28.2.10

Neuer Anlauf für das Swift-Abkommen

Nachdem das sog. Swift-Abkommen zwischen der EU und den USA gescheitert ist, weil das Europaparlament in einem beeindruckenden Akt parlamentarischer Selbstbehauptung gegen das Abkommen votiert hatte, haben die Innenminister der EU am 25.02.2010 beschlossen, einen zweiten Anlauf zum Abschluss eines Swift-Abkommens zu unternehmen.

Wie Beck-Aktuell meldet, will die Bundesregierung hierbei auf ein hohes Datenschutzniveau achten, was Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Rat der EU-Justizminister betont hat.

Das klingt allerdings nur nach dem üblichen politischen Sprachgebrauch und lässt offen, wie sich die neue Vereinbarung von der alten konkret unterscheiden wird.

Was mir außerdem überhaupt nicht einleuchten will, ist, warum die Vereinbarung nicht auf Gegenseitigkeit abgeschlossen wird. Wenn die USA Bankdaten von europäischen Bürgern für die Terrorismusbekämpfung anfordern kann, warum sollen dann die EU-Staaten nicht umgekehrt dasselbe Recht erhalten? Es wäre interessant zu sehen, ob der US-Kongress dem wohl zustimmen würde.

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Andreas Paulus wird neuer Verfassungsrichter

Wie die Süddeutsche Zeitung am 25.02.10 meldete, wird Andreas Paulus, auf Vorschlag der FDP, zum Richter am Bundesverfasungsgericht berufen. Paulus ist derzeit Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht, an der Georg-August-Universität Göttingen. Er ist Mitglied der FDP und als 68'er Jahrgang - ich hoffe, das verheißt Gutes - vergleichsweise jung. Er soll dem scheidenden Präsidenten Papier - freilich nicht als Vorsitzender - nachfolgen und in den ersten Senat aufrücken. Der Schwerpunkt seiner bisherigen wissenschaftlichen Arbeit liegt im Bereich des Völkerrechts, wie seine Veröffentlichungsliste belegt, weshalb er möglicherweise im 2. Senat besser aufgehoben wäre. Man darf dennoch auf eine liberale Stimme hoffen, wenn es um die Auslegung der Freiheitsrechte geht.

27.2.10

Regierungsentwurf zur Änderung des TMG

Mit einem Gesetzesentwurf vom 15.02.2010 plant die Bundesregierung die Umsetzung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (2007/65/EG) vom 11. Dezember 2007, die bereits bis zum 19. Dezember 2009 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen.

Die insoweit relevante Änderung besteht in der Ausweitung des Anbietersbegriffs des § 2 Abs. 1 TMG. Diensteanbieter von audiovisuellen Mediendiensten ist danach jede natürliche oder juristische Person, die die Auswahl und Gestaltung der angebotenen Inhalte wirksam kontrolliert.

Die geplante Gesetzesänderung halte ich aus zweierlei Gründen für kritisch. Die AVMD-RL definiert den audiovisuellen Mediendienst nämlich als:
Dienstleistung deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Artikels oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Artikels; und/oder die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation.
Damit dürften die audiovisuellen Mediendienste - mit Ausnahme der kommerziellen Kommunikation - dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfallen und deshalb der Gesetzgebungskompetenz der Länder.

Es stellt sich aber ganz generell die Frage nach dem Umsetzungsbedarf. Denn die derzeitigen Anbieterdefinitionen des Telemediengesetzes und damit auch des Rundfunkstaatsvertrags decken audiovisuelle Mediendienste im Sinne der Richtlinie bereits zwanglos ab, weshalb mit Blick auf die beabsichtigte Erweiterung der Begriffsbestimmung jedenfalls kein Umsetzungsbedarf besteht.

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Großer Artikel über das Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung in der SZ

In der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung vom 27./28.02.2010 beschäftigt sich Johannes Boie unter dem Titel "Hier spielt die Musik" mit dem Geschäftsmodell der Filesharing-Abmahnindustrie, insbesondere mit dem Netzwerk um die DigiProtect GmbH, die Rechtsanwaltskanzlei Kornmeier und die Fa. DigiRightSolutions. Der Artikel ist u.a. deshalb interssant, weil der Autor die DigiProtect GmbH und Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier in Frankfurt besucht hat und auch seine diesbezüglichen Eindrücke schildert. Und eine interessante Zahl nennt Boie. DigiProtect hat nach eigenen Angaben im Jahr 2009 zwischen 45.000 und 60.000 Abmahnungen verschickt. Wenngleich ich diese Zahlen noch für eher untertrieben halte, zeigt das bereits die Dimension des Geschäftsmodells "Turn Piracy Into Profit" auf. Denn DigiProtect ist nur einer von mehreren großen Playern in diesem Geschäftszweig, dessen Erstarken die Folge einer gesetzgeberischen Fehlentwicklung ist.

Update vom 28.02.10:
Der Artikel ist jetzt auch online abrufbar

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26.2.10

Die Bundesregierung stellt die parlamentarische Demokratie in Frage

Das Zugangserschwerungsgesetz ist am 23.02.10 in Kraft getreten und bereits gestern wurden im Bundestag in erster Lesung Gesetzesinitiativen von SPD, Grünen und Linken behandelt, die die Aufhebung des Gesetzes verlangen.

Die Redebeiträge der Union im Bundestag, wie der des Abgeordneten Heveling, sprechen nicht dafür, dass die Bundesregierung beabsichtigt, das Gesetz wieder aufzuheben. Man hört, das Justizministerium würde an einem eigenen Regierungsentwurf eines Gesetzes arbeiten, der bis zur dritten Lesung vorliegen soll. Das wird allerdings mit großer Sicherheit kein Aufhebungsgesetz sein, denn für ein solches bräuchte es keiner großartigen Ausarbeitung. Der Inhalt eines solchen Gesetzes wäre bestenfalls ein Dreizeiler. Stattdessen wird man vermutlich ein "Sperrgesetz" einbringen, das verschiedene Hintertüren enthält und die bedenkliche technische Infrastruktur bei den Providern aufrecht erhält.

In der Zwischenzeit behilft sich die Bundesregierung mit einem Nichtanwendungserlass, durch den dem BKA aufgegeben wird, das Gesetz nicht anzuwenden und anders als im Gesetz vorgesehen, keine Sperrlisten zu erstellen und an die Provider zur Umsetzung weiterzuleiten.

Die Bundesregierung weist also eine Behörde an, ein in Kraft befindliches Gesetz nicht anzuwenden. Das ist ein in der Bundesrepublik einmaliger Vorgang und gleichzeitig der eklatanteste Verfassungsbruch den dieses Land bisher gesehen hat. Denn eine Regierung, die sich weigert Gesetze anzuwenden, stellt die parlamentarische Demokratie als solche in Frage.

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23.2.10

OLG Hamm: Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

Ein neues Urteil des OLG Hamm vom 12.11.2009 (Az.: 4 U 93/09) zur Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit von Abmahnungen ist auch für die Fälle des Filesharing interessant. Darauf hat Jens Ferner zu Recht hingewiesen. Denn das OLG Hamm beanstandet, dass der Anwalt einerseits mit seinem Mandanten pauschal abrechnet und andererseits vom Gegner die Erstattung von Anwaltskosten fordert. Das erinnert in der Tat an die Praxis der meisten Filesharing-Abmahner.

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Grundrecht auf Netzneutralität?

Kristian Köhntopp - kein Jurist, dafür ein Mensch mit einem klaren Blick - wirft in seinem Blog die Frage auf, ob es ein Grundrecht auf Netzneutralität gibt und ob man ein solches Recht einfordern kann.

Köhntopp stellt die Frage, ob der Bürger ein Recht auf mittlerfreie Kommunikation hat, weil nur so seine Meinungs- und Informationsfreiheit künftig gewährleistet werden kann.

Die Regulierungsbemühungen des Staates setzen nämlich bislang gerade bei den technischen Mittlern - also vor allem den Internet Service Providern - an. Zugangserschwerungsgesetz, JMStV, Deep Packet Inspection oder Three-Strikes-Out sind Modelle, die den Provider ins Visier genommen haben und von ihm verlangen, technische Abläufe und Standards zu manipulieren, um so Einfluss auf die Inhalte nehmen zu können.

Die Diskussion der Frage, ob der Bürger von seinem Staat verlangen kann, die Finger von der Kommunikationsinfrastruktur zu lassen, ist nicht nur etwas für Nerds und Freaks. Mit dieser Thematik werden sich vielmehr gerade auch die Juristen beschäftigen müssen. Das vom Verfassungsgericht neu geschaffene Grundrecht auf Gewährleistung der Integrität informationstechnischer Systeme zeigt möglicherweise auch für das Netz schon auf, wohin der Weg führen muss. Auch wenn die Brücke zur Netzneutralität bislang noch nicht geschlagen worden ist.

Neben der Frage nach dem Grundrecht, die Köhntopp stellt, muss auch die Frage nach einer institutionellen Garantie von Netzneutralität aufgeworfen werden. Muss der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat gewährleisten, dass die technischen Kommunikationsstrukturen von jeglicher staatlicher Einflussnahme freibleiben und muss er stattdessen nach Wegen suchen, rechtswidrige Inhalte ausschließlich an den Endpunkten, bei den Sendern und Empfängern zu bekämpfen?

Das ist in der Tat die eigentliche Diskussion, die in der Auseinandersetzung mit den derzeit stattfindenden konservativen Regulierungsbemühungen zu führen ist.

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Geschäftsgebaren der Telekom

Vor kurzem ruft ein Mitarbeiter eines "autorisierten Vertriebspartners" der Telekom in unserer Kanzlei an und versucht einer unserer Mitarbeiterinnen zu erklären, dass wir bestimmt zu teuer telefonieren und tariflich in jedem Fall Optimierungsbedarf bestünde. Dem Menschen wird unvorsichtigerweise gesagt, dass er uns gerne günstigere Tarife vorschlagen könne.

Abgesehen davon, dass es sich um einen unzulässigen "Cold Call" gehandelt hat, kommt wenige Tage später keineswegs ein Vorschlag/Angebot, sondern eine Auftragsbestätigung der Telekom, mit dem Hinweis, man würde sich freuen, dass wir uns für den Tarif "xy" entschieden hätten. Da wir keinerlei Auftrag erteilt hatten, ruft mein Kollege - sicherlich schon etwas genervt - bei der Telekom an und verlangt eine schriftliche Bestätigung, die auch am selben Tag kommt, dass der alte Tarif bestehen bleibt. Der T-Com-Mitarbeite, meinte dann noch, es wäre gut, dass wir uns so schnell gemeldet hätten, da die Provision an den "autorisierten Vertragspartner" noch nicht bezahlt sei. Jetzt weiß ich wenigstens, warum manche Leute "Telekomiker" sagen.

Dieses Geschäftsgebaren ist nicht nur unseriös, sondern klar gesetzeswidrig. Bei der Telekom hat man also offenbar immer noch nicht dazugelernt. Mit derartigen Vertriebsmodellen und Vertriebspartnern wird man bestimmt keine verlorenen Marktanteile zurückgewinnen.

Was ist dran am "Kindernet"?

Ein neuer Entwurf des Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) schlägt derzeit hohe Wellen. Die einen sprechen vom "Kindernet", andere davon, dass dieses Regelwerk und die mit der Ausführung betraute Kommission für Jugendmedienschutz gefährlicher sei als Zensursula. Die gemeinsame Forderung lautet: Der Entwurf muss vom Tisch.

Die Aufregung ist schon insofern etwas überraschend, als der Großteil dessen, was jetzt kritisiert wird, bereits seit Jahren im Gesetz steht. Der JMStV existiert seit 2003 und wurde 2007 und 2009 geändert. Allein der Umstand, dass die bisherigen Fassungen des Staatsvertrags vielfach gar nicht wahrgenommen worden sind, belegt, dass die Auswirkungen auf das Netz bislang eher marginal waren. Was natürlich nicht zwingend heißt, dass es auch so bleibt.

Die derzeit häufig artikulierte Forderung, wonach der neue Entwurf vom Tisch müsse, geht aber in jedem Fall an der Sache vorbei, weil fast alle relevanten Regelungen ohnehin längst Gesetz sind.

Die aktuellen Diskussion könnte eine deutliche Entspannung gebrauchen und die Einsicht, dass die große Masse der Websites und Blogs vom JMStV nicht betroffen ist und auch in Zukunft nicht sein wird. Soweit in der Diskussion z.T. der Eindruck entsteht, es sei nunmehr eine allgemeine Kennzeichnungspflicht, ein Zwangs-Labeling, für alle Internetinhalte vorgesehen, so gibt der Entwurf das schlicht nicht her. § 5 JMStV-E besagt nur, dass Anbieter von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten ihr Angebot entsprechend einer Altersstufe kennzeichnen können, sofern eine anerkannte Altersbewertung existiert.

Diese Differenzierung nach Altersstufen oder anhand der Uhrzeit ("Sendezeiten") ist für Onlineangebote allerdings wirkungslos und deshalb nicht sinnvoll. Es wäre im Grunde ausreichend zu regeln, dass Anbieter jugendgefährdender Inhalte dafür Sorge zu tragen haben, dass Jugendliche sie nicht wahrnehmen.

Was das Thema Netzsperren angeht, sieht der JMStV unverändert die Möglichkeit von Sperrungsanordnungen gegen Access- und Host-Provider vor. Dieses Instrumentarium kennt das deutsche Recht seit weit mehr als 10 Jahren. Das ist zwar sachlich ebenfalls bedenklich, aber inhaltlich nicht mit dem Zugangserschwerungsgesetz vergleichbar, weil keine automatisierte Blockade anhand von Sperrlisten erfolgen kann, sondern vielmehr "nur" die Möglichkeit besteht, durch behördliche Bescheide die "Sperrung" bestimmter Websites anzuordnen.

Der JMStV ist aus diesen Gründen ein insgesamt fragwürdiges und diskussionswürdiges Regelwerk. Aber nicht jede gesetzgeberische Eselei erschüttert das Internet in seinen Grundfesten.

Das ändert freilich nichts daran, dass das derzeitige Konzept des deutschen Jugendmedienschutzes in rechtspolitischer Hinsicht verfehlt ist. In sieben Jahren JMStV hätte man eigentlich irgendwann zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass diese Regelungen, die stark von der Vorstellung der Rundfunkregulierung geprägt sind, den Praxistest nicht ansatzweise bestanden haben. Diese Einsicht fehlt nach wie vor, was das Festhalten am bestehenden Konzept belegt.

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22.2.10

BGH zur doppelten Schriftform

In einer neuen urheberrechtlichen Entscheidung des BGH (Urteil vom 17.09.2009, Az.: I ZR 43/07) finden sich etwas versteckt interessante Ausführungen zur Zulässigkeit von Klauseln, die eine sog. doppelte Schriftform vorsehen.

In vielen Verträgen findet man häufig Klauseln, die so oder so ähnlich lauten:
"Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Das Erfordernis der Schriftform kann nur durch eine schriftliche Vereinbarung der Vertragsparteien aufgehoben werden."
In letzter Zeit war die Meinung auf dem Vormarsch, dass derartige Klauseln generell unwirksam seien, weil durch das Verbot abweichender mündlicher Vereinbarungen gegen die Vertragsfreiheit verstoßen würde oder es zumindest treuwidrig sei, sich auf eine solche Klausel zu berufen.

Das sieht der BGH zumindest für Individualverträge im kaufmännischen Verkehr anders. Die m.E. insoweit entscheidende Passage aus den Urteilsgründen lautet
Eine solche "doppelte" Schriftformklausel kann, jedenfalls wenn sie - wie hier - zwischen Kaufleuten (§ 6 Abs. 1 HGB) in einem Individualvertrag vereinbart worden ist, nicht durch eine Vereinbarung abbedungen werden, die die Schriftform nicht wahrt (...). Das Berufungsgericht hat den Einwand der Beklagten, es sei mit Rücksicht auf die "gelebte Vertragspraxis" rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich, dass die Klägerin sich auf die Formbedürftigkeit einer nachträglichen Vereinbarung (...) berufe, mit Recht nicht als durchgreifend erachtet. Haben Kaufleute in einem Individualvertrag eine "doppelte" Schriftformklausel vereinbart, so ist der Einwand, die Berufung auf die Formbedürftigkeit nachträglicher Änderungs- oder Ergänzungsvereinbarungen verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, grundsätzlich nur erheblich, wenn die Einhaltung der Schriftform bewusst vereitelt worden ist.

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21.2.10

Zugangserschwerungsgesetz tritt in Kraft, soll aber nicht angewendet werden

Das Zugangserschwerungsgesetz wird vermutlich schon morgen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und würde dann bereits am 23.02.2010 in Kraft treten.

Mit einer Art Nichtanwendungserlass - was im Hinblick auf ein Gesetz ein bislang einzigartiger Vorgang sein dürfte - will die Bundesregierung aber offenbar verhindern, dass das BKA das Gesetz tatsächlich umsetzt.

Die Bundesregierung hatte offenbar bis zuletzt gehofft, dass Bundespräsident Köhler das Gesetz "entsorgt", was für die Politik sicherlich die bequemste Lösung gewesen wäre. Köhler hat ihr diesen Gefallen aber nicht getan und das Gesetz nach längerer Prüfungsphase doch noch ausgefertigt.

Update:
Das Zugangserschwerungsgesetz ist in der Ausgabe Nr. 6 aus 2010 vom 22.02.10 (S. 78) des Bundesgesetzblatts veröffentlicht worden und tritt daher am 23.02.2010 in Kraft.

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19.2.10

Was bitte ist "Digital rights fair trade"?

Die grüne Europaageordnete Helga Trüpel hält die Idee einer Kulturflatrate für unausgereift und fordert stattdessen ein "Digital rights fair trade". Ihre diesbezüglichen Vorstellungen hat sie in einem Thesenpapier und in einem Interview mit Carta zum Besten gegeben.

Nach der Lektüre der 12 Thesen wird schnell klar, dass es sich um nichts weiter handelt, als die gute alte Kopiergeräteabgabe in neuem Gewand. Internet Service Provider und Hardwarehersteller sollen dazu gezwungen werden, die Kreativen, von denen sie nach Ansicht von Frau Trüpel leben, angemessen zu bezahlen. Das ist nicht lediglich alter Wein in neuen Schläuchen, sondern weist eine enge geistige Nähe zur Forderung der Verleger nach Schaffung eines neuen Leistungsschutzrechts auf.

Dass Frau Trüpel insgesamt sehr schlecht informiert ist, zeigen die zahlreichen inhaltlichen Mängel ihres Papiers. So spricht sie z.B. von ISP Adressen, wenn sie IP-Adressen meint.

Die Kernaussage der Europaabgeordneten Trüpel lautet:
"Gerätehersteller wie Apple, Unternehmen wie Amazon und Internetserviceprovider verdienen Rekordsummen, ohne diejenigen, die die Inhalte schaffen, angemessen zu beteiligen"
Das hätte man unzutreffender wohl kaum formulieren können.

Was Amazon in dieser Aufzählung verloren hat, erschließt sich mir überhaupt nicht. Denn Amazon verkauft Bücher, DVD's, CD's und MP3-Dateien und sorgt somit dafür, dass die Content-Industrie und die Künstler verdienen. Das gilt in abgeschwächter Form auch für Apple, denn schließlich ist ITunes die vermutlich größte Plattform für Paid-Content im Musikbereich. Somit generiert auch Apple Umsätze zugunsten der Content-Industrie und macht damit das Gegenteil dessen, was Frau Trüpel behauptet. Bleiben noch die Provider. Die Forderung, dass ISP's Abgaben zugunsten von Content-Anbietern zahlen sollen, ist nicht wirklich neu. Würde man dies in die Tat umsetzen, dann führte das zunächst zu einer erheblichen Verteuerung des Internetzugangs zu Lasten aller Nutzer, denn die ISP's würden ihre gestiegenen Kosten natürlich auf die Kunden umlegen. Gerade in einer Informationsgesellschaft kann der Vorschlag von Trüpel deshalb nur als töricht bezeichnet werden.

Ganz abgesehen davon, stellt sich natürlich auch die Frage, was daran denn gegenüber der Idee einer Kulturflatrate vorzugswürdig sein soll.

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Stellen Filesharing-Abmahner selbst Dateien in P2P-Netzwerken bereit?

Die Vermutung, dass Rechteinhaber bzw. Gesellschaften wie DigiProtect Honigtöpfe aufstellen, in die Filesharer dann tappen, geistert immer wieder durch das Netz. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Gesellschaften wie DigiProtect selbst MP3-Dateien in Filesharing-Netzwerken platzieren, um Tauschbörsennutzer in die Abmahnfalle zu locken?

Der Vertrag zwischen DigiProtect und Kontor Records (u.a. Scooter) aus dem Jahre 2007 enthält hierzu folgende Klausel:
"DigiProtect ist verpflichtet, vor Einstellung von Aufnahmen in Netzwerke die gesonderte schriftliche Zustimmung von Lizenzgeber für jedes einzelne Netzwerk einzuholen."
Ob das dann in einzelnen Fällen auch passiert, bleibt freilich unklar.

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Streitwert von 6.000 EUR bei unberechtiger Onlinenutzung eines Fotos

Das Landgericht Köln hält einen Streitwert von 6.000 EUR bei Unterlassungsansprüchen, die sich gegen die unberechtigte Nutzung eines Fotos im Internet richten, für angemessen (Beschluss vom 13.01.2010, Az. 28 O 688/09).

Die Begründung des Landgerichts reicht allerdings über Allgemeinplätze nicht hinaus. Weil die Unterbindung der Missachtung geistiger Schutzrechte ein wichtiges Anliegen sei, so das Gericht, könne auch bei individuell nicht erheblichen Verstößen ein Streitwert von EUR 6.000,- in Ansatz gebracht werden.

Nachdem die Unterbindung von Rechtsverletzungen stets ein Anliegen der Allgemeinheit darstellt, müsste dies eigentlich auf jedwede (geringfügige) Rechtsverletzung übertragbar sein.

Das OLG Köln hat den Beschluss des Landgerichts bestätigt.

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Petition gegen Netzsperren am 22.Februar im Bundestag

Das sog. Zugangserschwerungsgesetz hat Franziska Heine im vergangenen Jahr auf den Plan gerufen, beim Deutschen Bundestag eine Petition, die sie "Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" überschrieben hat, einzureichen. Kurze Zeit später hatten 134.000 Unterstützer nicht nur dafür gesorgt, dass daraus die erfolgreichste Petition der deutschen Geschichte wurde, sondern auch dafür, dass der Druck auf die Bundesregierung in dieser Frage erheblich zugenommen hat. Dieser Druck wurde aber nicht wie sonst von Lobbyisten erzeugt, sondern durch ganz normale Bürger.

Die Petition wird am 22.Februar 2010 im Petitionsausschuss des Bundestages behandelt. Nachdem das Gesetz jetzt nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten wohl doch in Kraft treten wird, bleibt das Thema weiterhin aktuell.

Franziska Heine, die Initiatorin der Petition, erhält Rederecht im Ausschuss und wird den Ausschussmitgliedern ihre Position und ihre Bedenken gegen das Zugangserschwerungsgesetz nochmals darlegen. Wer Franziska hierfür noch Anregungen mit auf den Weg geben möchte, kann und sollte im Blog des AK Zensur dazu einen Kommentar hinerlassen.

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18.2.10

OLG Brandenburg: Schlösser dürfen auch zu gewerblichen Zwecken frei fotografiert werden

Das Landgericht Potsdam hatte in erster Instanz entschieden, dass der Eigentümer eines Gebäudes (hier: Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg) die gewerbliche Verwertung von Fotografien der Gebäude untersagen kann, die von öffentlichen Plätzen aus gefertigt worden sind. Konkret ging es um die Frage, ob das Fertigen von Lichtbildaufnahmen von Außenansichten der Schlösser der Stiftung im Park Sanssouci in Potsdam zu gewerblichen Zwecken zulässig ist ("Knipsgebühr").

Die Entscheidungen des Landgerichts, die ich bereits vor einem Jahr kritisiert hatte, sind vom Oberlandesgericht mit Urteilen vom 18.02.2010 (5 U 12/09, 5 U 13/09, 5 U 14/09) nun aufgehoben worden. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

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Filesharing: Wie zuverlässig ist die Ermittlung des Anschlussinhabers?

In der aktuellen Ausgabe der c't (5/2010, S. 50) stellt Holger Bleich die Beweisführung der Rechteinhaber bei der Ermittlung der Rechtsverletzer in Fällen des Filesharing in Frage.

Wie die Ermittlung und Abmahnung von Filesharern abläuft, habe ich vor einigen Wochen in einem längeren Beitrag erläutert.

Das gerichtliche Auskunftsverfahren, durch das derjenige Anschlussinhaber identifiziert wird, über dessen Anschluss die Nutzung von P2P-Netzwerken stattgefunden haben soll, stellt mittlerweile ein Massenverfahren dar, bei dem sowohl auf Seiten der Antragsteller als auch der Gerichte, insbesondere des Landgerichts Köln, nur noch mit Textbausteinen gearbeitet wird. Eine Einzelfallprüfung findet nicht statt. Die Beschlüsse des Landgerichts Köln enthalten stets folgenden Textbaustein:
"Die Kammer sieht dabei von weiteren Ermittlungen ab, da nach dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 101 Abs. 9 UrhG auszugehen ist und im Rahmen weiterer Ermittlungen nichts Sachdienliches mehr zu erwarten ist."
Wie das Gericht zu dieser Einschätzung gelangt, besagt der Beschluss freilich nicht.

Die Antragsteller, egal ob sie z.B. von den Rechtsanwälten Kornmeier oder wie im Beispiel der c't von der Kanzlei Nümann & Lang vertreten werden, verweisen im Hinblick auf die angebliche Zuverlässigkeit ihrer Ermittlungsmaßnahmen immer auf Aussagen von "Privatgutachtern" oder auf eidesstattliche Versicherungen von "Administratoren", die bestätigen, dass eine Software verwendet wird, die in der Lage ist, eindeutig und zweifelsfrei ein bestimmtes Werk anhand des Hash-Werts zu ermitteln. Das Gericht prüft, auch mangels eigener Sachkenntnis, dabei regelmäßig weder die fachliche Eignung dieser Sachverständigen, noch die Plausibilität der inhaltlichen Aussagen.

Die Hashwert-Methode mag mit hoher Wahrscheinlichkeit zu richtigen Ergebnissen führen, eindeutig und zweifelsfrei sind diese Ergebnisse aber nicht. Es ist unstreitig einerseits so, dass ein und dasselbe Musikstück mit verschiedenen Hash-Werten im Umlauf sein kann und es andererseits zumindest möglich ist, dass inhaltlich unterschiedliche Dateien denselben Hash-Wert aufweisen.

Es kann aber auch bei den Providern zu Fehlern kommen, wenn die IP-Adresse einem Anschlussinhaber zugeordnet wird. Für den Betroffenen ist auch nicht überprüfbar, ob die IP-Adresse, die er angeblich benutzt hat, überhaupt Gegenstand des fraglichen Auskunftsbeschluss ist.

Die c't hat in ihrem Beitrag das Gutachten, auf das sich die Kanzlei Nümann & Lang regelmäßig beruft, von einem unabhängigen Sachverständigen durchsehen lassen, der erhebliche Mängel und Defizite festgestellt hat.

Die Schlussfolgerung der c't, dass zwar in den meisten Fällen zumindest der richtige Anschlussinhaber ermittelt wird, dass aber wohl eine gewisse Fehlerquote verbleibt, deckt sich mit den Erkenntnissen meiner Sachbearbeitung. Die Fehlerquote dürfte sich bereits im Prozent- und nicht mehr im Promillebereich bewegen. Nun mag man eine Zuverlässigkeit von 98 oder 99 % für hoch halten. Angesichts von hunderttausenden derartiger Abmahnungen jährlich, bedeutet das aber auch, dass tausende gänzlich Unbeteiligter in Anspruch genommen werden.

Dass außerdem in jedem zweiten Fall der Anschlussinhaber nicht der Verletzer ist, kommt hinzu. Ob der Anschlussinhaber ohne weiteres in Anspruch genommen werden kann, stellt eine umstrittene Rechtsfrage dar, die einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.

Das System der Filesharing-Abmahnungen funktioniert auch deshalb, weil Gerichte wie das Landgericht Köln den Angaben der Antragsteller in den Auskunftsverfahren blindlings folgen.

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DPA wohl keine seriöse Quelle mehr

Wenn man von der DPA verbreitete Falschmeldungen wie diese hier liest, die die Presseagentur anschließend ohne jede Klarstellung einfach wieder umschreibt, fragt man sich unweigerlich, ob die DPA noch als seriöse Informationsquelle betrachtet werden kann. Wieviele solcher Falschmeldungen von Presseagenturen, die anschließend von dutzenden Redaktionen ungeprüft übernommen werden, bekommt man tagtäglich wohl vorgesetzt? Es werden nicht wenige sein. Viel schwerer wiegt allerdings der Umstand, dass die DPA das unter den Teppich kehrt, anstatt eine Richtigstellung zu veröffentlichen.

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17.2.10

Bundespräsident unterzeichnet Zugangserschwerungsgesetz nun doch

Bundespräsident Horst Köhler hat das Zugangserschwerungsgesetz doch noch ausgefertigt, weshalb das umstrittene Gesetz nunmehr in Kraft treten wird.

Nachdem die Bundesregierung das Gesetz aber nicht anwenden möchte,muss sie, wenn sie nicht den nächsten Verfassungsbruch begehen will, nunmehr ein Aufhebungsgesetz auf den Weg bringen, um dadurch das Zugangserscherungsgesetz auf dem regulären gesetzgeberischen Weg wieder zu beseitigen.

Update:
Es gibt bereits verschiedene Gesetzesinitiativen zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes, u.a. der Grünen, der Linken und wie man hört, will auch die SPD noch einen Antrag einbringen. Die erste Lesung soll am 25.02.10 im Bundestag stattfinden. Ob einer dieser Anträge allerdings die Zustimmung der Koalitionsfraktionen finden wird, darf bezweifelt werden. Denn wer das politische Spiel kennt, der weiß, dass nur ganz ungern einem Antrag des politischen Gegners zugestimmt wird.

Inhaltlich bietet der Antrag der Grünen die einfache und saubere Lösung, nämlich die vollständige Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes. Diesen oder einen inhaltsgleichen Antrag müsste die FDP, wenn sie auf ihrer Linie bleibt, ebenfalls unterstützen. Der weitergehende Antrag der Linken dürfte kaum mehrheitsfähig sein und ist zudem mit Blick auf die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich der Gefahrenabwehr ebenso problematisch, wie es das Zugangserschwerungsgesetz war.

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16.2.10

Der Jugendmedienschutz muss generell auf den Prüfstand

Derzeit wird viel über einen neuen Entwurf eines Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) diskutiert. Dieser Entwurf verfestigt mit Blick auf die neuen Medien aber nur eine Jugendschutzpolitik, die sich bereits in der geltenden Fassung des JMStV wiederfindet.

Die Einhaltung der Vorgaben des JMStV ist Sache der sog. Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Sie dient, wie § 14 Abs. 2 JMStV besagt, den jeweiligen Landesmedienanstalten als Organ bei der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jugendmedienschutzes.

Alvar Freude stellt in seinem Blog nun die These auf, dass die KJM gefährlicher sei als "Zensursula" und das Zugangserschwerungsgesetz. Freude stützt diese Ansicht vor allem auf ein Papier der KJM in dem es u.a. um die Möglichkeit von Sperrungsverfügungen gegen Access-Provider geht. In seiner Schlussfolgerung, dass wir insgesamt ein Umdenken beim Jugendmedienschutz brauchen, kann ich ihm freilich nur zustimmen.

Die derzeitige Diskussion greift zu kurz, wenn sie nur den neuen Entwurf des JMStV kritisch betrachtet. Vielmehr ist das Gesamtkonzept des deutschen Jugendmedienschutzes in Frage zu stellen. Denn die Mechanismen die der JMStV vorsieht, knüpfen an Vorstellungen der Rundfunkregulierung an, die auf das Netz nicht nur nicht 1:1, sondern überhaupt nicht übertragen werden können. Diejenigen, die in Deutschland in diesem Bereich derzeit meinungsbildend sind, kommen allerdings primär aus dem Rundfunkbereich bzw. dem klassischen Jugendschutz. Und das ist eine der Ursachen der derzeitigen Fehlentwicklung.

Am Anfang aller Überlegungen sollte die Einsicht stehen, dass der Jugendmedienschutz in seiner jetzigen Form lediglich Scheinlösungen anbietet, die niemandem nutzen. Jeder durchschnittlich begabte Hauptschüler kann heutzutage soviele pornographische Inhalte aus dem Netz saugen, wie er niemals konsumieren kann. Die meisten Anbieter von Inhalten, die nach inländischen Kriterien als jugendgefährdend eingestuft werden, haben sich zudem formal ohnehin längst im Ausland angesiedelt und dem Zugriff deutscher Behörden entzogen. Ob deutsche Jugendschützer ein paar Webseiten kennzeichnen oder nicht, spielt deshalb im Ergebnis keine Rolle und dient nur dazu, in der Öffentlichkeit den Anschein eines wirksamen Jugendschutzes aufrecht zu erhalten.

Man wird in diesem Zusammenhang auch früher oder später die Frage zu diskutieren haben, ob pornographische Inhalte für einen 15-jährigen tatsächlich entwicklungsbeeinträchtigend sind und ob die derzeitige Stoßrichtung des Jugendschutzes sich insoweit noch auf eine ausreichend tragfähige Grundlage stützen kann. Mir persönlich erscheinen hier zu oft, fragwürdige Moralvorstellungen die Diskussion zu dominieren.

Unabhängig davon, würde sich für den Jugendmedienschutz keinerlei nennenswerte Veränderung ergeben, wenn man den JMStV morgen ersatzlos streicht. Denn derzeit passiert praktisch ohnehin nichts.

Nachdem man das auch bei den zuständigen Stellen wie der KJM weiß, aber öffentlich niemals zugeben würde, versucht man die eigene Hilflosigkeit und Untätigkeit dadurch zu kaschieren, dass man Regulierungsansätze auf Ebene der Access-Provider propagiert. Das kann bei dem Teil der Bevölkerung, der mit den Zusammenhängen und Hintergründen nicht vertraut ist, durchaus auf positive Resonanz stoßen, wie die Wahlkampfshow Ursula von der Leyens gezeigt hat. Tatsächlich stellt dies aber nur ineffektives Blendwerk dar und gefährdet darüber hinaus die freie und ungehinderte Kommunikation im Netz. Es ist deshalb an der Zeit, dass die Netzgemeinde gegen das Konzept des JMStV in gleicher Weise mobil macht, wie gegen das Zugangserschwerungsgesetz.

Was aber ist tatsächlich nötig im Bereich des Jugendmedienschutzes? Einige Thesen:

1. Der Jugendschutz im Internet unterscheidet sich von dem in anderen Medien wie Rundfunk und Print fundamental. Das Internet ist keine moderne Form des Rundfunks. Eine sinnvolle Änderung des JMStV würde darin bestehen, den Bereich des Internets abzukoppeln und mit einem eigenständigen Expertengremium zu besetzen. Eine Art KJM für das Netz, die mit wirklichen Fachleuten besetzt ist, die die Mechanismen des Internets verstehen.

2. Die im Inland möglichen Maßnahmen gegen Inhaltsanbieter müssen konsequent ergriffen werden. In diesem Bereich besteht ein erhebliches Vollzugsdefizit. Die Diskussion über Netzsperren soll über diese Defizite hinwegtäuschen und stellt lediglich politisch motivierte Augenwischerei dar.

3. Die Ziele des Jugendmedienschutzes sind nicht länger primär durch Ge- und Verbote gegenüber Anbietern zu erreichen. Sowohl der Gesetzgeber als auch die zuständigen Behörden müssen sich von dieser Vorstellung verabschieden. Aufgabe des Staates wird es künftig vor allen Dingen sein, in den Schulen Medienkompetenz zu vermitteln. Ansonsten fällt es primär in den Verantwortungsbereich der Eltern, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder nicht mit bedenklichen Inhalten in Kontakt kommen.

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Keinen Fußbreit den Faschisten

"Wie ich zum Radikalen wurde und mit vielen Verbündeten, den Aufmarsch der Neonazis verhinderte" schildert der in Dresden geborene Schriftsteller Ingo Schulze in der Süddeutschen Zeitung vom 16.02.10 (S. 11). Must Read!

Man versteht bei der Lektüre des Textes, warum es Aufgabe jedes Bürgers ist, sich den Nazis in den Weg zu stellen, auch über Versammlungsverbote hinweg. Dass die Polizeibehörden im Vorfeld wenig Geschichtsbewusstsein bewiesen und in rechtswidriger Art und Weise das Aktionsbündnis "Dresden nazifrei" behindert haben, sollte auch immer wieder erwähnt werden.

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15.2.10

Anonyme Abmahnung

Das Abmahnwesen treibt seltsame Blüten. Gerade habe ich ein Anwaltsschreiben auf dem Tisch, in dem der Kollege wettbewerbsrechtlich abmahnt und mitteilt, dass er einen Mitbewerber vertritt, der dieselben Produkte vertreibt wie mein Mandant. Den Namen seines Mandanten will der Kollege allerdings nicht nennen. Er fordert auch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung - wem gegenüber sollte die auch abgegeben werden - sondern nur die bloße Unterlassung und natürlich die Erstattung von Anwaltskosten.

Abgesehen davon, dass der Unterlassungsanspruch nach UWG ein konkretes Wettbewerbsverhältnis voraussetzt, dessen Bestehen man ohne Kenntnis der Person des des Abmahnenden schlecht prüfen kann, stellt sich in diesem Fall auch die Frage, ob dieser Kollege überhaupt einen Mandanten hat. Ob der Kollege diese Anwaltskosten wohl auch anonym einklagen will?

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BGH: Kosten der zweiten Abmahnung nicht erstattungsfähig

Der Bundesgerichtshof hat mit einem heute veröffentlichten Urteil vom 21.01.2010 (Az.: I ZR 47/09) entschieden, dass regelmäßig nur die Anwaltskosten der ersten vorgerichtlichen Abmahnung erstattungsfähig ist.

Der Leitsatz des BGH lautet:
Ein Wettbewerbsverband, der den Schuldner nach einer selbst ausgesprochenen, ohne Reaktion gebliebenen ersten Abmahnung ein zweites Mal von einem Rechtsanwalt abmahnen lässt, kann die Kosten dieser zweiten Abmahnung nicht erstattet verlangen (Abgrenzung von BGHZ 52, 393, 400 - Fotowettbewerb).
Das bedeutet freilich auch, dass derjenige, der zunächst selbst abmahnt, um Kosten für sich und die Gegenseite zu vermeiden, damit das Risiko eingeht, auf den nachfolgenden vorgerichtlichen Anwaltskosten sitzen zu bleiben.

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13.2.10

Gibt es eigentlich Raubkopien Frau Merk?

Die bayerische Justizministerin Beate Merk wartete heute mit einem ganz besonderen Bonmot auf, denn sie erläutert uns, dass Daten keine Sachen sind, man sie deshalb nicht stehlen könne, weshalb es natürlich auch keine Hehlerei an Daten geben könne.

Aber kann man Daten dann eigentlich rauben, wenn man sie nicht stehlen kann? Denn schließlich bezeichnet Raub ja nichts anderes als einen Diebstahl mittels Gewalt. Wenn es also keinen Datendieb gibt, dann gibt es natürlich auch keinen Raubkopierer.

Warum redet man trotzdem von Raubkopien, liebe Frau Merk? Ja genau, weil man umgangssprachlich auch von Geheimnishehlerei (§ 17 Abs. 2 UWG) spricht. Und das ist genau der Straftatbestand, den der deutsche Beamte erfüllt, der (vielleicht auch bald in Ihrem Auftrag?) Daten-CD's in der Schweiz ankauft.

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12.2.10

Wieder einstweilige Verfügung gegen RapidShare

Dem Sharehoster RapidShare ist zum wiederholten Male per einstweiliger Verfügung untersagt worden, urheberrechtlich geschützte Werke online über seinen Dienst öffentlich zugänglich machen zu lassen. Im konkreten Fall ging es um Buchtitel der Verlage De Gruyter und Campus. Das meldet borsenblatt.net.

Die meisten dieser einstweiligen Verfügungen wurden bisher beim Landgericht Hamburg erwirkt und dies sicherlich nicht ohne Grund. Denn die Rechtslage ist mit Blick auf Sharehoster keineswegs so eindeutig, wie die Rechteinhaber gerne behaupten.

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Verfassungsbeschwerde gegen § 97a Abs. 2 UrhG (Deckelung der Abmahnkosten) unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde eines eBay-Power-Sellers gegen die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG mit Beschluss vom 20.01.2010 (Az.: 1 BvR 2062/09) nicht zur Entscheidung angenommen. Nach der Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG werden die Abmahnkosten bei einer erstmaligen Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf EUR 100,- begrenzt.

Diese Vorschrift läuft in der Praxis bislang ohnehin weitgehend leer, weil zahlreiche Instanzgerichte z.B. in Fällen des Filesharing bereits bei einem einzigen Musikalbum einen Fall eines gewerblichen Ausmaßes annehmen und z.T. auch den einfach gelagerten Fall verneinen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringt keine wesentlich neuen Erkenntnisse, macht allerdings deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung auch der Schranken des Urheberrechts über einen weiten Spielraum verfügt. Das Gericht führt hierzu u.a. aus:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen. Der Urheber hat nach dem Inhalt der Eigentumsgarantie grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm der wirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit zugeordnet wird, soweit nicht Gründen des gemeinen Wohls der Vorrang vor den Belangen des Urhebers zukommt (...). Bei der Bestimmung dessen, was als angemessene Verwertung eines Werks anzusehen ist, hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum.
Zur Frage der Auslegung des Rechtsbegriffs des gewebrlichen Ausmaßes in § 97a Abs. 2 UrhG habe ich vor einigen Monaten einen Aufsatz für das AnwaltZertifikatOnline verfasst.

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11.2.10

Nacktscanner und der Saunabesuch

Der Journalist und Blogger Jeff Jarvis - den ich persönlich für stark überschätzt halte - macht sich über den deutschen Datenschutz und unsere Vorstellung von "Privacy" lustig und versteht nicht, wie man nackt in eine Sauna gehen, gleichzeitig aber gegen Nacktscanner sein kann.

Und ich verstehe nicht, wie man angezogen in eine Sauna gehen aber mit Körperscannern keinerlei Probleme haben kann. In dem einen Fall geht es um Prüderie und in dem anderen Fall um die Verteidigung von Grundrechten. Das hat aber insofern etwas miteinander zu tun, als sowohl der Saunabesuch ohne Badehose wie auch die Ablehnung von Nacktscannern eine liberale Haltung zum Ausdruck bringen.

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Europaparlament stoppt Swift-Abkommen

Das Europaparlament löst sich aus der Umklammerung des Rates und lehnt das bereits mit den USA vereinbarte Swift-Abkommen, das die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA vorsieht, mit deutlicher Mehrheit ab.

Wie man hörte, sind viele Abgeordnete von Lobbyisten der US-Administration in den letzten Tagen massiv bedrängt worden. Umso erstaunlicher ist das deutliche Signal des Parlaments für ein unabhängiges und freiheitliches Europa.

Vielleicht ist das sogar die Geburtsstunde eines neuen Europa, eines Europa der Bürger, das sich gegen Lobbyisten, Technokraten und Überwachungsbefürworter zur Wehr zu setzen vermag.

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Untergeschobene Zustimmung zur Zusendung von Werbung in Teilnahmeerklärung für Gewinnspiel

Nach zwei Urteilen des Landgerichts Berlin vom 18.11.2009 dürfen Teilnahmecoupons für Gewinnspiele keine Erklärungen enthalten, durch die die Teilnehmer gleichzeitig einer Werbung per Telefon oder E-Mail zustimmen.

Das Gericht hat offenbar Verstöße gegen das UWG und das Bundesdatenschutzgesetz angenommen und klargestellt, dass Einwilligungsklauseln zur Weitergabe persönlicher Daten nur zulässig sein können, wenn sie vom übrigen Text deutlich abgehoben sind. Sie müssen außerdem klar beschreiben, von wem die Daten für welche Zwecke verarbeitet und genutzt werden. Telefon- und E-Mail-Werbung ist nur dann statthaft, wenn der Kunde eine gesonderte Einwilligungserklärung unterschreibt oder durch Ankreuzen eines Kästchens aktiv zustimmt.

Urteile des LG Berlin vom 18.11.2009, Az. 4 O 89/09 (Axel-Springer-Verlag) und 4 O 90/09 (Ullstein-Verlag) - nicht rechtkskräftig

Quelle: Pressemitteilung Verbraucherzentrale Bundesverband vom 09.02.2010

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BGH verhandelt über Urheberrechtsverletzung durch Abstracts

Der Bundesgerichtshof verhandelt am 15.07.10 (Az.: I ZR 13/08 und I ZR 12/08) die Frage von Urheberrechtsverletzungen durch Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln ("Abstracts"). Das - von mir sehr geschätze - Onlinekulturmagazin Perlentaucher bietet Zusammenfassungen von Feuilletonartikeln verschiedener Zeitungen an. Solche "Abstracts" lizenziert der Perlentaucher gegen Entgelt auch an Amazon und buecher.de, soweit sie Literaturkritiken zum Gegenstand haben.

Hiergegen klagen die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung, die ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletzt sehen. Die Vorinstanzen haben die Klagen der Verlage abgewiesen und die Abstracts als zulässige freie Benutzung der Originalrezensionen (§ 24 UrhG) betrachtet.

Mit Spannung erwartet wird außerdem die Entscheidung des BGH zur Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit der Google-Thumbnails, die nunmehr für den 29.04.10 angekündigt ist.

Eine Vorschau auf die weiteren anstehenden Entscheidungen und Termine des BGH mit Bezug zum Internet- und Medienrecht bietet Telemedicus.

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10.2.10

Urheberrecht 2.0: Warum die Kulturflatrate ein richtiger Ansatz ist

Das erklärt Volker Grassmuck in einem Gastbeitrag auf netzpolitik.org sehr schlüssig und widerlegt gleichzeitig die Argumente, die die Musikindustrie gegen eine Kulturflatrate ins Feld führt.

Die Musikindustrie hat es Ende der 90'er Jahre verabsäumt, auf ein Paid-Content-Modell für Musik im Netz hinzuwirken und damit ihr eigene Krise zu einem erheblichen Teil selbst verursacht. Stattdessen hat die Industrie rückwärtsorientiert agiert und versucht mit juristischen Mitteln und DRM gegen Raubkopierer zu kämpfen. Dieses Konzept ist gescheitert.

Dass die Musikindustrie daraus immer noch nichts gelernt hat, belegen ihre falschen und gegen die eigenen wirtschaftlichen Interessen gerichteten Thesen zum Vorschlag einer Kulturflatrate.

Die Krise der Musikindustrie ist Ausdruck der kollektiven Unfähigkeit eines ganzen Wirtschaftszweigs sich den Herausforderungen des Internets zu stellen. Man will das nur nicht wahrhaben.

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Die Ablösung des Urheberrechtsexzesses durch das Recht zum Kopieren

Zu einem Thema wollte ich garantiert nichts schreiben, nämlich zu Helene Hegemann. Denn diese Sau wird gerade zu Genüge durch das feuilletonistische Dorf getrieben und die verlogene Doppelmoral des Flaggschiffs FAZ haben andere bereits so treffend analysiert, wie ich es nie gekonnt hätte.

Aber nachdem ich den gelungenen Beitrag von Willi Winkler zum Thema in der Süddeutschen gelesen habe, hat es mich doch noch in den Fingern gejuckt.

Denn Winkler zitiert Hegemann mit folgenden Worten:
"Wenn da die komplette Zeit über reininterpretiert wird, dass das, was ich geschrieben habe, ein Stellvertreterroman für die Nullerjahre ist, muss auch anerkannt werden, dass der Entstehungsprozess mit diesem Jahrzehnt und den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts zu tun hat, also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation."
Das ist dann doch vielleicht ein ziemlich kluger Satz und zugleich ein Schlag ins Gesicht der etablierten Verlagsszene. Oder eben doch nur eine uralte Weisheit, die bereits Oscar Wilde mit dem Satz "Talent borrows, genius steals" formuliert hat?

Dass die FAZ Hegemann verteidigt und damit - vermutlich unbewusst - mit ihrer bisherigen Linie bricht, zeigt nur, dass niemand der Diskussion um ein anachronistisches Urheberrecht auf Dauer entkommen wird. Selbst die nicht, die ansonsten ein neues Leistungsschutzrecht für Verlage fordern.

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9.2.10

BGH hebt meinungsfeindliche Hamburger Rechtsprechung erneut auf

Der Bundesgerichtshof hat das meinungsfeindliche "Hamburger Landrecht" erneut korrigiert und Entscheidungen des OLG Hamburg (1. Instanz: LG Hamburg) aufgehoben, durch die SpiegelOnline die Nennung der als Täter wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedelmayr verurteilten Personen in einem Dossier mit Altmeldungen untersagt worden war.

Bereits mit Urteilen vom 15.12.2009 hatte der BGH in einem parallelen Fall die namentliche Nennung der Sedlmayr-Mörder in Onlinearchiven des Deutschlandradios für zulässig erachtet und anderslautende Urteile der hanseatischen Gerichte aufgehoben.

Urteile des BGH vom 9. Februar 2010 (Az.: VI ZR 243/08 und VI ZR 244/08)
Quelle: Pressemitteilung Nr. 30/2010 vom 09.02.2010

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Von der Zugangserschwerung zur Löschung

Die Grünen wollen offenbar einen Gesetzesentwurf zur vollständigen Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes in den Bundestag einbringen, wie Heise berichtet. Das wäre in jedem Fall der richtige Ansatz und stellt die einzige saubere Lösung zur Beendigung des derzeitigen Schwebezustands dar.

Was den Inhalt des angekündigten "Löschgesetzes", das an die Stelle des Zugangserschwerungsgesetzes treten soll, angeht, schweigt sich die Bundesregierung bislang aus. Man munkelt allerdings, dass hierdurch neue Befugnisse und Zuständigkeiten des BKA für derartige Löschungsmaßnahmen geschaffen werden sollen. Das würde allerdings voraussetzen, dass zunächst das Grundgesetz entsprechend geändert und eine diesbezügliche Verwaltungskompetenz des BKA geschaffen wird. Außerdem würden damit natürlich die Kompetenzen der Länder im Bereich des Polizei- und Sicherheitsrechts eingeschränkt, was zu Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern führen könnte.

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Strafbarkeit der Umgehung des SIM-Locks?

Vertragshandys sind mit einer Sperre (SIM-Lock) versehen, die sicherstellen soll, dass das Handy nur im Netz des Anbieters benutzt wird, mit dem man einen Mobilfunkvertrag - zumeist über eine Laufzeit von 24 Monaten - abgeschlossen hat. Das ist der Preis den man dafür bezahlt, dass man das Handy im Rahmen des Vertrags kostenlos oder sehr günstig bekommt.

Dieser SIM-Lock lässt sich freilich auf verschiedene Arten umgehen bzw. knacken, was von manchen Staatsanwaltschaften allerdings strafrechtlich verfolgt wird.

In einem Anörungsbogen einer Polizeidienststelle heißt es hierzu: "Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen (...) wurde bekannt, dass Sie Käufer einer Unlockkarte für Handy's waren." Es folgt eine wörtliche Wiedergabe von § 263a StGB (Computerbetrug), verbunden mit dem abschließenden Hinweis, dass mit dem Erwerb der Unlockkarte der Tatbestand erfüllt worden sei.

Das ist freilich Strafrecht zum Davonlaufen. Denn der bloße Erwerb einer solchen Karte erfüllt die Tatbedstandsvoraussetzungen des § 263a StGB (noch) nicht und kann allenfalls eine Vorbereitungshandlung darstellen, wobei auch das kritisch ist, nachdem durchaus auch Fälle einer legalen Verwendung denkbar sind.

Ob die anschließende Umgehung des SIM-Locks den Tatbestand des § 263a StGB erfüllen kann, ist aber auch zweifelhaft. Denn es handelt sich zunächst nur um eine Vertragverletzung, sofern es vertraglich untersagt ist, während der Vertragslaufzeit den SIM-Lock auszuhebeln. Und der bloße vertragswidrige Gebrauch soll nach dem Sinn und Zweck von § 263s StGB an sich nicht strafbar sein, wenngleich der Wortlaut insoweit ungenau ist. Hinzu kommt auch im Einzelfall noch die Frage nach dem Schaden.

Im Zusammenhang mit diesem Problemkreis werden auch noch andere Straftatbestände diskutiert, wie z.B. § 303a StGB oder § 108b UrhG. Der Urheberrechtsverstoß ist allerdings im Falle einer ausschließlichen Nutzung zum eigenen Gebrauch nicht strafbar.

Derzeit ist völlig offen, ob in diesen Sachverhalten tatsächlich eine Strafbarkeit in Betracht kommt oder nicht.

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8.2.10

Kein Zugangserschwerungs- sondern ein Löschgesetz

Die Bundesregierung rückt von dem - gegen den Rat der meisten Fachleute - verabschiedeten Zugangserschwerungsgesetz wieder ab und möchte dieses nach einer Meldung von SpiegelOnline durch ein "Löschgesetz" ersetzen. Möglicherweise entgeht man aber damit nur dem, was für die Bundesregierung ein mediales Fiasko wäre, nämlich, dass ihr der Bundespräsident die offensichtliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes bescheinigt und seine Unterschrift verweigert.

Was in einem Löschgesetz allerdings konkret geregelt werden soll, bleibt vorerst unklar. Sinnvoller wäre es allemal, wenn die deutsche Exekutive stattdessen endlich handeln würde. Denn für die Forderung "Löschen statt Sperren" bedarf es keiner neuen gesetzlichen Regelungen. Wenn deutsche Polizei- und Sicherheitsbehörden auf kinderpornografische Inhalte im Netz aufmerksam werden, dann können Sie Abuse-Mails schreiben und parallel die zuständigen ausländischen Behörden informieren und auf eine Löschung hinwirken.

Jedenfalls zeigt die Entwicklung, dass die Arbeit des Arbeitskreises gegen Internet-Sperren und Zensur Früchte getragen hat. Die Politik sollte erkannt haben, dass die Bürger mittlerweile in der Lage sind, sich aus dem Netz heraus zu formieren und für erheblichen politischen Gegenwind zu sorgen.

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Lachnummer: Gravenreuth erstattet Strafanzeige wegen Steuer-CD

Eine Meldung auf Udo Vetters Law Blog hat mir meinen Tag gerettet. Rechtsanwalt von Gravenreuth erstattet Strafanzeige gegen Mitarbeiter der Wuppertaler Steuerfahndung wegen des Ankaufs der ominösen Steuersünder-CD aus der Schweiz. Und Gravenreuth hat einen Tatbestand ausfindig gemacht, der bislang überhaupt nicht diskutiert wurde, nämlich eine unerlaubte Verwertung einer Datenbank nach dem UrhG. Die Normenkette hierzu muss richtiger Weise lauten §§ 108 Nr. 8, 108a, 87b UrhG.

Dabei hat der Kollege von Gravenreuth vermutlich aber übersehen, dass sich juristische Personen nach schweizerischem Recht wegen § 127a UrhG erst gar nicht auf den Datenbankschutz nach deutschem Urheberrecht berufen können und auch kein entsprechendes Abkommen mit der Schweiz besteht.

Die deutschen Steuerfahnder machen sich gleichwohl strafbar und zwar nach § 17 Abs. 2 UWG. Aber selbst wegen der einschlägigen Straftatbestände dürfte kaum ein Ermittlungsverfahren drohen.

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Filesharing: Keine Störerhaftung im Strafrecht

Wenn es um die Frage der Strafbarkeit des Filesharing geht, reicht der Nachweis, dass eine Tauschbörsennutzung über einen bestimmten Internetanschluss stattgefunden hat, nicht dafür aus, den Anschlussinhaber als Täter zu verurteilen. Das gilt zumindest dann, wenn auch eine Nutzung durch Familienangehörige des Angeklagten in Betracht kommt. Das hat das Amtsgericht Mainz mit Urteil vom 24.9.2009 (Az.: 2050 Js 16878/07.408ECs) entschieden und den angeklagten Anschlussinhaber freigesprochen.

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LG Köln: Zulässigkeit der Verwendung von Google Street View

Das Landgericht Köln hatte sich mit Urteil vom 13.01.2010 (28 O 578/09) mit Frage der Zulässigkeit der Verwendung von Google Street View zu befassen. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses, die Beklagte betreibt ein Internetportal "Bilderbuch-Köln" auf dem sie Gebäude und Häuser der Stadt Köln abbildet, wobei es ihr erklärtes Ziel ist, in absehbarer Zeit dort jedes Kölner Gebäude abzubilden. Die Fotos stammen von Google Street View. Die Gebäude können bei der Beklagten auch über eine Adresssuche gefunden werden. Die Klägerin meint, dass dies eine unzulässige Veröffentlichung personenbezogener Daten sei und im übrigen ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Das Landgericht Köln hat die Klage abgewiesen.

Das Gericht geht zunächst davon aus, dass ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausscheidet, weil die veröffentlichten Fotos nur das abbilden, was jedermann von der Straße aus ohnehin sehen kann.

Mit Blick auf den geltend gemachten Verstoß gegen Datenschutzrecht geht das Landgericht Köln davon aus, dass sich die Beklagte auf das Medienprivileg des § 41 BDSG berufen kann, weil sie u.a. auch Informationen zur Architektur und Stadtgeschichte anbietet. Abgesehen davon sei eine Verwendung des Google-Bildmaterials nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig, insbesondere wegen der Bedeutung der Meinungs- und Informationsfreiheit.

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4.2.10

Der Arbeitnehmer auf der Firmenwebsite

Nachdem sich Unternehmen im Internet sehr gerne auch mit den Fotos von Mitarbeitern präsentieren, wird von Arbeitnehmern auch immer öfter die Frage nach dem Recht am eigenen Bild gestellt, vor allem nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Der Kollege Dramburg hat zu dieser Thematik einen anschaulichen Blogbeitrag geschrieben, der einige der Problempunkte aufgreift.

Ein derartiger Streitfall hat mir vor einigen Wochen das seltene Vergnügen eines Termins vor dem Arbeitsgericht München verschafft. Ein Arbeitgeber hatte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über Jahre hinweg eine ganze Reihe von Fotos (einzeln und in der Gruppe) seiner früheren Arbeitnehmerin auf seiner Website belassen. Der Arbeitgeber hat sich vorgerichtlich geweigert, die Fotos vom Netz zu nehmen und Schadensersatz zu leisten. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, in dem sich der Arbeitgeber schließlich zur Unterlassung und zur Zahlung von immerhin EUR 1.300,- Schadensersatz verpflichtet hat.

Wer Fotos seiner Arbeitnehmer ins Web stellt, sollte dies also in jedem Fall nur mit ausdrücklicher Zustimmung seiner Mitarbeiter tun, sinnvoller Weise auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung.

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Datenschutz: CCC fordert Gesetzgeber auf einen Datenbrief einzuführen

Der Chaos Computer Club fordert zur Stärkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung die Einführung eines sog. Datenbriefs. Danach soll jede speichernde Stelle (öffentlich und nicht-öffentlich) verpflichtet sein, den Bürger von sich aus regelmäßig über die gespeicherten personenbezogenen Daten zu informieren.

Der CCC wörtlich:
"Wenn eine Firma, Behörde oder Institution personenbezogene Daten über jemanden erhebt, speichert oder übermittelt, muß der Betroffene regelmäßig über die über ihn gespeicherten Daten informiert werden. Das betrifft auch Daten, die über ihn beispielsweise durch "Anreicherung" mit anderen Datenquellen erzeugt werden, also Profile, Scoring-Werte, Annahmen über Vorlieben, interne Kundenklassenzuordnungen usw. Natürlich sind diese Daten zum Teil hochdynamischer Natur, das ändert jedoch nichts daran, daß der Betroffene ein Recht auf regelmäßigen kostenlosen Einblick hat."
Eine innovative Idee, an der vermutlich aber gerade staatliche Stellen keinen Gefallen finden werden.

(via netzpolitik.org)

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Amtsgericht Frankfurt weist Klage von DigiProtect / Kornmeier auf Erstattung von Abmahnkosten ab

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 29.01.2010 (31 C 1078/09 - 78) eine Klage der Fa. DigiProtect, vertreten durch die Rechtsanwälte Kornmeier und Partner, auf Erstattung von Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgewiesen und nur Schadensersatz von EUR 150,- zugesprochen. Das berichtet Rechtsanwalt Alexander Kohut auf Twitter. Hintergrund der Klage war eine urheberrechtliche Abmahnung eines Filesharers durch DigiProtect.

Das Amtsgericht Frankfurt ist aufgrund neuer Erkenntnisse von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt.

Im November war auf Wikileaks ein von Dr. Udo Kornmeier unterschriebenes Fax vom 19.03.2008 aufgetaucht, in dem dargestellt wird, dass die Kanzlei Kornmeier intern mit DigiProtect auf Basis einer (unzulässigen) Erfolgshonorarvereinbarung abrechnet. Kurze Zeit später hat Kornmeier dann in einer eidesstattlichen Versicherung vom 30.11.2009 gegenüber dem Landgericht Frankfurt erklärt, er würde mit DigiProtect auf Basis eines monatlichen Pauschalhonorars abrechnen, weil es für DigiProtect aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich sei, in jedem einzelnen Fall eine 1,3-Gebühr nach dem RVG aus einem Streitwert von EUR 10.000,- zu bezahlen. Dieses Dokument lag dem Amtsgericht Frankfurt vor und hat das Gericht offenbar dazu veranlasst, die auf das RVG gestützte Kostenklage abzuweisen. Denn eine Erstattung von RVG-Gebühren kann nur dann verlangt werden, wenn der Anwalt mit seinem Auftraggeber auch tatsächlich nach RVG abrechnet. Und genau das ist aber bei der Kanzlei Kornmeier nicht der Fall.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und es ist daher gut möglich, dass Kornmeier Berufung einlegen wird. Denn die Entscheidung gefährdet das gesamte Geschäftsmodell DigiProtect / Kornmeier.

Update:
Das Urteil des Amtsgericht Frankfurt liegt nunmehr auch im Volltext vor.

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3.2.10

Muss der Zugang der Abmahnung nachgewiesen werden?

Eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg, das übrigens schon eine Weile im Netz kursiert, sorgt auf Twitter gerade für Wirbel. Denn das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 07.07.2009 entschieden, dass eine (wettbewerbsrechtliche) Abmahnung auch per E-Mail ausgesprochen werden kann und das Risiko, dass die Abmahnung nicht zugangen ist, beim Abgemahnten liegt. Im konkreten Fall hatte die Abmahnung per E-Mail ihr Ziel nicht erreicht, sondern war (angeblich) in der Firewall des Abgemahnten hängengeblieben. Nach Ansicht des Landgerichts Hamburg hilft dem Abgemahnten dieser Einwand aber nichts. Auch wenn es seltsam klingt, entspricht das Eregbnis der gefestigten Rechtsprechung gerade auch des Bundesgerichtshofs.

Da für die Abmahnung kein Formzwang besteht, ist sie auch formlos möglich, also auch mündlich, telefonisch oder per E-Mail.

Zur Frage des Zugangs einer Abmahnung bzw. der Beweislast für den Zugang hat der BGH mit Beschluss vom 21.12.2006 (Az.: I ZB 17/06) folgendes entschieden:
Den Beklagten, der im Wettbewerbsprozess auf die Klageerhebung hin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und geltend macht, ihm sei die Abmahnung des Klägers nicht zugegangen, trifft grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer dem Kläger die Prozesskosten auferlegenden Entscheidung nach § 93 ZPO. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist der Kläger lediglich gehalten, substantiiert darzulegen, dass das Abmahnschreiben abgesandt worden ist. Kann nicht festgestellt werden, ob das Abmahnschreiben dem Beklagten zugegangen ist oder nicht, ist für eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO kein Raum.
Um das verstehen zu können, muss man die Ausgangssituation betrachten. Eine Pflicht überhaupt abzumahnen, besteht im Wettbewerbsrecht bislang nicht. Der Gläubiger kann also auch gleich zum Gericht gehen, trägt aber dann das Risiko, dass sich der Schuldner darauf beruft, er habe zur Klage oder dem Antrag auf einstweilige Verfügung keinen Anlass gegeben. Diesen Einwand ermöglicht ihm die Vorschrift des § 93 ZPO, mit der Folge, dass der Kläger die Kosten zu tragen hat, obwohl er in der Sache Recht hat. § 93 ZPO ist allerdings eine Ausnahmevorschrift, so dass der Schuldner der sich auf die ihm günstige Ausnahme beruft auch deren Voraussetzungen nachweisen muss.

Die Entscheidung des BGH mag seltsam erscheinen, sie ist aber angesichts der gesetzlichen Regelung rechtsdogmatisch korrekt.

Ein anderes Ergebnis würde eine Gesetzesänderung voraussetzen. Der Gesetzgeber müsste die Abmahnung zur zwingenden Prozessvoraussetzung machen.

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Update: Der gute und der schlechte Rechtsbruch

Mein Beitrag zu der Frage des Ankaufs von Bankdaten mutmaßlicher Steuerhinterzieher durch die Bundesregierung hat im Blog eine rege und kontroverse Diskussion ausgelöst. Da hinsichtlich der rechtlichen Würdigung immer wieder verschiedene Dinge durcheinandergeworfen werden, möchte ich die rechtlich relevanten Aspekte einmal am Stück beleuchten.

Der "Informant" in der Schweiz hat sich nach meiner Einschätzung strafbar gemacht, indem er sich Geschäftsgeheimnisse einer Bank unbefugt verschafft hat. Gemessen am deutschen Recht verstößt dies gegen die Strafvorschrift des § 17 Abs. 2 UWG, im schweizerischen Wettbewerbsrecht existieren parallele Strafvorschriften. Nachdem der BGH bereits bloße Kundenadressen als Geschäftsgeheimnisse betrachtet, handelt es sich bei Bank- und Kontodaten evident um Geschäftsgeheimnisse. Diese Daten hat sich der "Informant" aus Eigennutz unbefugt verschafft. Nach überwiegender Ansicht in der wettbewerbsrechtlichen Literatur ist es dabei auch unerheblich, dass das Geheimnis möglicherweise einen rechtswidrigen Inhalt hat.

Interessant ist dann weiterhin, dass auch die Mitteilung und Weitergabe solcher Daten eine eigenständige Tathandlung darstellt (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Und an dieser Tathandlung wirkt der deutsche Staat unmittelbar mit, wenn er die Daten ankauft. Daraus folgt zwanglos, dass der deutsche Staat, in Gestalt der konkret handelnden Personen, sich als Gehilfe oder Anstifter an einer Straftat beteiligt.

In Betracht kommt zusätzlich auch noch eine Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten (§ 202a StGB), wobei es hier darauf ankommt, wie sich der Täter die Daten konkret verschafft hat und insoweit liegen keine Erkenntnisse vor.

Soweit beispielsweise Prantl in der SZ keine rechtlichen Probleme sieht, so liegt das daran, dass er nur von Diebstahl und Hehlerei spricht und die tatsächlich einschlägigen Strafvorschriften erst gar nicht erwähnt.

Eine ganz andere Frage ist es dann, ob sich aus diesem rechtswidrigen und sogar strafbaren Verhalten des deutschen Staates ein sog. Beweisverwertungsverbot ergibt, ob also die gewonnenen Erkenntnisse in einem Steuerstrafverfahren verwertet werden dürfen. Diese Frage ist umstritten. Nachdem einige Gerichte ein sog. Beweisverwertungsverbot in den Liechtensteinfällen verneint haben, wurde hiergegen Verfassungsbeschwerde erhoben, wie mehrere Zeitungen berichten. Speziell das Landgericht Bochum hatte hier die Ansicht vertreten, dass der möglicherweise strafbare Ankauf von Beweismitteln nicht dazu führt, dass das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu führendes Verfahren nachhaltig beschädigt wird.

Hintergrund ist der, dass in Deutschland, anders als z.B. in den USA, die sog. Fruit of the Poisonous Tree Doctrine nicht gilt. Das bedeutet, dass die Erkenntnisse zwar nicht unmittelbar verwertet werden dürfen, dass sie allerdings Gegenstand weiterer Ermittlungen sein können und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse in einem Strafverfahren verwertet werden dürfen. Nach deutschem Recht vergiftet der Baum die Früchte also nicht.

Einen lesenswerter Beitrag zu den rechtlichen Aspekten findet man beim strafrechtsblogger.

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2.2.10

Cyberwahnsinn auf dem Polizeikongress

Auf dem Polizeikongress in Berlin schmeißen sie zuerst ein Mitglied des CCC raus, um anschließend ungehemmt ihren Verschwörungstheorien nachhängen zu können. Langsam wird mir wirklich Angst, denn ich muss erkennen, dass Fefe ein nüchterner Chronist des Zeitgeschehens ist, während diese Jungs ganz real durchgeknallt sind. Die Polizei kämpft gegen Internet-Bedrohungen in den unendlichen Weiten des Cyberspace. Da können wir Bürger endlich wieder beruhigt schlafen.

Marke "law blog" gelöscht

Die Löschung der deutschen Marke "law blog" des Rechtsanwalts Udo Vetter, dem bekanntesten juristischen Blogger hierzulande, ist vom Deutschen Marken- und Patentamt verfügt worden. Und letztlich ist der Einwand fehlender Unterscheidungskraft nicht ganz von der Hand zu weisen. Das Amt wusste wohl 2005 nicht, was ein Blog ist. ;-) Wenn man sich andererseits sein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ansieht, dann hat das doch enormen Charme.
Klasse 41:
Dienstleistungen zur Zerstreuung und Entspannung von Personen sowie die öffentliche Präsentation von Werken der bildenden Kunst und Literatur für kulturelle Zwecke
Das Blog wird sicher auch weiterhin so heißen wie bisher und auch unter der allseits bekannten Domain erreichbar bleiben.

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Verschärfung oder Liberalisierung des Urheberrechts?

Das von der Europäischen Union geförderte Forschungsnetzwerk COMMUNIA fordert eine Veränderung und Liberalisierung des Urheberrechts zugunsten der Interessen der Allgemeinheit, u.a. auch eine Freigabe der Nutzung (digitaler) Werke zu nicht-kommerziellen Zwecken.

In Widerspruch hierzu wird bei den ACTA-Verhandlungen, an denen auch die EU beteiligt ist, gerade eine Verschärfung des Urheberrechts zugunsten der Rechteinhaber vorangetrieben.

Gut möglich, dass sich die gegensätzlichen Positionen früher oder später in einer Art Kulturkampf entladen. Denn die Weiterentwicklung des Urheberrechts ist in einer Wissengesellschaft von zentraler Bedeutung. Die nach wie vor von den Urheberrechtslobbyisten dominierte politische und gesetzgeberische Entwicklung der letzten Jahre weist in ihrer Tendenz bislang in eine falsche Richtung und entfernt sich immer stärker von den Interessen der Allgemeinheit. Aber Klientelpolitik ist in allen möglichen Bereichen nach wie vor der Normalfall, wie sich fast jeden Tag beobachten lässt.

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Britische Anwaltskammer hat Anspruch auf Domain "lawsociety.com"

Das WIPO Arbitration and Mediation Center hat in einem UDRP-Verfahren am 22.01.2010 entschieden, dass das britische Pendant zur Anwaltskammer "Law Society" Anspruch auf Übertragung der Domain "lawsociety.com" hat.

Hätte ein ordentliches Gericht im UK oder in Deutschland auch so entschieden? Nachdem "Law Society" zwar ein generisches Begriffspaar darstellt, gleichzeitig aber den feststehenden Namen der britischen "Anwaltskammer" bildet und insoweit auch als Marke eingetragen ist, kann man die Entscheidung wohl vertreten. Andererseits hätte man sicherlich auch einmal die Frage stellen können, ob hier nicht auch die Wahl der Top-Level-Domain von Bedeutung ist und eine abweichende Betrachtung rechtfertigt. Das ist eine Frage, die bislang von der Rechtsprechung aber auch nicht gestellt wird.

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1.2.10

Der gute und der schlechte Rechtsbruch

Die Bundesregierung soll und wird eine CD ankaufen, die (angeblich) Daten von 1500 deutschen Steuersündern enthält. Die vertraulichen Daten sollen von der schweizerischen Bank HSBC stammen. Politiker quer durch alle Parteien und die Presse von Bild bis Süddeutsche fordern den Ankauf in seltener Einmut.

Und Heribert Prantl, der ansonsten so vehement für Rechtsstaatlichkeit eintritt, wirft in einem Kommentar in der Süddeutschen seine gesamten Grundwerte über Bord, wenn er behauptet, dem Ankauf der Daten stünden keine entscheidenden rechtlichen Bedenken entgegen. Plötzlich heiligt auch bei Prantl der Zweck die Mittel.

Dabei ist schwerlich vorstellbar, dass der Anbieter sich die Daten legal beschafft hat. Die Daten stammen, auch gemessen an den Vorgaben des deutschen Rechts, aus einer Straftat. Niemand kann außerdem nur anhand einer solchen CD die Echtheit der Daten zuverlässig beurteilen. Dass Juristen dennoch kein Beweisverwertungsverbot annehmen - was man mit guten Gründen auch anders sehen kann - ändert nichts daran, dass der deutsche Staat einen Straftäter bezahlt und damit auch für die Zukunft das illegale Ausspähen von Daten, die für die Behörden aus unterschiedlichsten Gründen interessant sein könnten, fördert.

Es wird ein Unterschied gemacht zwischen gutem und schlechtem Rechtsbruch, wodurch das Recht relativiert wird. Wer nicht will, dass aus hehren Motiven gefoltert wird, der kann auch nicht ernsthaft den Ankauf dieser Daten befürworten. Dass es ein erheblicher Teil der Politiker, Journalisten und Bürger dennoch tut, zeigt letztlich nur wie heuchlerisch diese Gesellschaft in Wirklichkeit ist.

Für den Einzelnen mag es moralisch vertretbar sein, sich aus Gewissensgründen über staatliche Gesetze hinwegzusetzen. Für den Staat selbst muss das tabu bleiben. Er muss sich formalistisch und ausnahmslos rechtstreu verhalten. Und weil dieser Staat dies häufig nicht mehr tut, fällt es ihm auch zunehmend schwerer von seinen Bürgern Rechtstreue einzufordern. Und damit schließt sich in gewisser Weise auch der Kreis hin zu den Steuerhinterziehern.

Update vom 03.02.10

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Warum der BKA-Präsident weiterhin für Netzsperren ist

Ein Interview des Präsidenten des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke, in dem er sich u.a. erneut für Netzsperren und die Umsetzung des Zugangserschwerungsgesetzes ausgeprochen hat, erregte am Wochenende die Gemüter.

Dabei ist die Aussage Zierckes, Websperren würden abschreckend wirken, nur eine weitere nicht belegbare These der Gesetzesbefürworter, die wegen ihrer offensichtlichen Unrichtigkeit keine inhaltliche Auseinandersetzung lohnt.

Viel interessanter erscheint mir die Frage, weshalb gerade der BKA-Präsident einer der stärksten Befürworter dieses Gesetzes ist. Denn auch Ziercke weiß, dass dieses Gesetz keinen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornografie leisten kann. In Wirklichkeit geht es, wie so oft, um Kompetenzen, Einfluss und Macht.

Das Bundeskriminalamt ist nach wie vor primär eine Koordinierungs- und Sammelstelle, der es an originären polizeilichen Befugnissen fehlt. Das ist Ziercke ein Dorn im Auge, er möchte das BKA gerne zu einer mächtigen Bundespolizei umbauen. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn der Gesetzgeber in verschiedenen Bereichen neue Kompetenzen zugunsten des BKA schafft. Und hierbei ist das Zugangserschwerungsgesetz ein Baustein. Ziercke wird also immer solche Bestrebungen unterstützen, die auf die Erweiterung der Kompetenzen des BKA abzielen. Sachliche Notwendigkeiten sind insoweit kein Kriterium. Politiker lassen sich hierfür leider sehr gerne von den "Experten" des BKA instrumentalisieren und einen entsprechenden Handlungsbedarf einreden.

In einer Vielzahl von älteren Beiträgen und einem Brief an den Bundespräsidenten, habe ich erläutert, was in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen Access-Sperren spricht.

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OLG Hamburg: Missbräuchliche Domainregistrierung

Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 24. September 2009 (Az: 3 U 43/09) einen Unterlassungsanspruch der Stadtwerke Uetersen im Hinblick auf die Domain "stadwerke-uetersen.de" bejaht, obwohl sich der Domaininhaber die Domain gesichert hatte, bevor die Stadtwerke GmbH überhaupt gegründet wurde.

Das Oberlandesgericht nahm insoweit ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Domaininhabers an. Das lässt sich m.E. mit Blick auf die Entscheidungen des BGH "afilias.de" und "ahd.de" durchaus vertreten, denn der BGH geht zwar grundsätzlich davon aus, dass der Inhaber eines später entstandenen Namens- oder Kennzeichenrechts nicht schon allein unter Berufung auf sein Recht dem Inhaber des Domainnamens jedwede Nutzung des Domainnamens untersagen kann. Anders ist dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofs aber dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Domainname in einer das Recht des Dritten verletzenden Weise verwendet werden soll.

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