Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.12.10

Im Gleichschritt gegen die Freiheitsrechte

Vielerorts wird derzeit beklagt, dass die EU bzw. die EU-Kommission zum demokratiefeindlichen neuen Mediengesetz in Ungarn schweigt.

Das sollte allerdings niemanden wirklich überraschen, wenn man bedenkt, dass die Organe der EU gemeinsam die Vorratsdatenspeicherung und das Swift-Abkommen durchgesetzt haben und die Kommission derzeit einen Richtlinienentwurf propagiert, der das Instrument der Netzsperren enthält.

Der Abbau der Bürgerrechte wird sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedsstaaten betrieben. Auch wenn Italien, Ungarn und Großbritannien insoweit im negativen Sinne besonders hervorstechen, ist auch hierzulande seit mehr als zehn Jahren eine Entwicklung im Gange, die auf eine sukzessive Beschränkung der Bürgerrechte abzielt.

Man muss also insgesamt den Eindruck haben, dass die EU-Kommission und die Regierungen einzelner Mitgliedsstaaten, wie derzeit Ungarn, im Gleichschritt gegen die Freiheitsrechte marschieren. Dass die EU nicht wirklich lautstark gegen Ungarn protestiert, fügt sich in das Gesamtbild.

posted by Stadler at 12:01  

9 Comments

  1. Gut auf den Punkt gebracht, Herr Stadler. Das sind leider alles andere als rosige Aussichten für das nächste Jahrzehnt.

    Comment by Actionklaus — 23.12, 2010 @ 12:26

  2. […]Der Abbau der Bürgerrechte wird sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedsstaaten betrieben. […]
    wobei man diese Aussage auch umformulieren kann, dass der Staat hier neue Gesetze einführt und bestehende verschärft so seien Vorratsdatenspeicherung, Überwachung, Websperren, ein zum Erwachsenenschutz verkommener Jugendschutz, diverse neue Gummiparagraphen im StgB (§184 c, §91) oder auch ein neuer EU-Vorstoß u.a. den Besitz von mehr als 3% Salpetersäure für Privatpersonen nur noch mit Genehmigung der Behörden zu erlauben vgl. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0473:FIN:de:PDF genannt.

    Was langsam aber sicher zu einer Einschränkung der persönlichen Freiheit des Einzelnen fürht.

    Zugleich zieht sich der Staat aus diversen Verpflichtungen wie Rente, Krankenkasse, Gas-Wasser-Scheiße, Müllabfuhr usw. im Rahmen der Neoliberalität immer weiter zurück und lässt Konzernen freie Hand….

    Kann es also sein, dass der Neoliberalismus eher das Reduzieren der Regeln für diverse (Lobby)-Gruppen inne hat und auf der anderen Seite auf viel striktere Kontrolle des Bürgers setzt oder bilde ich mir diesen Unterschied ein, dass auf der einen Seite persönliche Freiheiten eingeschränkt werden vgl. http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Nachtrag-Heiter-geht-es-weiter/forum-189690/msg-19489993/read/ plus ein Präventionsstaat reinsten Wassers aufgebaut wird und auf der anderen Seite die totale wirtschaftliche Freiheit (ohne Regeln) durchgesetzt wird?

    bombjack

    Comment by bombjack — 23.12, 2010 @ 12:41

  3. Und viele rufen schon wieder nach dem starken Mann, der das Land mal ordentlich mit dem eisernen Besen durchkehrt *würg*:

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33857/1.html

    Comment by Spinnzessin — 23.12, 2010 @ 14:03

  4. Dass die EU sich „nicht wirklich lautstark“ äußert, mag auch an deren fehlender Kompetenz liegen, oder täusche ich mich?

    Comment by ElGraf — 23.12, 2010 @ 17:40

  5. Kompetenz im Sinne von Berechtigung oder im Sinne von Fähigkeit?

    Comment by Ein Mensch — 24.12, 2010 @ 13:24

  6. DIe EU sieht sich ja auch als eine Art Wertegemeinschaft, was spätestens seit dem Vertrag von Lissabon auch entsprechend kodifiziert ist. Der Vertrag garantiert Freiheitsrechte und demokratische Grundsätze.

    Comment by Stadler — 24.12, 2010 @ 13:40

  7. Was mir auffällt: Überall wird publiziert, daß es zwar die Möglichkeit gibt, Ungarn das Stimmrecht in den EU-Gremien zu entziehen, daß dies aber nach Art. 7 EU i.V.m. Art. 354 AEUV eine ganze Kaskade schier unerreichbarer Konsensvoraussetzungen hat (bis hin zur Einstimmigkeit im Europäischen Rat).

    Nirgendwo scheint darauf hingewiesen worden zu sein, daß nach Art. 33 MRK jeder beliebige Europaratsstaat (z.B. Luxemburg) im Alleingang Ungarn vor dem EGMR verklagen kann. Auch der Europarat ist ja eine Wertegemeinschaft. Eine solche Staatenbeschwerde ist zwar selten, aber möglich.

    Zum Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit als Teil der Meinungsfreiheit (Art. 10 MRK) siehe etwa EGMR, 35841/02.

    Comment by OG — 25.12, 2010 @ 18:15

  8. Und viele rufen schon wieder nach dem starken Mann, der das Land mal ordentlich mit dem eisernen Besen durchkehrt *würg*: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33857/1.html

    Comment by Madeline Petty — 26.12, 2010 @ 01:38

  9. Die EU war von Anfang an eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ist im wesentlichen ein Instrument der Globalisierung. Dass nun die Bürgerrechte auf der Strecke bleiben ist eine natürliche Folge der zunehmenden Unzufriedenheit als Folge der Ungerechtigkeit. Des einen Freud, des anderen Leid. Die Konzerne können weiter Milliarden verdienen, die Staaten ziehen sich immer mehr aus ihrer sozialen Verantwortung zurück. Hoffen wir, dass die „Werte“, die uns pausenlos gepredigt werden, endlich mal politisch vor Eingriffen der Wirtschaft geschützt werden. Sonst finden wir uns bald in einem faschistoiden Superstaat Europa wieder.

    Comment by Nuntius — 27.12, 2010 @ 14:47

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