Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.11.10

Verzerrte Darstellung

Vor einigen Wochen war ich als Sachverständiger im Unterausschuss Neue Medien des Bundestages zur Frage der Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes. Kurz danach fand im Rechtsausschuss eine weitere Anhörung zum Thema statt. In beiden Ausschüssen wurde das Gesetz von der Mehrheit der Sachverständigen kritisiert.

In der Zusammenfassung der Sitzung des Unterausschusses las sich das in der Wochenzeitung „Das Parlament“ des Bundestages zunächst aber ganz anders, nämlich so:

Löschen scheint der bessere Weg zu sein, Sperren ist dagegen lediglich die ultima ratio“, argumentierte der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek und traf damit auf breite Zustimmung unter den geladenen Experten.

Diesen Satz habe ich zusammen mit den ebenfalls als Sachverständigen geladenen Alvar Freude und Lutz Donnerhacke beanstanden lassen. In der Online-Fassung ist er jetzt nicht mehr enthalten.

Ähnlich verzerrt ist die Darstellung zur Anhörung im Rechtsausschuss. Dass dort die mehrheitliche Forderung der geladenen Sachverständigen darin bestanden haben soll, das Gesetz nicht abzuschaffen, aber zu verbessern, muss mir entgangen sein. Die Aufhebung des Gesetzes wurde nämlich auch dort mehrheitlich empfohlen.

Mir scheint, dass „Das Parlament“ seiner Chronistenpflicht nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachkommt, um es vorsichtig zu formulieren.

posted by Stadler at 18:56  

6 Comments

  1. Danke fürs Nachfassen! Ja, ich kann das bestätigen. Ich hatte bei der Sitzung, an der ich ja auch teilgenommen habe, das Gefühl, daß nahezu alle für die Abschaffung des Gesetzes waren. Wobei mir eigentlich nicht klar ist, wieso man da so lange darüber reden muss. Und dann kommt so eine Zusammenfassung…

    Aber vielleicht ist es wirklich ein Sorgfaltsproblem, denn vielen wird der Eindruck vermitteln, es ginge um die Frage Löschen oder Sperren. Wer Löschen nicht für die Lösung hält, wird automatisch den Sperrbefürwortern zugerechnet.

    Comment by SvB — 26.11, 2010 @ 19:17

  2. Auch meine Erfahrung aus Sachverständigenanhörungen ist, dass regelmässig nicht das wiedergegeben wird, was die Experten gesagt haben, sondern es wird versucht, das was „man“ gerne hätte mit passend herausgepickten Argumenten der Experten zu untermauern.

    Comment by Ein Mensch — 26.11, 2010 @ 20:26

  3. Diese Entwicklung finde ich dann allerdings schon mehr als bedenklich. Zumal das Medium „Parlament“ auch für viele weitere Recherchen dient, auch von nicht anwesenden Journalisten und in wissenschaftlichen Arbeiten. Das sollte dem Präsidenten des BT und den Medien zugetragen werden!

    Comment by Ephraim — 26.11, 2010 @ 20:43

  4. Was nicht passt, wird passend gemacht… in dieser Bananenrepublik.

    Comment by Klaus — 27.11, 2010 @ 07:57

  5. Tja, „Protokollpflicht ist Protokollrecht“. Daher sorgt man ja auch bei Arbeitsmeetings immer dafür, dass man selber die Protokolle schreibt. ;)

    Comment by Stefan — 2.12, 2010 @ 17:12

  6. Mit den Sachverständigen, die man sprechen lässt, die man aber nicht hören will, geht es munter weiter:

    http://blog.wawzyniak.de/?p=3419

    Comment by Ein Mensch — 3.12, 2010 @ 21:35

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.