Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.7.09

Zugangserschwerungsgesetz tritt nicht zum 01.08. in Kraft

Das Zugangserschwerungsgesetz wird nicht wie geplant am 01.08.09 in Kraft treten. Bundespräsident Horst Köhler hat das Gesetz auch noch nicht ausgefertigt, weshalb weiterhin die Möglichkeit besteht, dass dieses evident verfassungswidrige Gesetz von Köhler in Ausübung seines Prüfungsrechts gestoppt wird.

Die Hintergründe der Verzögerung wirken bizarr. Denn es ist offenbar so, dass die Bundesregierung das Gesetz deshalb verzögert, weil man sehr spät doch noch erkannt hat, dass das Gesetz aus europarechtlichen Gründen vorab der Kommission und den anderen EU-Staaten für drei Monate zur Stellungnahme vorgelegt werden muss. Aus diesem Grund wurde das Gesetz dem Bundespräsidenten noch gar nicht zugeleitet. In diesem Zusammenhang stellt sich freilich auch die Frage, weshalb die Bundesregierung ein Gesetz verzögern kann, das bereits alle parlamentarischen Hürden genommen hat und nach dem erklärten Willen des Bundestags zum 01.08.09 in Kraft treten sollte. Der jetzige Ablauf ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Deutsche Bundestag die Zügel der Gesetzgebung nicht mehr in der Hand hält.

Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes will sich die Bundesregierung offenbar mit den Sperrverträgen behelfen, die einige große Provider unterzeichnet haben.

Zwischenzeitlich wurde auch bekannt, dass die Umsetzung der Sperrinfrastruktur die Provider wohl einen dreisteligen Millionenbetrag kosten wird, den sie aus eigenen Mitteln aufbringen müssen, denn eine Entschädigungsregelung sieht das Gesetz nicht vor. Hier bleibt zu hoffen, dass zumindest der ein oder andere Provider den Rechtsweg beschreiten wird, um diesen ebenfalls verfassungsrechtlich problematischen Aspekt anzugreifen.

posted by Stadler at 10:30  

2 Comments

  1. Gibt es eine Beispielrechnung, wie man für eine Änderung an einem vorhandenen Nameserver und einem Webserver für die Stoppseite einen Betrag von mindestens 100.000.000 Euro schafft?

    Wie viele Provider gibt es denn in Schland?

    So nebenbei: Gibt es Provider, die gar keinen eigenen Nameserver haben und statt dessen die Kunden auf vorhandene verweisen? Diese Provider könnten zwar auch die Anforderungen des Gesetzes implementieren, aber wohl nur bei Neukunden würde es wirken.

    Comment by Anonymous — 1.08, 2009 @ 09:34

  2. "Denn es ist offenbar so, dass die Bundesregierung das Gesetz deshalb verzögert, weil man sehr spät doch noch erkannt hat, dass das Gesetz aus europarechtlichen Gründen vorab der Kommission und den anderen EU-Staaten für drei Monate zur Stellungnahme vorgelegt werden muss."

    [Update:]
    Der Mannheimer Morgen berichtete am 6. August, daß die Notifizierung bei der EU nicht etwa auf Initiative der Bundesregierung stattgefunden hat, sondern nach Aussage des BMFSFJ auf eine Anfrage der EU-Kommission zurückzuführen ist, bei der sich Provider beschwert hätten.

    Comment by Ursula von den Laien — 8.08, 2009 @ 13:34

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