Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.1.11

Ist YouTube Fernsehen?

Nach Medienberichten will man in Italien Videoportale wie YouTube dem Rundfunk gleichsetzen. Hierfür ist in der „Videocracy“Italien offenbar noch nicht einmal ein Gesetz erforderlich, es genügt vielmehr eine Verfügung der dortigen Regulierungsbehörde.

Allerdings gilt auch in Italien die E-Commerce-Richtlinie, die zugunsten von Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft Haftungsprivilegierungen schafft. Der EuGH hatte erst kürzlich entschieden, dass Google bzw- der Dienst Google AdWords als ein Dienst der Informationsgesellschaft zu qualifizieren ist, weshalb wenig Zweifel daran bestehen kann, dass auch YouTube der Vorschrift des Art. 14 ECRL für das Hosting unterliegt und sich zudem auch darauf berufen kann, dass Diensten der Informationsgesellschaft keine allgemeinen Kontroll- und Überwachungspflichten auferlegt werden dürfen (Art. 15 Abs. 1 ECRL).

Online-Dienste dürfen also gerade nicht wie Rundfunk reguliert werden. Die italienische Gleichsetzung von eigenem, journalistisch-redaktionellen Inhalten und User-Generated-Content, der von einem Plattformbetreiber nur gehostet wird, verstößt gegen europäisches Recht.

Es geht auch in Italien, ähnlich wie in Ungarn, um eine verstärkte staatliche Medienkontrolle, die sich zensurähnlicher Instrumente bedient.

Es würde mich nicht wundern, wenn Google YouTube Italien jetzt schließt. Allein, das wäre das falsche Signal gegenüber einem rechtswidrigen staatlichen Handeln.

posted by Stadler at 16:42  

7 Comments

  1. Dem letzten Satz kann man nur zustimmen. Hoffentlich duckt sich Google nicht weg sondern wirft sein Gewicht (wie schon des öfteren) in die Waagschale.

    Comment by Felix Nagel — 4.01, 2011 @ 17:27

  2. Leider einer der schwächsten Beiträge, die ich auf diesem Blog gelesen habe.

    1. Warum sollte ein Gesetz vonnöten sein, um bestimmte Dienste unter eine vorhandene gesetzliche Regelung zu subsumieren? Dass die Subsumtion falsch sein kann, bestreite ich natürlich nicht, allerdings müsste man mehr Informationen haben, wie das Gesetz in Italien aussieht, das „Fernsehen“ definiert.

    2. „Online-Dienste“ dürfen (gerade auch nach europäischem Sekundär-Recht) selbstverständlich wie Rundfunk reguliert werden, wenn sie die Merkmale des Rundfunks, der – wie Sie ja wissen – weitgehend technologieneutral definiert wird, aufweisen. Dass ein „Online-Dienst“ (was meinen Sie denn überhaupt damit?) vorliegt, hindert gerade nicht daran, diesen der Rundfunkregulierung zu unterwerfen.

    3. Die Ausführungen zu Art. 15 ECRL sind nur dann richtig, wenn man YouTube und Co. auch tatsächlich als Dienste im Sinne von Art. 14 ECRL, also als rein technische Dienstleister, einstuft. Eine absolut herrschende Meinung hat sich dazu europaweit noch nicht gebildet, wenn ich das richtig sehe, zumal eben die (entscheidende) Frage ist, ob YouTube fremde Inhalte tatsächlich nur hostet oder nicht doch darüber hinaus Leistungen erbringt (und dann ja auch praktisch alleine von der geschalteten Werbung profitiert).

    4. Was verleitet Sie zur Vermutung, Google würde Youtube.it schließen?

    Comment by ElGraf — 5.01, 2011 @ 09:25

  3. @ElGraf: Sie missverstehen meine Beiträge gerne und auch gezielt, wie ich annehmen muss. Ich sprach von einem Dienst der Informationsgesellschaft und habe ausdrücklich auf die Rechtsprechung des EuGH zu Google AdWords Bezug genommen. Das ist Ihnen aufgefallen?

    Der Begriff Dienst der Informationsgesellschaft ist im EU-Recht legal definiert als ein Dienst der auf individuellen Abruf des Empfängers erbracht wird. Unabhängig von technischen Aspekten ist der Rundfunk demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass ein Sendeschema besteht und eine zeitgleiche Ausstrahlung eines Programms stattfindet. Dienste wie YouTube sind daher kein Rundfunk, sondern nach der Diktion des Europarechts Dienste der Informationsgesellschaft. Italien ist es deshalb verwehrt, Dienste der Informationsgesellschaft als Rundfunk zu definieren.

    Google hatte die Schließung von YouTube Italien bereits vor ca. einem Jahr angedroht, nachdem Manager von Google wegen YouTube-Inhalten strafrechtlich verurteilt worden sind.

    Comment by Stadler — 5.01, 2011 @ 10:07

  4. Absichtliche Missverständnisse liegen meinen Beiträgen nicht zu Grunde. Und Ihre Ausführungen zur ECRL zeigen mir, dass das Missverständnis jedenfalls nicht nur auf meiner Seite liegt. Was ich meine: Nur weil ein Dienst der Informationsgesellschaft vorliegt, heißt dies noch lange nicht, dass dieser auf mitgliedsstaatlicher Ebene als Rundfunk eingestuft wird. Außerdem kann er sehr wohl ein audiovisueller Mediendienst im Sinne der AVMD-RL sein und die Regeln dieser Richtlinie gehen im Zweifel vor (Art. 4 Abs. 8).

    Die letzte Information (Schließung von YouTube) war mir in der Tat entfallen, auch wenn fraglich ist, ob die Ausgangssituationen vergleichbar sind.

    Comment by ElGraf — 5.01, 2011 @ 12:10

  5. Sorry, falsch formuliert, gemeint war: Nur weil ein Dienst der Informationsgesellschaft vorliegt, heißt dies noch lange nicht, dass dieser auf mitgliedsstaatlicher Ebene nicht als Rundfunk eingestuft werden kann.

    Comment by ElGraf — 5.01, 2011 @ 12:11

  6. Die AVM-RL besagt aber auch, dass die Haftungsprivilegierungen der ECRL unberührt bleiben. Steht irgendwo in den Erwägungsgründen. Es ging mir darum darzulegen, dass ein Dienst wie YouTube sich auf Art. 14 und 15 der ECRL berufen kann. Das schließt es grundsätzlich aus, dass ein Mitgliedsstaat ihn wie einen Rundfunkanbieter bzw. Anbieter eines audiovisuellen Mediendienstes einstuft. Ist meine Aussage damit klar?

    Comment by Stadler — 5.01, 2011 @ 13:40

  7. Der Gehalt Ihrer Aussage war mir von Anfang an klar. Er ist meines Erachtens aber eben nicht zwingend richtig.

    Mit dem Unberührtbleiben meinen Sie vermutlich Erwägungsgrund 25, wonach „die Haftungsausschlüsse unberührt bleiben sollten“. Kein Wort von Art. 15 ECRL und ohnehin sehr verklausuliert (oder können Sie mir im Zusammenhang des gesamten Erwägungsgrundes, der sich auf die „redaktionelle Verantwortung“ erklären, was genau gemeint ist?). Zudem „schlägt“ der klare Normtext des Art. 4 Abs. 8 der AVMD-RL die bloß ergänzend zu berücksichtigenden Erwägungsgründe. Und – ich wiederhole mich – es ist eben nicht unbestritten, dass YouTube sich auf Art. 14 ECRL berufen kann.

    Comment by ElGraf — 5.01, 2011 @ 21:54

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