Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.9.09

BKA-Ermittlungen belegen Nutzlosigkeit von Netzsperren

Das Bundeskriminalamt hat nach einer eigenen Pressemitteilung vom heutigen Tag einen Kinderpornografie-Ring zerschlagen, dessen Mitglieder über das Internet Daten ausgetauscht haben sollen.

Was dort freilich nicht steht ist, dass in einem solchen Fall die nunmehr geplanten Netzsperren gänzlich wirkungslos gewesen wären, weil sich dieser Tausch, wie es beim BKA heißt, in „eigens dazu eingerichteten Foren“ abgespielt hat. Kinderpornografisches Material wird im Netz nämlich primär über P2P-Netzwerke und (Chat-)Foren ausgetauscht, das WWW gegen das sich das Zugangserschwerungsgesetz allein richtet, stellt allenfalls einen Nebenkriegsschauplatz dar.

Die eigenen Ermittlungen des BKA belegen somit die Unsinnigkeit der Blockade von Websites.

Update: Es handelte sich in diesem Fall nicht um ein offenes Forum im Web. Die eigenen Erkenntnisse des BKA zeigen, dass Kinderpornografie im Netz in der Regel nicht offen zu finden ist, sondern der Austausch primär über P2P-Netzwerken und Foren (mit geschlossenen Benutzergruppen) stattfindet. Die „Szene“ erweist sich als Closed-Shop. Die Pädophilen benutzen die Hinterzimmer, sie agieren vorsichtig und bleiben unter sich. In diesem Umfeld können die geplanten Websperren nichts ausrichten. Websperren zielen deshalb von vornherein nur auf einen Nebenkriegsschauplatz ab und nehmen die relevanten Umschlagplätze gar nicht erst ins Visier.

posted by Stadler at 14:07  

14 Comments

  1. Herr Stadler,

    so sehr ich gegen das Zensurgesetz bin, muss ich aber fragen: Wieso hätte es in diesem Falle nicht geholfen?

    In der Pressemitteilung geht es ganz allg. um Foren bzw. Internetforen. Was mit einem Forum in diesem Zusammenhang gemeint ist, kann ich aus der PM nicht erkennen. Es könnten also genauso gut ganz normale Webforen gewesen sein.

    Ich bitte bei diesem Thema um eine ehrliche Debatte und nicht das jetzt auch noch auf unserer Seite mit Polemik angefangen wird.

    Gruß
    Thilo

    Comment by firstname — 30.09, 2009 @ 14:32

  2. Vielleicht sollte man es dahingehend präzisieren, dass es sich jedenfalls nicht um Websites gehandelt hat. Das kann man der PE mit Sicherheit entnehmen.

    Das Zugangserschwerungsgesetz soll den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten erschweren, die über das Web abrufbar sind. Der Datenaustausch in Foren, ist eine andere Sache.

    Der Hinweis, die Täter hätten sich konspirativ verhalten, deutet zudem darauf hin, dass im Verborgenen agiert worden ist, vermutlich im Rahmen einer geschlossenen Benutzergruppe.

    In der politischen Diskussion wird auch immer so getan, als könnte man Kinderpornografie an jeder Ecke des Netzes frei abrufen. Diese Ermittlungen sprechen für das Gegenteil.

    Comment by Pavement — 30.09, 2009 @ 14:43

  3. Hm, die Frage ist, war wirklich ein Forum gemeint, oder eine Newsgroup? Ersteres wäre Teil des Web, letzteres nicht. Ersteres wäre per DNS Sperre theoretisch sperrbar, letzteres nur mit massiven Kollateralschäden (man müsste ja den Zugang zu sämtlichen Newsservern sperren die die jeweilige Gruppe im Angebot haben).

    Aber selbst wenn man von einem wirklichen Forum ausgeht, ich bezweifle, dass das öffentlich zugänglich war. Demnach ist der "die Öffentlichkeit vor den Bildern schützen" These völlig hinfällig, und wer sich in einem solchen Forum anmeldet nutzt dann auch keine zensierten DNS Server mehr, wenn eine Sperre eingeführt wird.

    In jedem Fall also sinnfrei.

    Comment by Anonymous — 30.09, 2009 @ 16:11

  4. "Die eigenen Ermittlungen des BKA belegen somit die Unsinnigkeit der Blockade von Websites."

    Das BKA hätte ja dieses eigens für CP eingerichtete Forum sperren können. Damit hätten sie ihre neue Technik gut eingesetzt.
    Sagte ich gut?
    Natürlich nicht. Dann hätten sich die Pedos einfach ein neues Forum eröffnet. So einfach ist das im Internet. Als ob diese Netzsperren irgendwas bewirken würden.

    Comment by taichi1082 — 30.09, 2009 @ 19:58

  5. Wie wirksam das Zensurgesetz und die damit verbundenen Netzsperren sind, hängt meiner Meinung nach nicht davon ab, auf welche Art besagte Inhalte getauscht oder verbreitet werden.

    Die Netzsperren sind nur bei Personen wirksam, die nicht wissen, wie man diese umgehen kann.
    Zu dieser Gruppe gehören aber weder die von Frau v.d. Leyen verfolgten Pädophilen, noch trifft dies auf einen großen Teil unserer mit Computern aufgewachsen jungen Bevölkerung zu.
    Es wurde also der völlig falsche Lösungsansatz für eine prinzipiell gute Grundidee gewählt.

    Comment by SINightmare — 30.09, 2009 @ 20:05

  6. Newsgroups ließen sich prima über private NNTP-Server betreiben, benötigen aber IMHO von Betreiber und Nutzer deutlich mehr Kenntnisse, als ein 08/15 php-bbs.

    Aber selbst wenn es ein oder mehr Web-Foren waren, wer sagt denn, dass die dafür überhaupt DNS-Einträge hatten oder benutzt haben? Reine IPs sind auch von Laien in den Browser eingebbar.

    Also für mich sind die Szenarien, in denen das ZErschG (ZensurErschleichungsGesetz) nichts geholfen hätte deutlich wahrscheinlicher, als andersrum.

    Comment by Bernd — 30.09, 2009 @ 20:07

  7. @firstname
    Das eine Forum war ein (mit Zugangsdaten geschütztes) Forum, über das andere Forum schreibt Heise: »In einem anderen Fall habe es sich um ein "halb offenes" Forum gehandelt, das ohne weiteres nicht über das Internet zugänglich gewesen sei.«
    Also greift das Zensurgesetz da überhaupt nicht. Ich tippe mal auf einen eigens dafür eingerichteten Einwahl-Server oder ein nur über VPN erreichbares Netzwerk – leider konnte die Sprecherin da auch nix genaueres sagen.

    Comment by Anonymous — 30.09, 2009 @ 20:38

  8. In der Tagesschau war eben für einen kurzen Moment ein Bildschirm zu sehen, auf dem es deutlich nach Usenet aussah. Ich sehe nicht, wie da Sperren greifen sollten.

    Es war auch davon die Rede, dass die Personen schwer zu ermitteln waren. Das ist bei einer Website (die man sperren könnte) aber sicher nicht der Fall, da ist der Betreiber ja namentlich registriert, oder nicht?

    Comment by Ilja Preuß — 30.09, 2009 @ 20:46

  9. @Ilja

    Das Usenet-Zeugs in der Tagesschau ist uraltes Archivmaterial, das man in fast jedem Beitrag der ARD oder des ZDF sieht, wenn es um dieses Thema geht.

    Wie schon andere geschrieben haben, war das "halboffene" Forum wohl eins, wo man sich relativ einfach registrieren konnte. Einmal drin, wurde wahrscheinlich der "harte Kern" persönlich ausgesiebt und bekam Zugangsdaten (IP, login/pass) für das eigentliche Forum.

    Müßig zu erwähnen, dass ein Stoppschild wo auch immer für die Ermittlungsarbeiten des BKA kontraproduktiv gewesen wäre.

    Comment by Anonymous — 30.09, 2009 @ 21:02

  10. @ firstname

    Annahme:
    Und was wäre wenn dieser Forum auf blooger.com wäre ? ((Z.b in Form eines Blogs)
    Die Sperre würde nicht genau das Forum sperren, sondern generell alle Blog´s … Dass solche Foren einen eigenen DNS Eintrag haben, der von niemanden sonst verwendet wird, halte ich persönlich für eher selten
    Die Sperre wird immer zu viel , oder zu wenig sperren.. oder ganz masiv in das Grundgesetz eingreifen.

    Comment by Anonymous — 30.09, 2009 @ 22:33

  11. Selbst wenn es sich um ein über das Web erreichbares Forum auf einer Community-Plattform gehandelt hätte. Was wäre dann zu sperren gewesen? Die gesamte Community? Da zeigt sich dann eben, dass zielgenaue Blockaden gerade nicht möglich sind, sondern im Zweifel überwiegend legaler Content einfach mitgesperrt wird. Und genau diesen Effekt halte ich für eine der gefährlichsten Nebenwirkungen der Netzsperren.

    Comment by Pavement — 30.09, 2009 @ 22:46

  12. Die Netzsperren sind in jedem Fall wirksam. Allerdings erschweren sie nicht den Zugang zu "Kinderpornografie" (als ob es sowas gäbe…), sondern erleichtern das Verstecken unliebsamer Inhalte jeder Art, und das ohne demokratische Kontrolle.

    Comment by Anonymous — 1.10, 2009 @ 16:04

  13. Mal ein Hinweis, an die technisch unbedarften:

    Eine Webseite (egal ob es sich um ein Forum handelt, oder um eine normale Internetseite) kann man mit einem Passwort versehen und so nur einer begrenzten Nutzergruppe zugänglich machen.

    Die meiste Software zum betreiben eines Forums kann ebenfalls das ganze oder auch nur Teile des Forums vor den Benutzern verstecken, die darauf keinen Zugriff haben sollen.

    Dazu bedarf es weder besonderer Technik, noch eines Informatikstudiums.

    Informationen über die dort zu findenden Inhalte kann also nur ein Insider erlangen. Das BKA wird ohne einen entsprechenden Hinweis niemals in Erfahrung bringen können, was sich dort befindet.

    Und was man nicht kennt, kann man auch nicht sperren.

    Und wenn es den Hinweis doch gibt, ist so ein Forum in weniger als einem Tag umgezogen und sofort wieder betriebsbereit. Da der Tausch, wie angesprochen, sowieso direkt von User zu User in P2P-Netzwerken stattfindet, ist die Datenmenge eines solchen Forums verschwindend gering.

    Grüße,Frank.

    Comment by Anonymous — 2.10, 2009 @ 14:35

  14. Ich weiß das es möglich ist ein Geschloßenen Blog einzurichten. Geschloßen, das ein die Suchmaschienen nicht finden. Da kommt man nur mit den entsprechenden Daten rauf.

    Das ist jeden Laien Möglich.

    Deswegen wundert mich das nicht, was das BKA da ermittelt hat. Aber das heißt auch das das KIPO Gesetz nicht greifen kann.

    Bis dann
    LG von richter169

    Comment by Anonymous — 5.10, 2009 @ 00:17

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