Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.4.11

Zugangserschwerungsgesetz endgültig vom Tisch?

Die DPA meldet, die Koalition habe sich darauf verständigt, auf das umstrittene Sperren von kinderpornografischen Webseiten zu verzichten und das Zugangserschwerungsgesetz aufzuheben. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger twittert, dass der Koalitionsausschuss einer Internet-Sperrinfrastruktur endgültig eine Absage erteilt habe. Die Meldung scheint also zu stimmen.

Nachdem es allerdings gilt, ein in Kraft befindliches Gesetz zu beseitigen, muss abgewartet werden, bis ein entsprechendes Aufhebungsgesetz das parlamentarische Verfahren durchlaufen hat. Sollte das Zugangserschwerungsgesetz tatsächlich vom Parlament aufgehoben werden, wäre damit auch die anhängige Verfassungsbeschwerde hinfällig.

Auf Twitter lässt sich bereits verfolgen, wie die verschiedenen politischen Gruppierungen versuchen, dieses Ergebnis als eigenen politischen Erfolg zu verbuchen, selbst die CSU. Man darf und muss hier in jedem Fall die Bundestagsfraktion der FDP und die Justizministerin lobend hervorheben, denn sie sind standhaft geblieben, was nicht alle erwartet haben. Letztlich handelt es sich vor allen Dingen aber um das Ergebnis der Arbeit einer neuen digitalen Bürgerrechtsbewegung, namentlich der des AK Zensur.

posted by Stadler at 22:07  

10 Comments

  1. Letztlich handelt es sich vor allen Dingen aber um ein Ablenkungsmanöver. Man wird ein schon formal schwaches Gesetz und die dazugehörige Verfassungsbeschwerde los, und kann das Thema im bevorstehenden Sommerloch wieder aufgreifen.

    Mal ehrlich, es glaubt doch hoffentlich niemand im AK Zensur oder sonstwo, die Sache sei damit gegessen?

    Außerdem wird uns die Aufhebung sicherlich auch wiederbegegnen, wenn die Justizministerin das nächste Mal aufgefordert wird, der Vorratsdatenspeicherung zuzustimmen. So wir haben doch gerade, jetzt musst du doch auch.

    Comment by Maik — 5.04, 2011 @ 22:18

  2. Ersteinmal ist es ein sehr erfreulicher Tag, das nun das Zensursula – Vorhaben beerdigt ist. Das damit insgesamt, der politische Wille zu Bekämpfung unliebsamer Inhalte adacta liegt, halte ich für unrealistisch. Denn die Sperrinfrastruktur hatte m.E. nicht das vorrangige Ziel von Kipo sondern von Filesharing. Kipo diente als Trittbrett. Hat nicht funktioniert… Das inhaltlich ungelöste Problem Copyright wird in anderer Form wiederkommen und es ist zu hoffen das endlich an Vorschlägen gearbeitet wird wie man Lobbyinteressen der Contentindustrie mit den Gegebenheiten des Internets zusammenbringt ohne die Bürgerrechte zu ramponieren. Ich gebe zu skeptisch zu sein.

    Comment by Uwe — 5.04, 2011 @ 22:38

  3. Das sind sehr gute Nachrichten, wenn das tatsächlich in ein Gesetz gegossen wird! Warum habe ich aber das ungute Gefühl, dass die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung der „Deal“ an der Sache sein wird?

    Comment by Shred — 5.04, 2011 @ 23:19

  4. Gratulation an alle Aktivisten!

    Ob diese Einsicht der Koalition wohl auch mit den 2% Wählerstimmen intellektueller Wahlberechtigter zu tun hat, welche ihre Stimme den etablierten Parteien versagen und demonstrativ die Piraten wählen …? ;) Die FDP jedenfalls war unter Zugzwang, wollte sie noch wahrgenommen werden.

    Aber den Politikern, die parteiübergreifend bei der letzten Bundestagswahl die Sperren als unverzichtbar postuliert hatten, traue ich nicht weiter, als ich einen Kühlschrank werfen kann! Mal sehen, wie man es mit der Vorratsdatenspeicherung hält …

    Comment by RA Kompa — 5.04, 2011 @ 23:26

  5. Kinderpornosperren waren schon immer Kirchen Kinder Porno Sperren. Niemand sonst vergreift sich und vertuscht so systematisch wie die Kirche. Die Zensur, NDAs und Schweigepflichten die vom Klerus und wie Wikileaks aufdeckte, vom Papst höchst persönlich aus gehen, sind eine zweite Vergewaltigung der Opfer, bzw Überlebenden der systematischen Schandtaten (siehe Irland). Die gefährlichen Gesetze der Regierungen machen nichts anderes sonst als die Mißbrauchsopfer ein zweites Mal zu vergewaltigen. So die Meinung der Opfer, dies sollten sich die Herren von der Regierungsbank einmal klar machen: Ihr seid Kinderschänder!

    Comment by Durchblicker — 5.04, 2011 @ 23:27

  6. Während das Zensursula-Gesetz beseitigt wird, basteln dieselben Leute an der Reaktivierung der Totalüberwachung, aka „Voratsdatenspeicherung“, aka „Mindestspeicherdauer“. Diese Neu-Neusprech Verpackung wurde in Bielefeld gerade mit dem Big Brother Award ausgezeichnet. Adressat: Der Bundesinnenminister…

    Wenn es schlimmer kommen kann, kommt es auch schlimmer…

    Comment by Wolf — 6.04, 2011 @ 10:26

  7. Die beständigen guten Wahlergebnisse der Piratenpartei wie auch deren kontinuierliche Arbeit gegen diese und andere Bürgerrechtsbeschränkungen haben sicher dazu beigetragen, dass die FDP standhaft bleiben und die Regierung einsehen musste, dass man so nicht weiter machen kann.

    Aber der Kampf geht weiter! Jetzt sind VDS, Censilia, INDECT, ACTA und so vieles mehr dran.

    Schönen Gruß
    Aleks

    Comment by Aleks A. — 6.04, 2011 @ 10:54

  8. „[…] Aufhebungsgesetz […]“ Abwarten, aufmerksam sein, Tee trinken.

    Comment by Seb — 6.04, 2011 @ 11:59

  9. Mal ehrlich, das Ganze hat doch so oder so nix gebracht. Diejenigen, die auf solche Seiten kommen wollten (und die kannten), wussten auch wie man die Sperren umgehen kann.

    Und aus versehen kommt man nicht auf solche Seiten (ist mir in meiner 10 jährigen Surfgeschichte jedenfalls noch nie passiert).

    Ich finds nur immer wieder traurig wieso sich der Staat eine Datensammelwut erlauben will (kann?) und ablenkend lieber mit dem Finger auf große Firmen wie Google und Co. zeigt. Da muss sich der Staat auch mal an die eigene Nase fassen, denn da hat der Bürger keine Entscheidungsfreiheit so wie in der Privatwirtschaft.

    Comment by Steffi — 6.04, 2011 @ 14:57

  10. Schünemann möchte nun die „Selbstradikalisierung im Internet“ löschen. Ich fürchte, nun werden die Forderungen nach einer automatisierten Löschinfrastruktur für unliebsame „Inhalte“ laut werden.

    Comment by Ein Mensch — 6.04, 2011 @ 20:34

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