Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

21.12.10

BGH: eBay muss Rechtsverstöße nicht manuell überprüfen

Mit Urteil vom 22. Juli 2010 (Az.: I ZR 139/08), das jetzt im Volltext veröffentlicht wurde,  hat der BGH entschieden, dass eBay nicht verpflichtet ist, manuelle Kontrollen durchzuführen, um Markenrechtsverletzungen zu ermitteln.

Der BGH stützt sich hierbei – übrigens auch in Bezug auf Unterlassungsansprüche – auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, der vorsieht, dass Diensteanbieter i.S. der §§ 8 bis 10 TMG nicht aktiv nach Umständen forschen müssen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nicht mehr zumutbar sind nach Ansicht des BGH in jedem Fall Kontrollmaßnahmen, bei denen durch eine Filtersoftware Verdachtsfälle von Markenverletzungen nicht aufgespürt werden können, sondern vielmehr abschließend jedes Angebot, das die Klagemarken enthält, einer manuellen Kontrolle unterzogen werden muss.

Eine Störerhaftung scheidet nach Ansicht des BGH deshalb aus, weil eBay nicht verpflichtet ist, im Einzelfall die komplizierte Beurteilung vorzunehmen, ob ein als rechtsverletzend beanstandetes Angebot ein Schutzrecht tatsächlich verletzt oder sich als wettbewerbswidrig erweist. Dies würde ansonsten die Hinzuziehung eines mit der Materie vertrauten Juristen erfordern, was eBay nicht zuzumuten ist.

Die Leitsätze des BGH lauten:

a) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren einzustellen, ist nicht verpflichtet, sämtliche Verkaufsangebote, die die Marken eines Markeninhabers anführen, einer manuellen Bildkontrolle darauf zu unterziehen, ob unter den Marken von den Originalerzeugnissen abweichende Produkte angeboten werden.

b) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes haftet regelmäßig nicht nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 1 UWG als Täter oder Teilnehmer, wenn in Angeboten mit Formulierungen „ähnlich“ oder „wie“ auf Marken eines Markeninhabers Bezug genommen wird.

c) Die Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB sind auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar.

posted by Stadler at 12:01  

2 Comments

  1. Grundsätzlich erfreulich, dass der BGH endlich mal § 7 Abs. 2 TMG entdeckt. Mir schien es so, als ob der laaaange in einem Unsichtbarkeitsfeld versteckt war. Jetzt muss man nur noch erklären, warum § 7 Abs. 2 TMG bei eBay anwendbar ist (man kann ja durchaus auf die Idee kommen, dass eBay gerade kein privilegierter Provider ist), aber nicht beim Setzen von Links, bie Rapidshare etc oder bei WLANs.
    Und wie § 7 Abs. 2 und die Rechtsprechung zur Störerhaftung überhaupt zusammmenpassen wollen. Ich bin gespannt, ob da demnächst noch etwas vom BGH kommt.
    Die nächste Frage, die sich stellt, ist die nach der Verhältnismäßigkeitsabwägung des BGH. Die passt meiner Ansicht nach auch nicht zu § 7 Abs. 2, weil der nicht nur unverhältnismäßige Kontrollpflichten ausschließt, sondern jegliche Art von Kontrollen. Wenn man also schon eBay unter den Schutz der Privilegierungen des TMG stellt, dann sind Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit von Kontrollen eigentlich verfehlt.

    Comment by Bernhard — 22.12, 2010 @ 14:15

  2. Interessant finde ich, dass ein Gedanke, den das OLG Düsseldorf schon mal bzgl. Haftung für Foreneinträge hatte, wiederbelebt wird: Wer als Plattformbetreiber freiwillig Daten von zuvor pseudonym handelnden Nutzern rausgibt, sobald rechtsverletzende Angebote eingestellt werden, wird privilegiert (wenn auch hier lediglich im Rahmen der zumutbaren Prüfpflichten).

    Die Ausführungen zu § 7 Abs. 2 S. 2 TMG (oder vielmehr Art. 15 Abs. 1 ECRL sind dagegen alles andere als spektakulär. Auch um auf Bernhard einzugehen: Es wird lediglich festgestellt, dass keine allgemeinen Überwachungspflichten auferlegt werden dürfen und im Satz unmittelbar danach wird das so (wie schon immer) konkretisiert, dass das Geschäftsmodell nicht in Frage gestellt werden darf oder unverhältnismäßig erschwert wird. Dabei handelt es sich um ständige Rechtsprechung. Ob die richtig ist, steht auf einem anderen Blatt.

    Comment by ElGraf — 23.12, 2010 @ 09:14

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