Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.2.09

Populismus, Verdachtskündigung, herzlose Juristen

Eigentlich nicht mein Thema und gerade am heutigen Tag irgendwie zu populär, weshalb ich gezögert habe, hierzu was zu schreiben.

Aber den Rattenfängern die Deutungshoheit zu überlassen, ist auch keine gute Idee.

Blog-Polemiker Klaus Graf, der heute allerdings klar von Wolfgang Thierse auf die Plätze verwiesen wurde, stellt die entscheidende Frage: „Was in breiter gesellschaftlicher Wahrnehmung als ungerecht empfunden wird, darf das ein Gericht als rechtens bewerten?“

Das darf es nicht nur, sondern das muss es im Zweifel sogar. Es ist nicht Sache der Gerichte, dem Volk nach dem Maul zu reden und dem „gesunden Volksempfinden“ zu folgen. Die Gerichte sind unabhängig und nur Recht und Gesetz unterworfen. Das funktioniert oft nicht so gut, vielleicht hat es das auch in diesem Fall nicht. Aber die Gerichte von einer stimmungsbasierten Mehrheitsmeinung abhängig zu machen, wäre tatsächlich barbarisch und würde diese Gesellschaft direkt in den Unrechtsstaat führen. Gewaltenteilung und eine unabhängige Justiz gehören zu den Grundpfeilern des freiheitlich demokratischen Staats. Und diese Grundpfeiler gilt es unbedingt zu verteidigen.

Dürfen Politiker Gerichte eigentlich gar nicht kritisieren? Doch, dürfen Sie. Aber ein gewählter Volksvertreter sollte dabei gegenüber der dritten Gewalt ein gewisses Maß an Zurückhaltung walten lassen.

Dass sich jeder schon eine abschließende Meinung gebildet hat, bevor die schriftlichen Urteilsgründe überhaupt vorliegen, ist eine andere Geschichte.

Es ist wieder einmal der Tag der Stammtischbrüder, Heuchler und Demagogen. Es sind viele und ihre Stimme ist gerade sehr laut.

posted by Stadler at 21:59  

2 Comments

  1. > Es ist wieder einmal der Tag
    > der Stammtischbrüder, Heuchler
    > und Demagogen. Es sind viele und
    > ihre Stimme ist gerade sehr laut.

    Andererseits ist es gerade auch wieder die Zeit der ungenauen und durch Auslassungen beinahe verfälschenden Nachrichtenmeldungen. Die Art der Nebentätigkeit der Richterin, die ich (als jurisitscher Laie) alleine vor diesem Hintergrund als befangen ansehe, wird überwiegend verschwiegen.
    Daß das Arbeitsrecht hier einen eklatanten Unterschied zum Strafrecht aufweist (Verdacht statt Nachweis reicht aus), ist in meinen Augen ebenfalls empörenswert.
    http://www.spiegelfechter.com/wordpress/490/wenn-recht-zu-unrecht-wird

    Gruß,
    D. p.

    P.S.: Hat etwas gebraucht, bis ich herausfand, wie man hier kommentieren kann (Captcha erst nach Annahme von Cookies sichtbar). Ein Hinweis, was zum Kommentieren nötig ist (habe zuvor erfolglos Javasript und Java aktiviert), wäre benutzerfreundlich und hilfreich. (Ob es der Kekse wirklich bedarf, ist eine andere Frage.)

    Comment by Daphnia pulex — 27.02, 2009 @ 11:11

  2. Die Nebentätigkeit der Richterin ist mir nicht bekannt. Dass Richter Seminare abhalten, ist aber nicht verwerflich.

    Es ging mir auch gar nicht darum, dieses Urteil zu rechtfertigen, sondern darum, die populistische Urteilsschelte zu kritisieren.

    Wer meint, Gerichte müssten nach dem subjektiven Rechtsgefühl der von der Bildzeitung instrumentalisierten Mehrheit urteilen, dem fehlt es in meinen Augen an einer ausreichenden rechtsstaatlichen Gesinnung.

    Comment by Pavement — 27.02, 2009 @ 12:56

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