Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.10.10

Filesharing: Haften Gastwirte für offenes W-LAN?

Wie gulli.com berichtet, stellt die Cafe-Kette Woyton ihren Service eines Internetzugangs für die Gäste über ein offenes W-LAN nunmehr ein. Der Grund: Die Cafe-Betreiber haben mehrfach Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch Gäste erhalten.

Die massenhaften Abmahnungen der Rechtsanwälte, Rasch, Waldorf, Kornmeier, Nümann & Lang u.a. treffen in der Tat nicht nur die Inhaber privater Internetzugänge, sondern immer wieder auch Gastwirte und Hoteliers, die ihren Gästen den Internetzugang als Service anbieten.

Die fragwürdige BGH-Entscheidung zur Haftung des Betreibers offener W-LANs ist aber auf diese Fälle nicht ohne weiteres zu übertragen. Es wäre vorschnell aus dieser Entscheidung auch eine (Störer-)Haftung von Gastwirten abzuleiten. Der BGH hat die Tür für eine abweichende Beurteilung dieser Fälle ausdrücklich offen gelassen und deutet an, dass er im Falle der Gefährdung eines legitimen Geschäftsmodells geneigt ist, anders zu entscheiden. Es wäre daher durchaus interessant, wenn die Thematik in dieser Konstellation oder auch mit der Frage der Störerhaftung für Mitbewohner oder Familienangehörige nochmals vor den BGH gebracht würde. Zumal dem I. Senat Gelegenheit gegeben werden sollte, seine dogmatisch falsche Entscheidung zu korrigieren.

posted by Stadler at 20:13  

4 Comments

  1. Diese Unsicherheit hat uns schon vor über einem Jahr bewogen, unseren Fonera-Zugang (www.fon.com) abzustellen. Eine an sich schöne Idee, die aber angesichts von UMTS-Flatrates wahrscheinlich ohnehin bald überholt sein wird.

    Bei dieser „WLAN-Community“ stellt man ein öffentliches WLAN zur Verfügung (egal ob man Hotel oder Restaurant ist) und kann dafür die von anderen Community-Mitgliedern freigegebenen WLANs kostenlos nutzen.

    Comment by Jan Kurschewitz — 4.10, 2010 @ 09:33

  2. Die fragwürdige BGH-Entscheidung zur Haftung des Betreibers offener W-LANs ist aber auf diese Fälle nicht ohne weiteres zu übertragen.

    Unabhängig von der Tatsache, daß dieses Urteil vom illustren Abmahn-Team (Kornmeier, DigiProtect, LogiStep) erstritten wurde (Skandal genug, da mutmaßliche Betrüger!), halte ich persönlich nach wie vor dieses Urteil für eine mit stümperhaften Fehlern versehene Entscheidung. Denn der BGH geht darin von ganz offensichtlich falschen Voraussetzungen aus. So schrieb der BGH im Urteil unter anderem folgendes: Es entspricht
    […] dem Willen des Gesetzgebers, die IP-Adressen von Anschlussinhabern als Bestandsdaten einzuordnen
    Das ist natürlich nicht richtig (Vgl. Bundesrat, Drucksache 64/07, 831. Sitzung):

    Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie es den Inhabern von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten ermöglicht werden kann, in datenschutzrechtlich unbedenklicher Weise an die Verkehrsdaten (IP-Adressen) potenzieller Urheber-rechtsverletzer zu kommen, damit sie ihren Auskunftsanspruch gegenüber Inter-net-Zugangsanbietern geltend machen können.

    Ferner verweist der BGH als „Begründung“ auf folgendes:
    (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung, BT-Drucks. 14/7008, S. 7; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung …, BT-Drucks. 16/5846, S. 26 f.).
    BT-Drucks. 14/7008 ist aus dem Jahre 2001 (!) und im BT-Drucks. 16/5846 ist -unter anderem- folgendes zu lesen:

    Den weitergehenden Vorstellungen des Bundesrates, die nach § 113a TKG-E gespeicherten Daten auch für entsprechende Bestandsdatenauskünfte an die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums verwenden zu dürfen (Vorschlag Nummer 20 Buchstabe a des Bundesrates), folgt der Ausschuss nicht.

    „Bestandsdatenauskünfte“. DAS trifft es eher und steht ja auch im § 101 Abs. 9 UrhG (Auskunft der Bestandsdaten unter Verwendung von Verkehrsdaten), welcher im Urteil ja keinerlei Bedeutung hatte da erst später mit Korb II eingeführt.
    In dem Zusammenhang finde ich es sowieso seltsam, daß die Beauskunftung nach §111 Abs. 1 TKG und §113 TKG in dem BGH-Urteil eine Rolle spielt, da das BVerfG bekanntermaßen zu diesem Thema eine dicke, fette Watsch’n verteilt hatte!

    Kurzum: Ich teile die Ansicht von Thomas Stadler zu 100%:

    Zumal dem I. Senat Gelegenheit gegeben werden sollte, seine dogmatisch falsche Entscheidung zu korrigieren.

    Genau so! „dogmatisch falsche Entscheidung“… sehr schön formuliert!

    In diesem Sinne, Baxter

    Comment by Baxter — 5.10, 2010 @ 00:21

  3. Nur zur Ergänzung (und Zustimmung zur Frage der Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung)

    Der Gesetzgeber hat § 101 Abs. 9 UrhG eingeführt, der nach meinem dafürhalten gar nicht gebraucht würde, hätte der BGH mit seiner Meinung recht, es handle ich eh um Bestandsdaten. Dann bedürfte es des ausdrücklichen Beschlusses nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht.

    Der Gesetzgeber geht (völlig zu Recht) davon aus, dass es sich um Verkehrsdaten handelt. Insofern ist die Begründung leider einfach nur falsch und geht sogar am Wortlaut des § 101 Abs. 9 UrhG vorbei, aus dem die gesetzgeberische Ansicht zu lesen ist.

    Comment by Volker Küpperbusch — 5.10, 2010 @ 18:06

  4. … diese unglückliche Bemerkung des BGH kann natürlich nicht das damalige STA-Auskunftssystem erläutern, aber schon gar nicht den zivilrechtlichen Auskunftssystemsalat. Läßt man alle anderen Schwachpunkte weg,

    … ist die Sache aber doch recht einfach:

    1. Um eine Bestandsdatenauskunft zu einem Sekundenlüg erzielen zu können dürfen und müssen (Beschluss) Verkehrsdaten gespeichert werden, die aber wiederum nach Beauskunftung der Bestandsdaten gelöscht werden.
    2. Die Legitimation Verkehrsdaten zu erheben entsteht durch den Willen des Gesetzgebers nach Massenverfolgung von Massendelikten, incl. einer Grundrechtseinschränkung = Datenskandal vorprogrammiert.

    „Eine nur mittelbare Nutzung der Daten zur Erteilung von Auskünften durch die Telekommunikationsdiensteanbieter über die Inhaber von Internetprotokolladressen ist auch unabhängig von begrenzenden Straftaten- oder Rechtsgüterkatalogen für die Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Wahrnehmung nachrichtendienstlicher Aufgaben zulässig.“ (Bundesverfassungsgericht)

    Die Frage aller Fragen aber ist doch eine ganz andere: Was will ich denn bitte schön mit einem Bestandsdatum genau beweisen? Gar nichts. Ich brauche dazu Verkehrsdatenstränge.

    Die richterliche Akzeptanz von Bestandsdaten zu einer Sekunde als Beleg dafür das eine Ermittlung und gleichzeitig Zuordnung durch den Provider a) richtig und b) Beweis für eine unerlaubte Handlung im Bereich von Datenversand von A nach B sein kann ist schlicht falsch. Man hat sich noch nicht richtig bewußt gemacht was in einer Sekunde, oder eher in Millisekunden alles passieren kann und welchen Beweiswert der Loggerbudenfreßzettel nebst Eidestattlichen Versicherungen eigentlich hat.

    Comment by Shual — 6.10, 2010 @ 03:59

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