Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.1.10

Die Berechtigung des gebührenfinanzierten Rundfunks muss in Frage gestellt werden

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (Nr. 20 vom 26.01.2010, S. 15) hat das Verwaltungsgericht München einem Patentanwalt recht gegegeben, der für seinen beruflich genutzten PC keine Rundfunkgebühren bezahlen wollte.

Der Bericht der SZ zitiert eine bemekenswerte Passage aus dem Urteil: „Es ist mit Blick auf die Informationsfreiheit außerdem nicht gerechtfertigt, den Zugang zu weltweiten Informationen im Internet von der Entrichtung einer Gebühr abhängig zu machen, die ausschließlich der Finanzierung Dritter – nämlich insbesondere der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – dient.

Gerade weil die Rundfunkgebühren in Deutschland bislang politisch und juristisch als sakrosant galten, ist dieser Ansatz mutig und mehr als erstaunlich. Er wirft die berechtigte Frage auf, ob sich die Rundfunkgebühren, die nach ihrem ursprünglichen Sinn die Meinungs- und Informationsvielfalt sichern sollten, mittlerweile zu einer Gefahr für die grundgesetzlich garantierte Informationsfreiheit entwickelt haben. Denn die Ausdehnung der Rundfunkgebühren auf alle Geräte, mit denen man theoretisch Rundfunk und sei es auch über das Internet, empfangen kann, stellt in der Tat eine zusätzliche finanzielle Hürde für den Zugang zu weltweit abrufbaren Informationen dar.

Man wird angesichts der Informationsvielfalt die gerade das Internet bietet, die Frage der Legitimität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit auch des vom Bundesverfassungsgericht in seinen Rundfunkurteilen postulierten dualen Rundfunkstsystems neu stellen müssen. Denn die Verhältnisse haben sich in den letzten 10 – 15 Jahren maßgeblich verändert. Auch weil sich ARD und ZDF immer stärker dem erbärmlichen Niveau des Privatfernsehens angepasst haben, ist für viele Menschen mittlerweile das Internet zur wichtigsten Informationsquelle geworden. Die vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betonte Grundversorgung wird nicht mehr primär durch den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk gewährleistet. Ein weiteres Festhalten an einem gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk erscheint daher nicht länger gerechtfertigt. Es ist zumindest an der Zeit, diese Diskussion nun ernsthaft zu beginnen und die Frage der Berechtigung des gebührenfinanzierten Rundfunks neu zu stellen.

posted by Stadler at 11:00  

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  1. Die zitierte Passage ist in der Tat bemerkenswert und aus meiner Sicht auch richtig. Daraus aber ableiten zu wollen, der gebührenfinanzierte Rundfunk sei insgesamt nicht (mehr) gerechtfertigt, erscheint mir gewagt. Das Niveau des öR bewegt sich im übrigen – trotz Annäherung – noch weit über dem der privaten Sender.

    Comment by Anonymous — 26.01, 2010 @ 13:11

  2. Unter einem gewissen Einkommen kann man sich vom Zahlungszwang der GEZ befreien lassen. Ich denke dies wird dann auch immer als Argument herangezogen, dass niemand durch die Gebühren gehindert wird. Würde jemand durch diese behindert würde er so wenig verdienen, dass er eine Befreiung beantragen könne.

    Comment by Anonymous — 26.01, 2010 @ 17:48

  3. Sicherlich kann man die Frage stellen, ob Gebühren für internetfähige Pcs sinnvoll sind.
    Mit den Aussagen den letzten Absatzes stimme ich auch überein, dass das Internet eine große Informationsvielfalt bietet. Allerdings stiegt m.E. mit der Vielfalt auch das Problem die Informationen zu filtern und zu bewerten. Dies dürfte vor allem den Menschen schwerfallen, die keinen höheren Bildungsstand haben. Eine Gundversorgung an Informationen über den öffentlicher Rundfunk, wo ja bereits bewertet und ausgewählt wurde, kann also durchaus sinnvoll sein und seinen Zweck erfüllen.

    Comment by Anonymous — 26.01, 2010 @ 19:54

  4. Unter einem gewissen Einkommen kann man sich vom Zahlungszwang der GEZ befreien lassen. Ich denke dies wird dann auch immer als Argument herangezogen, dass niemand durch die Gebühren gehindert wird. Würde jemand durch diese behindert würde er so wenig verdienen, dass er eine Befreiung beantragen könne.

    Nicht doch. Leider sind hier meines Wissens keine finanziellen Grenzen, sondern staatliche Hilfen das Kriterium. Ein BAföG-loser Student mit 700 Euro im Monat für Miete, Nebenkosten, Studiengebühren und den ganzen Rest hat brav zu zahlen.

    Generell halte ich die Zwangsabgaben auf den Internetzugang für ungerecht. Wer sich mit der Informationsflut des Internet nicht zurechtfindet, kann immernoch auf eine Vielzahl an Nachrichtenseiten zurückgreifen, bei denen auf gleichem oder besserem Niveau recherchiert wird als bei den lieben Öffentlichen, deren Staatsferne ohnehin gerade durchaus diskutabel ist.

    Comment by Anonymous — 27.01, 2010 @ 02:50

  5. Nachtrag: Man stelle sich vor, jeder Telefonkunde sollte 10 Euro monatlich zahlen, da er ja die Zeitansage anrufen könnte. Diese ist zwar nur ein kleiner und uninteressanter Aspekt dessen, was man mit einem Telefon tun kann. Ebenso kann man die Zeit mittlerweile per Funkuhr etc. mit anderen und simpelsten, kostenlosen Methoden herausfinden. Aber für die "Grundversorgung Zeitansage" sollte trotzdem jeder zahlen. Ich hoffe die Analogie und die Absurdität der Situation werden deutlich… nur hat man sich bei den Rundfunkgebühren dran gewöhnt.

    Comment by Anonymous — 27.01, 2010 @ 03:11

  6. Der Analogie mit der Zeitansage stimme ich zu. Darüberhinaus möchte ich zu bedenken geben, daß die öffentl.-rechtl. Rundfunkanstalten in den vergangenen 15 Jahren keine Gelegenheit ausließen sich mit Ihrem gewaltigen Finanzpotential von ca. 6,5 Mrd € jährlich in jedes neu zur Verfügung stehende Medium einzukaufen. (Satelliten-und Kabel-TV, Internetangebote, seit neuem Planung von Gratis APPS für I-Phone&Co;) Die Verfassungsgemäße Grundversorgung war über Jahrzehnte durch ausschließlich über terrestrische Antennen empfangbare Angebote gesichert. Die Erweiterung des Angebotes auf neue Medien kann nur als der Versuch gewertet werden, sich den Verbrauchern bietende Gelegenheiten gebührenfreier Alternativen der Informationsbeschaffung zu vereiteln.

    Comment by Anonymous — 31.01, 2010 @ 16:53

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