:21

  11. Und vor allem mit dem Gesetz zu argumentieren. Es geht unm Politik!

    Comment by Heikor — 18.03, 2012 @ 20:21

  12. Hier in UK darf man nicht CCTV Kameras filmen, weil man damit angeblich die öffentliche Ordnung gefährdet. Versteht doch endlich, daß die Asymmetrie der Macht nicht die Ausnahme ist. Der Staat ist kein übergesellschaftliches Gebilde, sondern ein Machtinstrument wie Polizei und Armee.

    Comment by tschill — 18.03, 2012 @ 22:44

  13. Wir sind doch schon längst wieder im Faschismus angelangt. Der Michel hat es nur noch nicht gemerkt. Das hatten weiter Teile der Bevökerung in Nazideutschland aber auch nicht gemerkt, bis es ihnen letztendlich selber an den Kragen ging.

    Comment by EuroTanic — 19.03, 2012 @ 08:49

  14. 84 Staaten mit ca. 4,5 Milliarden Bürger auf der Welt haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://rti-rating.org/results.html).
    Ich hoffe, das die Evaluation des Informationsfreiheistgesetzes, die im März 2012 fertig wird das zeigt und internationale Standards maximaler Offenheit bei minimalen Ausnahmen verwirklicht werden.

    Comment by Walter Keim — 20.03, 2012 @ 15:59

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